Elternvertreter gegen gegenderte Schulbücher

Der Bundesverband der Elternvereine an mittleren und höheren Schulen spricht sich gegen gegenderte Schulbücher aus. „Ein Schulbuch ist dazu da, um von Schülern verstanden zu werden“, sagte der Verbandsvorsitzende Theodor Saverschel am Montag in Wien.

„Arbeitet nun zu zweit. Lest den rechts stehenden Text (S. 7) folgendermaßen: Eine/r ist Zuhörer/in, der /die andere ist Vorleser/in. Eine/r liest den Abschnitt vor, der/die Zuhörer/in fasst das Gehörte zusammen. Der/die Vorleser/in muss angeben, ob die Zusammenfassung richtig war. Wechselt euch nach jedem Textabschnitt in der Rolle ab.“ Solche Passagen wie in diesem Deutschlehrbuch sind für die Elternvertreter wenig hilfreich. Seit 2012 werden auch nur mehr Schulbücher approbiert, deren Inhalt geschlechtsneutral verfasst ist.

Bundesverband der Elternvereine-Vorsitzende Theodor Saverschel und seine Stellvertreterin Susanne Schmid

ORF

Susanne Schmid und Theodor Saverschel

„Lesen ist komplexer Vorgang“

„Lesen ist ein sehr komplexer Vorgang“, argumentierte Saverschel. „Beim Lernen und Üben ist es wichtig, dass die Worte rasch erfasst werden. Durch das Zerhacken mit Schrägstrichen wird das so gut wie unmöglich gemacht.“ Gerade für Kinder mit nicht deutscher Muttersprache müsse man darauf Bedacht nehmen, dass sowohl Form als auch Inhalt der Texte gut verständlich seien, so seine Stellvertreterin Susanne Schmid.

Seit 2012 gibt es einen Leitfaden des Bildungsministeriums, wie Schulbücher verfasst sein sollen. Darin heißt es, dass in Sprachlehrbüchern grundsätzlich die „vollständigen Paarformen“ gelehrt werden sollen (männliche und weibliche Form - entweder durch „und“ oder durch Schrägstrich verbunden z. B.: Schüler und Schülerinnen bzw. Schüler/Schülerinnen), ab der Oberstufe sollen dann auch die „Sparschreibungen“ thematisiert werden (Schrägstrich innerhalb eines Wortes: „Schüler/innen“ oder etwa Binnen-I: „SchülerInnen“).

In anderen Schulbüchern „können die in der Öffentlichkeit üblichen Formen der geschlechtergerechten Schreibweise verwendet werden, wobei auf Verständlichkeit, Lesbarkeit und Sprachrichtigkeit zu achten ist“.

„Das ist ein österreichisches Schulbuchproblem“

„Was hier unter Verständlichkeit verstanden wird, verstehe ich ehrlich gesagt nicht“, so Saverschel. Diese Vorgangsweise habe auch kein anderes deutschsprachiges Land gewählt. „Das ist ein österreichisches Schulbuchproblem“, sagte Schmid. Sie appellierte an die Elternvertreter an den Schulen, bei der Beschlussfassung im Schulgemeinschaftsausschuss über die zu verwendenden Schulbücher auf die Lesbarkeit zu achten. Derzeit gebe es noch durchaus ungegenderte Schulbücher - erst Neuauflagen würden gegendert.

Die Elternvertreter sind aber nicht grundsätzlich gegen geschlechterneutrales Formulieren: „In öffentlichen Papieren, im rechtlichen Bereich - etwa bei Ausschreibungen - ist das durchaus notwendig. Aber Schulbücher sollten von der Vernunft getragen sein“, so Schmid. „Zeitungen oder Theaterstücke werden ja auch nicht gegendert.“

Entscheidend sei „immer die Lesbarkeit“, so Saverschel: „Wenn man allgemeine Formen findet wie etwa ‚Studierende‘ - von mir aus, dann ist das auch in Ordnung.“ Problem für ihn: „Political Correctness wird oft als Feigenblatt verwendet, um Aktionen umzusetzen, die bar jeden Hausverstandes sind. Das schadet dem Bildungsstandort und erweist der Frauenförderung einen Bärendienst.“ Weitere Befürchtung der Elternvertreter: „Es ist ja schon abzusehen, dass sich das Gendern auf Aufgabenstellungen bei Schularbeiten oder Matura ausweiten wird“, so Schmid. So stelle sich die Frage, ob künftig Schüler schlechter benotet werden, die nicht gendern - etwa bei der vorwissenschaftlichen Arbeit bei der Matura oder der schriftlichen Matura selbst.

Ministerium: Gendern und Lesbarkeit kein Widerspruch

Im Bildungsministerium verteidigte man die Verwendung gendergerechter Sprache in Schulbüchern. „Es werden jene Schulbücher genehmigt, die die Genderaspekte ausreichend beachten“, hieß es gegenüber der APA. „Das beinhaltet auch eine geschlechtergerechte Sprache, da sowohl Mädchen als auch Buben sich angesprochen fühlen sollen. Gendergerechte Sprache und Lesbarkeit schließen einander nicht aus.“

Das Ministerium setze sich für "eine sprachliche Gleichbehandlung von Mädchen/Buben bzw. Frauen/Männern in allen gesellschaftlichen Bereichen ein. „Das gilt natürlich auch für die Schulen und den Unterricht.“ Insgesamt sei es „ein großes Anliegen, dass SchülerInnen von Beginn an die Potenziale einer geschlechtergerechten und diskriminierungsfreien Gesellschaft nähergebracht werden und sie Vielfalt als Chance begreifen“.

Über den Einfluss der gendergerechten Formulierung auf die Notengebung etwa bei der vorwissenschaftlichen Arbeit (VWA) bei der neuen Matura entscheiden die Lehrkräfte. „Bei der vorwissenschaftlichen Arbeit liegt es im Ermessen der Lehrerin/des Lehrers, jedoch soll grundsätzlich im Unterricht geschlechtergerecht formuliert werden“, heißt es aus dem Ministerium.

Link: