„Ebu Tejma“: Schieß- und Kampftraining

Der in Wien festgenommene Prediger „Ebu Tejma“ hat laut Justiz 64 Kämpfer für terroristische Organisationen rekrutiert. Er habe sich außerdem in Wien für seinen Einsatz in Syrien mit einem Schieß- und Kampftraining vorbereitet.

Der Ende November festgenommene Mirsad O., der als Imam unter seinem Predigernamen Ebu Tejma in der Altun-Alem-Moschee in Wien-Leopoldstadt tätig war, gilt für die Justiz als „Hauptideologe für den globalen dschihadistischen Islamismus“. Das ist dem Beschluss des Grazer Landesgerichts zu entnehmen, mit dem am 30. November über den 33-Jährigen die U-Haft verhängt worden war - mehr dazu in „Ebu Tejma“ soll Salafisten-Schlüsselfigur sein.

Rekrutierung auch in Wiener Moschee

Auf Betreiben des Predigers sollen seit September 2012 Besucher der Wiener Moschee, die als Salafisten-Zentrum gilt, nach Syrien gereist sein, um aufseiten der Al-Kaida-Gruppierung Al-Nusra-Front bzw. der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) zu kämpfen.

Bis April 2014 sollen 52 Personen, die den Ermittlungen zufolge eindeutig der Altun-Alem-Moschee zuzurechnen sind, Österreich verlassen und sich dem IS angeschlossen haben. Zwölf weitere Islamisten aus der Steiermark und Oberösterreich sollen aus Vereinen stammen, die ebenfalls im ideologischen Einfluss von Mirsad O. standen bzw. Kontakt zu diesem pflegten.

Verteidiger: „Verdacht nicht nachvollziehbar“

Die Justizbehörden gehen davon aus, dass „Ebu Tejma“ fast alle dieser Islamisten radikalisiert und indoktriniert und auf diesem Weg zur Ausreise bewogen hat. Der zuständige Haftrichter stuft den entsprechenden Tatverdacht als dringend ein. Einige der insgesamt 64 Personen sollen mittlerweile wieder nach Österreich zurückgekehrt sein. Zumindest einer von ihnen ist Anfang 2014 bei Kampfhandlungen ums Leben gekommen.

Für den Verteidiger von „Ebu Tejma“ sind die Anschuldigungen gegen den 33-Jährigen nicht nachvollziehbar. „Die schieben ihm alles in die Schuhe“, sagte er am Donnerstag. Sein Mandant habe „in keinem Vortrag und in keiner Predigt gesagt, dass jemand in den Dschihad gehen“ solle. Es gebe auch niemanden, „der ihn in diese Richtung belastet“.

Saudi-arabisches Stipendium?

„Ebu Tejma“, der gemeinsam mit 13 weiteren Verdächtigen im Fokus der Staatsanwaltschaft Graz steht, hat zwischen 2002 und 2008 in Mekka Arabisch und Islamisches Recht studiert. Er soll von Saudi-Arabien sogar ein Stipendium erhalten haben. Zurück in Wien erlangte er als Imam der Altun-Alem-Moschee Popularität. Im Juli 2014 legte er nach Unstimmigkeiten mit dem Hauptimam aber seine Funktion zurück und wechselte ins Austria Bangladesh Cultural Center „Baitul Mamur“ in Wien-Brigittenau.

Hauptsächlich junge Muslime im Alter zwischen 15 und 30 Jahren sollen von „Ebu Tejma“ und seinen Vorträgen und Predigten angezogen worden sein. Er soll Kontakte zur Al-Nusra-Front und zu IS unterhalten haben und - so die Verdachtslage - mit seinen über YouTube verbreiteten extremistischen Propagandavideos unter seinen Anhängern Kämpfer für die terroristischen Organisationen rekrutiert haben.

Schieß- und Kampftraining in Wien

Belastet wird der 33-Jährige vor allem von den Ergebnissen eines Lauschangriffs, der sich gegen sein Auto richtete, Telefonüberwachungen und umfangreichen Observationen. Demnach soll Mirsad O. selbst erwogen haben, nach Syrien zu gehen und in Vorbereitung darauf fast täglich ein Kraft- und Lauftraining absolviert haben. In einem Wiener Verein für tschetschenische Muslime soll er zudem eine Kampfsportausbildung und obendrein ein Schießtraining absolviert haben.

Einige der anderen, in U-Haft befindlichen Verdächtigen sollen tatsächlich als Kämpfer im syrischen Bürgerkrieg gewesen sein. So soll etwa der 33-jährige Suad R., ein gebürtiger Bosnier mit Wohnsitz in Wien, nach Erkenntnissen der Behörden aufseiten der Al-Nusra-Front in Kampfhandlungen verwickelt gewesen sein, ehe er im Sommer 2014 wegen einer Leistenoperation nach Österreich zurückkehrte.

Vier der in U-Haft sitzenden Männer werden dem extremistischen Grazer Verein „Furkan“ zugerechnet. Sie sollen in Zusammenarbeit mit „Ebu Tejma“ die körperliche Grundausbildung junger Muslime übernommen und diesen in weiterer Folge eine militärische Spezialausbildung in Syrien ermöglicht haben. Zumindest elf Islamisten sollen auf die Weise in den Kampf gegen das Regime von Baschar al-Assad gezogen sein. Fünf von ihnen befinden sich laut Justiz derzeit im Gebiet der islamistischen Terrororganisation IS.

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