Prozess gegen „Viagra Bande“ vertagt

Der Prozess gegen sechs mutmaßliche Mitglieder einer international tätigen Arzneimittel-Fälscher-Bande ist am Mittwoch vertagt worden. Die Beschuldigten sollen mit gefälschten Potenzmitteln mindestens 120.000 Personen betrogen haben.

Der Schaden soll sich auf 9,8 Millionen Euro belaufen. Die Beschuldigten bekannten sich am ersten Verhandlungstag teilweise schuldig. Den Beschuldigten - fünf Israelis und ein Österreicher - wird schwerer gewerbsmäßiger Betrug teilweise als Beitragstäter, Geldwäsche und Vergehen nach dem Arzneimittelgesetz vorgeworfen. Fünf der sechs Beschuldigten bekannten sich vor dem Schöffengericht nur zum letzten Vorwurf schuldig. Mit dem Betrug und der Geldwäsche wollen sie nichts zu tun haben - mehr dazu in Gefälschte Viagra: 9,8 Mio. Euro Schaden.

Tabletten waren „minderwertige Nachahmungen“

Sie hätten lediglich „Serviceleistungen“ vollzogen, nichts ahnend, dass es sich bei den Tabletten um „minderwertige Nachahmungen, die weniger oder einen anderen Wirkstoff wie angegeben bzw. wie das Originalprodukt enthielten“, handelt, wie Staatsanwalt Simon Stürzer zum Beginn der Verhandlung ausführte. Der sechste Angeklagte wies jegliche Schuld von sich.

Bande Viagra Fälscher Gericht

APA/HERBERT NEUBAUER

Die Angeklagten beim ersten Prozesstermin im Dezember

Im Sommer 2012 wurde der Hauptangeklagte Raphael T. (37) in Israel von drei Verbindungsmännern, deren Identität der Justiz nicht bekannt ist, angeworben, um für eine Gruppierung zu arbeiten, die auf mehreren Internetseiten vorgibt, Online-Apotheken zu betreiben und originale Potenzmittel zu vertreiben.

Tatsächlich würden jedoch nur Fälschungen an die Kunden ausgeliefert werden, wie Staatsanwalt Stürzer in seinem Eröffnungsplädoyer ausführte. Mit der Aussicht einer „verlockenden Provision“ sollte er von Wien aus die Verpackung und den Versand der gefälschten Pillen organisieren. Aufgrund von Spielschulden in der Höhe von einer Million Euro nahm T. das Angebot an.

Geld auf zypriotische Bankkonten verschoben

Dabei wurde Kunden auf rund 50 Internet-Seiten - darunter www.apotheke-austria.com, www.pharmathek-europe.com und www.meddirekt.com - Potenzmittel wie Viagra, Cialis und Levitra zu besonders günstigen Preisen angeboten. Die Angeklagten sollten die Bestellungen bearbeiten, die ihnen von ihren Hintermännern beinahe täglich an eine Email-Adresse übermittelt wurden. Die Ware wurde über eine Spedition in ein Lager in Simmering gebracht, wo sie sicher versteckt wurde. Anschließend wurde sie verpackt und an die Kunden ausgeliefert.

Sie „betreuten“ auch vier eigens bei heimischen Geldinstituten eingerichtete Bankkonten, auf welchen die Zahlungen für die vermeintlichen Potenzmittel eingingen. Ein großer Teil des Geldes wurde in weiterer Folge laut Anklage auf zypriotische Bankkonten verschoben. „Ich habe so viele Bankpapiere (...) unterschrieben, dass ich gar nicht mehr weiß, wie viele Konten das gewesen sind“, sagte ein Helfer der Bande, der gegen Geld seinen Namen für die Kontoeröffnung hergab.

Durch Zufall aufgeflogen

Zunächst weihte T. nur seinen 33-jähren Schwager in die Machenschaften ein. Da das Interesse aufgrund der günstigen Preise enorm war, halfen laut Staatsanwalt auch bald sein älterer Bruder, seine Schwester und zwei Freunde mit. Die sechs verfügten bald über beachtliche Einkommen, T. soll mit dem Versand laut Staatsanwalt über 9.300 Euro monatlich verdient haben. Der Angeklagte befindet sich mit vier weiteren Beschuldigten in U-Haft.

Aufgeflogen war die Sache durch einen Zufall. Als Absender für die Sendungen wählten die Beschuldigten tatsächlich existierende Apotheken in Wien. Da aber einige Kuverts nicht ausreichend frankiert waren, wurden die gefälschten Potenzpillen an eine Apotheke im Wiener Bezirk Landstraße retourniert.

Die Mitarbeiter wunderten sich über den Inhalt und informierten die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES), die wiederum die Kriminalpolizei einschaltete. Anfang September wurde die Gruppierung im Zuge der „Operation Vigorali“ zumindest teilweise zerschlagen - mehr dazu in Tablettenfälscherring aufgeflogen .