Kaum ein Cafe überlebte „goldene Ära“

Das Ringstraßen-Cafe gilt als Symbol für Urbanität, als Treffpunkt der Mächtigen und Künstler. Die meisten Lokalitäten sind in den vergangenen Jahrzehnten jedoch verschwunden, wie eine Übersicht anlässlich des Jubiläums „150 Jahre Ringstraße“ zeigt.

Dass die Ringstraße tatsächlich von Cafes gesäumt war, zeigt etwa ein Blick in den um 1900 erschienen „Illustrierten Wegweiser durch Wien und Umgebungen“, in dem Wien-Besucher auch über die Funktion dieser Institution aufgeklärt wurden: „Für das gesellschaftliche und teilweise auch für das geschäftliche Leben von Wien sind die Kaffeehäuser von der höchsten Bedeutung. Namentlich in den Nachmittagsstunden vollzieht sich in denselben ein nicht unbedeutender Theil des Verkehrs, und das ‚Stamm-Kaffeehaus‘ ist ein Zusammenkunftsort.“

Wenige Kaffeehäuser haben überlebt

Die darauffolgende Liste von Kaffeehäusern ist lang, doch allein auf der Ringstraße werden zahlreiche Betriebe ausgewiesen, die schon lange in keinem Reiseführer mehr stehen: Cafe Bauer (Opernring 8), Cafe Schüsswald (Parkring 2), Cafe Union (Kolowratring 2, heute Schubertring), Cafe Krippel (Parkring 10), Cafe Katzmeyr (Parkring 8), Cafe Lloyd (Schottenring 19), Cafe Universität (Franzensring 18, heute Universitätsring), Cafe Kremser (Kärntnerring 8), Cafe Bristol (Kärntnerring 2), Cafe Frohner (Kärntnerring 16), Cafe de L’Opera (Opernring 8), Cafe Mandl (Schottenring 13).

Aus der goldenen Epoche haben nur wenige überlebt: Das Prückel am Stubenring 24, das Schwarzenberg am Kärntner Ring 17 und das Landtmann am Universitätsring 4 gelten als letzte Vertreter der ruhmreichen Zunft. Das Cafe Frohner wurde zum Cafe Imperial im gleichnamigen Hotel. Auch ins Bristol kann man noch einkehren - wenn auch nicht mehr ins Cafe, sondern in die neue „Lounge“ des Nobelhotels.

Geschäfte statt Cafes

Das Lloyd existiert zumindest noch als Räumlichkeit. Die einstige „Bierhalle“, die später zum Kaffeehaus mutierte und lange Zeit Cafe Schottenring hieß, hat jedoch schon vor Jahren zugesperrt. Ob die Zukunft eine Wiederauferstehung bringen wird, ist offen. Die Suche nach den Spuren anderer verblichener Ring-Cafes gestaltet sich noch schwieriger. Sie mussten Geschäftsfilialen weichen, beherbergen heute Fast-Food-Restaurants, Fortgehlokale oder Büroräumlichkeiten. An der Adresse Kärntner Ring 8 (ehemals Cafe Kremser) befindet sich heute das Hotel „The Ring“.

Über das Interieur einstiger Ring-Treffpunkte geben heute oft nur noch alte Ansichtskarten Auskunft. Ansonsten ist die Faktenlage meist dürftig, wie auch Wiens Kaffeehäuser-Obmann und Landtmann-Chef Berndt Querfeld in einem Interview beklagte. Vor allem häufige Betreiberwechsel machten die Recherche schwierig. Oft erfolgten diese Wechsel auch alles andere als freiwillig: Jüdische Eigentümer wurden während der NS-Zeit vertrieben, die Lokale zerstört oder „arisiert“.

Landtmann verbindet Moderne und Tradition

Manchmal sind es aber auch relativ profane Gründe, warum die glorreiche Vergangenheit im Dunkeln bleibt. Man habe auf Dokumentation meist schlicht keinen Wert gelegt, betonte Querfeld. Und: „Wenn Möbel oder Geschirr ausgetauscht wurden, hat niemand einen Anlass gesehen, da etwas aufzuheben.“ Das sei auch im Landtmann nicht anders gewesen, gestand der Hausherr. Wobei gerade sein Lokal, gelegen im Brennpunkt zwischen Rathaus, Burgtheater, SPÖ-Zentrale und Universität, inzwischen wohl als Inbegriff des mondänen Ringstraßen-Kaffeehauses gilt.

Politiker, Touristen und Journalisten sorgen für eine Melange an Gästen, die vermutlich durchaus jener der einstigen Grand Cafes entspricht. Eröffnet wurde das Landtmann 1873. Dass Moderne und Tradition kein Widerspruch sind, hat die Betreiberfamilie zuletzt mit einem vergleichsweise futuristischen Wintergartenzubau bewiesen. Eintragungen in Webforen lassen laut Querfeld darauf schließen, dass so manche Gäste gar nicht mehr registrieren, dass sich dahinter noch ein „richtiges“ Kaffeehaus verbirgt.

Prückel steht im Architekturführer

Ebenfalls als Klassiker gilt das Prückel, das sich nicht mehr im Originalzustand befindet - und das nicht trotzdem, sondern gerade deswegen auch in Architekturführern erwähnt wird. Eröffnet wurde es 1903 als Cafe Lurion. Den Namen bekam es vom Betreiber, einem Radrenneuropameister. Das Aus für die zunächst historistisch-opulente Innengestaltung kam nach dem Zweiten Weltkrieg. Man ließ einen Teil des Cafes durch Oswald Haerdtl neu gestalten, einen der bedeutendsten Designer der 1950er Jahre. Sein Entwurf ist bis heute - auch in den Details - erhalten geblieben.

Erst Ende der 1970er Jahre wurde das laut eigenen Angaben älteste Ring-Cafe renoviert - das Schwarzenberg. Die Originaleinrichtung blieb in diesem Fall jedoch zum Teil erhalten. Das Schwarzenberg wurde quasi gleichzeitig mit der Straße selbst eröffnet. Denn das erste Ring-Teilstück wurde 1865 seiner Bestimmung übergeben. Kurz vorher ging das Cafe - noch unter dem Namen Hochleitner - in Betrieb.

Link: