Ärztekammer befürchtet Engpässe

Wegen der Reduktion der Arbeitszeiten in den Krankenhäusern befürchtet die Ärztekammer Engpässe und eine Ärzteknappheit. Der Hauptverband der Sozialversicherungsträger wies das zurück und forderte die Ärzte auf, „keine Ängste zu schüren“.

Die Verringerung von 60 auf 48 Stunden Wochenarbeitszeit in den Spitälern bedeute ein Minus von 20 Prozent, so Johannes Steinhart, Vizepräsident der Ärztekammer, am Donnerstag bei einer Pressekonferenz. Das bedeute mehr Patienten für die Arztpraxen. Der niedergelassene Bereich werde aber seit Jahren ausgedünnt. „Da entsteht ein Spalt, und in den rutschen die Patienten hinein“, so Steinhart, der Kurienobmann für die niedergelassenen Ärzte ist. Nach Berechnungen der Kammer brauche es zumindest 1.300 zusätzliche Praxen mit Kassenvertrag. Zudem sei die Ärzteschaft in den Praxen „überaltert“, mehr als die Hälfte der Mediziner seien über 55 Jahre alt und würden in den nächsten Jahren in Pension gehen.

Finanzierung für Lehrpraxenmodell gefordert

Der Nachwuchs aber suche immer öfter das Weite, weil er andernorts bessere Rahmenbedingungen vorfinde, so Steinhart weiter. Die Kammer drängt deswegen unter anderem auf die Finanzierung eines Lehrpraxenmodells. Auch die Bürokratie in den Praxen habe mittlerweile „unerträgliche“ Ausmaße angenommen, streifte Steinhart kurz auch die harte Kritik der Kammer an Systemen wie dem Elektronischen Gesundheitsakt (ELGA). In Sachen Finanzierung wiederum sei der Kostendämpfungspfad ein strategischer Fehler und widersinnig, denn gerade in wirtschaftlich schlechten Zeiten brauche es mehr Geld, da die Menschen eher krank würden.

Mit Missfallen nahm die Ärztekammer auch den Rechnungshof-Bericht zum Vermögensmanagement der Sozialversicherungen auf. „Notgroschen“ seien kein Problem, doch Krankenkassen seien „nicht als Investitionseinrichtungen gedacht“, die insgesamt 3,8 Milliarden Euro auf der hohen Kante hätten. Für viele dringenden Verbesserungen im Sinne der Patienten „wäre Geld da“, so Steinhart, zumal die Deckelung vieler Leistungen ebenfalls eine Erschwernis für Ärzte und Patienten sei.

Einigung für KAV-Ärzte

Am Donnerstag wurde nach nächtlichen Verhandlungen eine Einigung bei den Arbeitszeiten für die Ärzte des Wiener Krankenkanstaltenverbunds (KAV) präsentiert. Das Modell sieht unter anderem höhere Gehälter und geänderte Arbeitszeiten vor - mehr dazu in KAV-Ärzte: Mehr Gehalt, geänderte Arbeitszeiten.

Hauptverband: „Keine Ängste schüren“

Der Hauptverband der Sozialversicherungsträger appellierte an die Ärzte, ihre „verständlichen Eigeninteressen hinter jene der Patienten und Beitragszahler“ zu stellen. Vorstandsvorsitzender Peter McDonald meinte am Donnerstag in Reaktion auf die Ärztekammer-Kritik, die Ärzte sollten daher nicht „mit Aufgeregtheit verunsichern und Ängste schüren“.

Die Sozialversicherungen würden derzeit „mit Hochdruck“ an der Realisierung von elf Pilotprojekten österreichweit arbeiten. McDonald verwies auf die Pläne für die Primärversorgung. Somit würden ab dem kommenden Jahr außerhalb der Spitäler neue Formen von „wohnortnaher medizinischer Versorgung“ zur Verfügung stehen. Damit, so hofft McDonald, würden auch die Voraussetzungen dafür geschaffen, „dass sich wieder mehr Jungmediziner für den Beruf des praktischen Arztes entscheiden“. Ohnehin habe Österreich „die höchste Ärztedichte weltweit“.

Den Vorwurf, dass die Sozialversicherungen Geld in Milliardenhöhe horten, wies McDonald zurück: „Durch die Konsolidierungsbemühungen der vergangenen Jahre ist es uns gelungen, die Kassen großteils zu entschulden und die Finanzen weitgehend zu stabilisieren.“ Die Hälfte der Kassen hätten eine gesetzlich vorgegebene Leistungssicherungsreserve aufbauen können. Diese sollten Sicherheit bieten, „auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten die hohe Verfügbarkeit von neuen medizinischen Leistungen und damit den medizinischen Fortschritt rasch sicherzustellen“.

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