„Graues Haus“: Tafeln erinnern an Geschichte

Zehn Zeittafeln wurden an der Außenfassade des Wiener Straflandesgerichtes angebracht. Sie sollen an die wechselvolle Geschichte des „Grauen Hauses“ und die Strafgerichtsbarkeit von 1839 bis in die Gegenwart erinnern.

„Die Zeittafeln machen die Vergangenheit des Grauen Hauses sichtbar und tragen damit zum österreichischen Geschichtsbewusstsein und zur notwendigen Erinnerungskultur bei“, betonte Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) beim Festakt im Großen Schwurgerichtssaal. Zuvor präsentierte er gemeinsam mit Gerichtspräsident Friedrich Forsthuber und im Beisein von Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) die Tafeln der Öffentlichkeit.

Zeittafeln als „Mahnung und Erinnerung“

An die düstere Rolle des „Landls“ während der NS-Zeit erinnerte die ehemalige Widerstandskämpferin Käthe Sasso. Die mittlerweile 88-Jährige war Ende 1942 wegen Hochverrats festgenommen und zur Anklage gebracht worden. Im Anschluss verbrachte sie als 16-Jährige 15 Monate - vom Jänner 1943 bis zum April 1944 - im E-Trakt des Landesgerichtlichen Gefangenenhauses: „Im Parterre direkt unter mir waren die Todeszellen der Frauen. Wir wussten fast immer, wer unten war und was mit ihnen geschieht.“

Man habe „auf ein Wunder gehofft“, doch etliche ihrer Bekannten und Freunde hätten im Hinrichtungsraum ihr Ende gefunden. Sasso begrüßte das Anbringen der Zeittafeln als „Mahnung und Erinnerung, dass so etwas nicht vergessen und nie wieder geschehen darf“.

Ostermayer für Demonstrationsrecht

„Die Gedenktafeln sollen an den Kampf und den Einsatz für Toleranz, Menschenrechte und Meinungsfreiheit erinnern. Das Eintreten für diese Werte sind wir all jenen schuldig, die in Zeiten leben und sterben mussten, als es diese inhaltlichen Zugänge zum Rechtssystem nicht gab“, gab Kulturminister Ostermayer zu bedenken.

Unter Anspielung auf FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache, der gemeint hatte, am kommenden Freitag würden aus Protest gegen den Akademikerball „die Stiefeltruppen der SA (Sozialistische Antifa) wieder durch Wien marschieren“, sprach sich Ostermayer ausdrücklich für das Demonstrationsrecht aus. Dieses zähle zu den Grundwerten eines demokratischen Rechtsstaats, verwahrte er sich gegen Straches umstrittenen Nazi-Vergleich.