„Beethovenfries“: Geschichte einer Jugendstil-Ikone

Gustav Klimts „Beethovenfries“ aus 1902 wurde für die Secession geschaffen, wo er seit 1986 wieder zu sehen ist. Dazwischen erlebte das Werk eine wechselvolle Geschichte zwischen Entziehung durch die Nazis, Belegung mit Ausfuhrverbot und langjähriger Restaurierung.

1901: Gustav Klimt fertigt den Fries für die XIV. Ausstellung in der Secession 1902 an.

1903: Die Wandmalerei bleibt bis zum Jahr darauf in der Secession, bis der Industrielle Carl Reininghaus sie kauft und samt Unterbau von den Wänden nehmen lässt.

1915: Reininghaus verkauft den Fries an die Industriellen- und Sammlerfamilie Lederer, die damit der Österreichischen Galerie zuvorkommt.

1936: In der Zwischenkriegszeit werden Teile des Frieses in der Secession ausgestellt.

Teile des Beethovenfries

APA/Roland Schlager

Kunstsammlung wird von Nazis enteignet

1939: Nach der Enteignung der Kunstsammlung Lederer durch die Nazis wird der „Beethovenfries“ im Depot einer Wiener Speditionsfirma verwahrt.

1943: Teile des Werks werden in der Secession gezeigt und dann wegen Beschädigungsgefahr von Wien nach Schloss Thürntal in Niederösterreich gebracht. Sammlerin Serena Lederer stirbt in Budapest.

1945: Nach Kriegsende geht der Fries auf dem Papier an den Erben Erich Lederer über, der mittlerweile in Genf wohnt. Das Bundesdenkmalamt verhängt allerdings ein Ausfuhrverbot.

1950: Ein Vorschlag Lederers, den Fries im Gegenzug für alle anderen Werke der Kunstsammlung ausführen zu dürfen, wird abgelehnt. Ein anderer Vorschlag, der zahlreiche Schenkungen an österreichische Museen vorsieht, während einige andere Werke ausgeführt werden dürfen, wird angenommen.

1956: Der „Beethovenfries“ wird von Schloss Thürntal nach Stift Altenburg gebracht.

1961: Die Wandmalerei kommt ins Depot der Österreichischen Galerie in den ehemaligen Pferdestallungen des Belvedere.

Republik erwirbt Fries um 750.000 Dollar

1968: Die erforderliche Restaurierung und der zukünftige Ausstellungsort des Frieses wird im Briefwechsel zwischen Lederer und dem Belvedere verhandelt. Lederer verwehrt sich gegen eine eigenmächtige Restaurierung durch das Bundesdenkmalamt und spricht sich für eine Aufstellung in der Staatsoper aus.

1970: Lederer beklagt sich brieflich darüber, dass der Fries nicht ausgestellt ist. „Seit 24 Jahren will Österreich ihn erwerben, fast ein Menschenalter, und ausführen darf ich ihn nicht! Ich wäre sehr froh, wenn man mir endlich den nicht ausführbaren Fries abkaufte.“ Eine Schätzung des Auktionshauses Christie’s beläuft sich auf etwa 25 Millionen Schilling.

1972: Die Republik erwirbt das Werk für 750.000 Dollar, rund 15 Mio. Schilling.

1974 - 1985: Eine umfassende Generalrestaurierung wird vom Bundesdenkmalamt im Wiener Arsenal durchgeführt.

1986: Nach der Schau „Traum und Wirklichkeit“, wo der Fries im Wiener Künstlerhaus gezeigt worden ist, kehrt das Kunstwerk in einen von Adolf Krischanitz eigens geschaffenen Raum in die Secession zurück, wo es seither permanent gezeigt wird. Erich Lederer stirbt in Genf.

Beirat sieht „volles Einverständnis“

1999: Der Kunstrückgabebeirat entscheidet über die Restitution mehrerer Objekte aus der Sammlung Lederer. Während Werke von Schiele, Schwind und Bellini zurückgegeben werden, sieht der Beirat „volles Einverständnis der Familie Lederer“ mit dem Verkauf. Überdies sei ein „angemessener Preis“ bezahlt worden.

2002 und 2012: Die Secession feiert „100 Jahre Beethovenfries“ bzw. „150 Jahre Gustav Klimt“.

2009: Das Restitutionsgesetz wird novelliert. Von nun an können auch Kunstwerke zurückgegeben werden, die von der Republik käuflich erworben worden sind, wenn sie im Zusammenhang mit einem Ausfuhrverbot gestanden sind.

Neuerliche Entscheidung über mögliche Rückgabe

2013: Die Erben nach Erich Lederer bringen im Oktober beim österreichischen Kulturministerium einen Antrag auf Rückgabe des Frieses ein. Die Künstlervereinigung Wiener Secession und die Gesellschaft der Freunde der Secession übergeben daraufhin im November eine „Gegendarstellung“ mit „Anregung, den Fries nicht zu restituieren“, an die zuständigen Stellen.

2014: Der Kunstrückgabebeirat des Bundes berät seit Dezember über eine mögliche Rückgabe von Klimts „Beethovenfries“. Zuvor erklärt die Secession, die Künstlervereinigung „wertschätzt die sorgfältige Arbeit der Restitutionskommission und wird deren Entscheidung selbstverständlich und ohne Einschränkungen akzeptieren“.

2015: Der Kunstrückgabebeirat empfiehlt, dass Österreich Klimts „Beethovenfries“ behalten soll. Damit sieht der Beirat einen Kaufvertrag zwischen der Republik und den Erben der früheren Eigentümer als rechtens an, der ohne den vorangegangenen Diebstahl durch das NS-Unrechtsregime nicht denkbar gewesen wäre.