Harry Glück feiert 90. Geburtstag

Der Architekt Harry Glück, „Doyen des sozialen Wohnbaus“, feiert am Freitag seinen 90. Geburtstag. In seinem bekanntesten Projekt, dem Wohnpark Alt-Erlaa in Wien-Liesing, wurde deshalb ein Park nach Glück benannt.

Der zwischen 1976 und 1985 fertiggestellte Wohnpark Alt-Erlaa wurde zum Markenzeichen von Glücks Wohnbauphilosophie. Glück zeigte sich stolz auf den Bau: „Bei Bauaufgaben wie dem Rechenzentrum oder der Allianz-Generaldirektion wäre jeder zu ähnlichen Lösungen gekommen. Bei einem Wohnbau bin ich mir nicht sicher. Zumindest hat niemand etwas Ähnliches gebaut oder auch nur versucht.“

Die Zufriedenheit der Bewohner der 3.100 Einheiten in den Wohntürmen ist durch sozialwissenschaftliche Studien belegt. Nicht nur die Dachschwimmbäder, sondern auch viele Kommunikations- und Freizeiträume sowie Grün, das nicht nur als Alibi-Behübschungsfläche zwischen Betonblöcken dient, sind dafür verantwortlich. Terrassenartig stapelt sich in Alt-Erlaa der eigene Grünraum bis in die Höhe der zwölfte Etage. „Von allen Blumentrögen gibt es kaum welche, die nicht intensiv genutzt werden“, sagte Glück.

Wohnpark Alt Erlaa

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Der Wohnpark Alt-Erlaa ist das bekannteste Projekt von Harry Glück

Seit Freitag ist im Wohnpark Alt-Erlaa der „Glück-Park“ nach ihm benannt. Zusätzlich wurde ein „Glück-Baum“, ein Ahorn, zu seinen Ehren gepflanzt. Planungsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) bezeichnete Glück bei der Eröffnung als „Pionier der Sozialarchitektur und der grünen Stadt“. Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ) verwies auf den „hohen Standard“ und die „hohe Freizeit- und Kommunikationskultur“ in Glücks Projekten.

Eröffnung des Harry-Glück-Parks mit Maria Vassilakou und Michael Ludwig

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Erster Glück-Wohnbau 1962 eröffnet

Die grundsätzlichen Eckdaten fürs Wohnglück seien von der Evolution vorgegeben und hätten sich seit hunderttausenden Jahren kaum geändert, meinte der Architekt, dessen erster mehrgeschoßiger Wohnbau 1962 bezogen wurde und dessen Wohnbauten in der Altmannsdorfer Straße und am Altmannsdorfer Dreieck 2017 den Bewohnern übergeben werden sollen.

Glück wurde am 20. Februar 1925 in Wien geboren. Er studierte zunächst Bühnenbild und Regie am Max Reinhardt-Seminar, ehe er für ein Architekturstudium an die Technische Hochschule wechselte. Seine ersten Arbeiten als angehender Architekt führten ihn einige Monate mit Josef Hoffmann zusammen. „Ich wurde mit den Detailzeichnungen einer Dachgaube beauftragt. Heute kann ich nur hoffen, dass der Spengler das nicht so gemacht hat, wie ich es gezeichnet habe“, erinnerte er sich an seine ersten Arbeiten bei dem Architekturprinzipal.

1966 eröffnete Harry Glück sein eigenes Büro, das als „Harry Glück und Partner“ Anfang der 1980er Jahre zum Großbüro mit über 100 Mitarbeitern avancierte. Zum Wohnbau kam er eigenen Angaben zufolge durch Zufall, als er für eine Bekannte ihre gänzlich verbaute Genossenschaftswohnung mit Maßmöbeln einrichtete. In der Folge habe es sich herumgesprochen, dass er der Überzeugung war, Wohnungen mit brauchbareren Grundrissen zeichnen zu können.

Architekt Harry Glück

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Im Jänner wurde Harry Glück von Planungsstadträtin Vassilakou mit dem Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien ausgezeichnet

Opposition zu Stararchitekten

Zu Glücks Bauten zählen auch der Heinz-Nittel-Hof in Floridsdorf (1983), Terrassenhäuser an der Inzersdorfer Straße (1974), Reihenhäuser in der Großfeldsiedlung (1974-76), der Franz-Josefs-Bahnhof (1980, gemeinsam mit Karl Schwanzer, Kurt Hlaweniczka, Franz Requat und Thomas Reinthaler), das Hotel Marriott (1986, mit Peter Czernin) und der Bürokomplex Lassallestraße (1988/91, mit Wilhelm Holzbauer, Kurt Hlaweniczka, Hannes Lintl und Georg Lippert).

Dass er mit seiner pragmatischen Entwurfshaltung in Opposition zu jenen Stararchitekten stand, die auf große Geste und prägnante Formen setzen, ist ihm egal. „Die großen Architekten von heute sind ja im Prinzip ihre Statiker“, zieht Glück gegen den herrschenden „Statikgschnas“ vom Leder, der seiner Ansicht nach von der 1973 eröffneten Oper in Sydney des Dänen Jörn Utzon bis zu Frank Gehrys Guggenheim Bilbao reiche.

Das interessiere ihn alles nicht, meint der Architekt, der Mies van der Rohes Bauten wie das Seagram Building an der Park Avenue in New York oder das Dominion Centre in Toronto für unerreicht hält. Über deren Schönheit der Proportionen bei gleichzeitiger Verwendung edler Materialien im Rahmen der vorgegebenen Budgets kann er minutenlang ins Schwärmen geraten.

Wohnbau als Bauaufgabe der Zukunft

Zum 90. Geburtstag zeigte sich Glück mit seiner Karriere zufrieden, es gebe keine Bauaufgabe, die er ernsthaft vermisse: „Prognosen sprechen von achteinhalb Milliarden Menschen in 20 Jahren. Der Wohnbau ist DIE große Bauaufgabe der Zukunft!“ Die Stadt Wien ehrte Glück mit dem Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien - mehr dazu in Ehrenzeichen für Architekt Glück (wien.ORF.at; 26.1.2015).

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