Ehrenbürgerschaft zum 90. Geburtstag

Friederike Mayröcker feiert am Samstag ihren 90. Geburtstag. Ihre Geburtsstadt Wien will der Schriftstellerin die Ehrenbürgerschaft verleihen, das kündigte Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) am Freitag an.

„Friederike Mayröcker ist eine der bedeutendsten Schriftstellerinnen und Lyrikerinnen im deutschsprachigen Raum. Mit ihrem beeindruckenden Gesamtwerk hat sie einen unschätzbaren Beitrag für das Wiener Kulturleben geleistet“, betonte Häupl. Deshalb will er den zuständigen Gremien - unter anderem dem Gemeinderat - vorschlagen, ihr die Ehrenbürgerschaft zu verleihen.

Die Ehrenbürgerschaft ist die höchste Auszeichnung, die die Stadt vergeben kann und wird nur selten verliehen - zuletzt unter anderem an den früheren Bürgermeister von Jerusalem, Teddy Kollek, den Filmproduzenten Eric Pleskow oder den ehemaligen Wiener Vizebürgermeister Sepp Rieder (SPÖ).

Friederike Mayröcker und Heinz Fischer

APA/Bundesheer/Peter Lechner

Im Oktober erhielt Friederike Mayröcker das Große Goldene Ehrenzeichen mit dem Stern für Verdienste um die Republik Österreich

„Ich lebe nur in Sprache“

Friederike Mayröcker zählt zu den am höchsten dekorierten österreichischen Schriftstellern, sie wurde unter anderem mit dem Großen Österreichischen Staatspreis und dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet. Im Oktober 2014 überreichte ihr Bundespräsident Heinz Fischer das Große Goldene Ehrenzeichen mit dem Stern für Verdienste um die Republik Österreich.

Als „bekannt, aber nicht gekannt“ wurde Mayröcker von einem Literaturwissenschaftler bezeichnet. „Ich lebe nur in Sprache“, bekennt sie selbst: „Ich kann alles durch meine Augen in mich aufnehmen und aus mir herausschreiben.“ Seit fast sechs Jahrzehnten entstehen so in dichter Folge Prosa- und Lyrikbände.

„Das Gedichteschreiben ist so eine Art Aquarellieren, das Prosaschreiben ist eine harte Kunst wie eine Skulptur anfertigen“, schilderte Mayröcker, deren zweite Liebe der Bildenden Kunst gehört, einmal in einem APA-Interview. „Es sind zwei wirklich ganz verschiedene Zugehensweisen, und ich fühle das auch im Körper ganz anders.“

Friederike Mayröcker

APA/Herbert Neubauer

Friederike Mayröcker feiert ihren 90. Geburtstag

Erste Gedichte 1946 veröffentlicht

1924 in Wien als Tochter eines Lehrers und einer Modistin geboren, wurde Mayröcker als Kind wegen ihrer zarten Gesundheit stark von der Außenwelt abgeschirmt. Bereits als 15-Jährige begann sie, kurze emotionale Prosatexte zu schreiben. In der Literaturzeitschrift „Plan“ veröffentlichte sie 1946 erste Gedichte. Im selben Jahr begann sie, als Englischlehrerin an Wiener Hauptschulen zu unterrichten. Selbst bezeichnete sie sich aber als „schlechte Pädagogin“, die den Beruf ergriff, weil ihre Eltern darin einen „geeigneten Brotberuf“ sahen.

Ein 1950 begonnenes Germanistikstudium musste sie abbrechen, weil ihre Lehrerinnentätigkeit die wirtschaftliche Basis der Familie sicherte. Nach einigen vorübergehenden Beurlaubungen konnte sie 1969 aus dem Schuldienst ausscheiden und sich ganz dem Schreiben widmen. 1951 war Mayröcker zu einem Kreis junger Autoren um Hans Weigel gestoßen, dem etwa Ingeborg Bachmann und Hertha Kräftner angehörten. Sie lernte Andreas Okopenko kennen und 1954 Ernst Jandl, der die nächsten Jahrzehnte ihr „Hand- und Herzgefährte“ war.

Einfluss auf deutschen Sprachraum

Ehe Mayröcker sich experimentelle Techniken der Collage, Montage, Assoziations- und Traumarbeit aneignete, erschien 1956 „Larifari. Ein konfuses Buch“ mit Prosaskizzen der vorexperimentellen Phase. 1964 erschien ihr schmaler Gedichtband „metaphorisch“, 1966 schließlich brachte Rowohlt die umfangreiche Gedichtauswahl „Tod durch Musen“ heraus: „Da habe ich gedacht: Vielleicht ist das wirklich mein Weg“, sagte die Dichterin rückblickend.

Zwischen 1967 und 1971 verfasste Mayröcker eine Reihe von Hörspielen, vier davon gemeinsam mit Jandl, darunter das 1968 mit dem Hörspielpreis der Kriegsblinden ausgezeichnete „Fünf Mann Menschen“. Nach den beiden experimentellen Prosabüchern „Minimonsters Traumlexikon“ (1968) und „Fantom Fan“ (1971) wandte Mayröcker sich vom „experimentellen Purismus“ ab, um wieder mehr Erfahrungswirklichkeit in ihre Arbeit zu integrieren. Diesen Einschnitt markiert die Erzählung „je ein umwölkter gipfel“ (1973).

In der Folge versuchte die Dichterin, eine „neue experimentelle Romanform“ zu entwickeln. Mit suggestiver, metaphorisch geprägter Prosa von lyrischem Charakter löste sie herkömmliche Vorstellungen von erzählender Literatur, Geschichte und Identität auf und beeinflusste damit junge Autoren im gesamten deutschen Sprachraum.

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