WKR-Demonstrant zu Unrecht angeklagt?

Ein 18-jähriger Schüler, der 2014 an einer Demonstration gegen den Akademikerball (früher WKR-Ball) teilgenommen hat, muss sich seit Montag am Straflandesgericht verantworten. Schon zu Verhandlungsbeginn wurden zahlreiche Unstimmigkeiten in den Vorwürfen ersichtlich.

Der damals 17-Jährige ist wegen versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt angeklagt. Er soll einen Polizisten zunächst mit einer Transparentstange geschlagen und sich danach gegen seine Festnahme gewehrt haben.

Möglicherweise wurde allerdings der Falsche zur Anklage gebracht. Der mittlerweile 18-Jährige versicherte zunächst in seiner Einvernahme, er habe im Bereich Löwelstraße - Burgtheater kein Transparent getragen und weder eine Holzstange in Händen gehalten noch damit auf einen Beamten eingeschlagen. Es habe tumultartige Szenen gegeben, er sei plötzlich von einem Polizisten zu Boden geworfen, fixiert und festgenommen worden.

Angeklagter „nicht zu 100 Prozent“ erkannt

Mehrere Zeugen bestätigten diese Darstellung. Andere Demonstranten hätten die Exekutive mit Dosen und Flaschen beworfen, auch Knaller und bengalische Feuer gezündet. Der Angeklagte habe damit aber nichts zu tun gehabt und sich nichts zuschulden kommen lassen. Dennoch habe ihn die Polizei „gepackt und aus heiterem Himmel zu Boden geschmissen, geworfen, was auch immer“, so ein Augenzeuge.

„Es kann sich nur um eine Verwechslung handeln“, mutmaßte Ernst Schillhammer, der Verteidiger des 18-Jährigen, in Bezug auf den Strafantrag. Der Zeugenaufritt des Beamten, gegen den der Bursche vorgegangen sein soll, deutete dann tatsächlich in diese Richtung. Der 37 Jahre alte Beamte sagte, er erkenne in dem Angeklagten „nicht zu 100 Prozent“ den Angreifer wieder.

Er habe damals mit zahlreichen anderen Kollegen hinter dem Burgtheater eine Sperrkette gebildet. Eine „Menschenmasse“ habe dagegen angedrückt: „Teilweise sind sie durchgelaufen.“ Jemand habe ihm mit einer Stange auf den Unterarm geschlagen: „Aufgrund der Schutzausrüstung habe ich keinen Schmerz gehabt,“ so der Polizist.

Tatwaffe nicht sichergestellt

Reflexartig habe er dennoch nach der Stange gegriffen und dabei den Arm des Angeklagten zu fassen gekriegt. Es sei mit diesem zu einer „Rangelei“ gekommen, ein zweiter Kollege habe ihn „schützend“ unterstützt: „Wir haben ihn am Boden abgelegt und mit einem Oberarmstreckhebel fixiert.“

Auf Nachfrage von Richterin Michaela Röggla-Weiss räumte der Polizist ein, seine Sicht sei während der Amtshandlung aufgrund des Schutzhelms getrübt gewesen: „Das Visier war angelaufen. Das passiert bei solchen Einsätzen. Aufgrund der Menschenmasse war es leicht beschlagen.“

Der Bursche habe eine Stange bei sich gehabt, sagte der Beamte: „Bei ihm war eine Holzstange. Er hatte eine in der Hand.“ Belegen lässt sich das insofern nicht, als die angebliche Tatwaffe nicht sichergestellt wurde. „Die war dann weg“, so der Polizist. Eine Sicherstellung sei „normalerweise üblich, aufgrund der Menschenmasse kann das aber relativ rasch verschwinden“.

Schüler seit Amtshandlung auf Krücken

Dem Strafantrag zufolge soll der 18-Jährige dem Polizisten nicht - wie von jenem geschildert - auf den Unterarm, sondern mit der Fahnenstange sogar in Richtung Kopf geschlagen haben. Der Staatsanwaltschaft zufolge soll der Bursche außerdem versucht haben, seine Festnahme mit Tritten zu verhindern. Davon war in der Zeugenaussage des 37 Jahre alten Beamten allerdings überhaupt nicht mehr die Rede.

Für den Schüler hatte die Amtshandlung gravierende gesundheitliche Folgen. Er wurde bei dem polizeilich erzwungenen Sturz verletzt und musste auf Krücken den Weg zur Anklagebank antreten, obwohl der Vorfall über ein Jahr zurückliegt. Er und sein bei der Verhandlung anwesender Vater sagten in einer Prozesspause der APA, dass der Jugendliche damals mit beiden Knien mit voller Wucht auf den Beton geknallt sei. Das habe ein Knochenödem zur Folge gehabt, verwies der Jugendliche auf ärztliche Feststellungen.

Die Verhandlung wurde auf kommende Woche vertagt. Die Staatsanwältin will auch noch den zweiten an der Amtshandlung beteiligten Polizisten hören. Dieser hatte sich urlaubsbedingt entschuldigt. Während Verteidiger Schillhammer mit der Verlesung seiner bisherigen Aussagen zufrieden gewesen wäre, beharrte die Anklagebehörde auf dem persönlichen Erscheinen des Beamten. Das Verfahren soll am kommenden Montag finalisiert werden.

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