Westbahn fordert öffentliche Ausschreibung

Die Westbahn fordert vom Verkehrsverbund Ost-Region (VOR) für neue Strecken öffentliche Ausschreibungen statt direkte Vergaben an die ÖBB. Die Intercity-Züge der Weststrecke sollen laut Westbahn bis 2017 zum Westbahnhof fahren.

Ab dem nächsten Fahrplanwechsel im Dezember 2015 sollen auch alle Fernverkehrszüge der ÖBB auf der Westbahnstrecke zum Hauptbahnhof fahren. Damit fahren ab dann deutlich weniger Züge von St. Pölten über Hütteldorf zum Wiener Westbahnhof. Um die Lücke zu schließen, hatte der VOR vor, bei den ÖBB zusätzliche Zugsverbindungen zu bestellen.

Es geht um drei, vier Mio. Euro jährlich für rund 400.000 Zugskilometer, das sind laut Westbahn-Chef Erich Forster stündliche Verbindungen zwischen St. Pölten und Wien-West. Teil der geplanten Direktvergabe waren auch weitere 300.000 Zugskilometer auf 22 weiteren Strecken im VOR-Netz. Die Westbahn beeinspruchte die gesamte Direktvergabe wegen der Strecke Wien-West und St. Pölten und gewann vor dem Verwaltungsgericht Wien. Der VOR will den Fall nicht zum Höchstgericht, dem Verwaltungsgerichtshof (VwGH), bringen.

Intercity-Züge fahren weiter zum Westbahnhof

Als Lösung forderte Forster am Freitag in einer Pressekonferenz, dass zumindest die Intercity-Züge der ÖBB vorerst nicht den Hauptbahnhof, sondern auch noch 2016 den Westbahnhof ansteuern. Damit gäbe es genug Zeit für ein neues Gesamtkonzept ab Ende 2017 und eine öffentliche Ausschreibung - „einfach aus Fairplay. Wenn dann die ÖBB gewinnen, ist das okay“, so Forster. In Deutschland seien seit 1996 an die 18 Ausschreibungen erfolgt, bei denen auch die Deutsche Bahn zum Zug gekommen sei. Die ÖBB müssten sich ebenfalls dem Wettbewerb stellen.

Die vom VOR bestellten Mehrleistungen würden aus Sicht der Westbahn eine massive Ausweitung des Angebots zwischen Wien und St. Pölten bedeuten. „Mir ist ein nicht subventionierter Intercity am Westbahnhof lieber als zusätzliche subventionierte Regionalzüge“, so Forster. Hintergrund ist, dass ÖBB und Westbahn ihre Fernverkehrszüge auf eigene Rechnung betreiben, der Pendlerverkehr hingegen wird subventioniert.

Die Westbahn sieht eine Verschwendung von Steuergeld - auf fünf Jahre gerechnet geschätzte 15 Mio. Euro. Der Grund: Die Strecke Wien-Westbahnhof über den Bahnhof Tullnerfeld nach St. Pölten sei durch die Fernzüge von ÖBB und Westbahn bisher auf eigene Rechnung gefahren worden, nachdem alle ÖBB-Fernzüge zum Hauptbahnhof verlegt werden sollen, sollen neue ÖBB-Züge auf derselben Strecke nicht mehr „eigenwirtschaftlich“, sondern „gemeinwirtschaftlich“ betrieben werden. Forster bezweifelt, dass es Subventionen braucht, wenn man jene Fahrgäste berücksichtigt, die künftig in St. Pölten auf Fernzüge umsteigen.

VOR: Pendler als Leidtragende

Während der VOR die mangelnde Transparenz mit einem Fristenproblem begründet, sieht die Westbahn eher ein Planungsproblem. Dafür sei aber weniger der VOR verantwortlich, sondern das Verkehrsministerium und dessen „Tochter“, die ÖBB, so Forster. In der Gerichtsverhandlung habe sich offenbart, dass der Bund nicht früher planen könne, weil er von den Fernverkehrsbestellungen der ÖBB Personenverkehr AG abhängig sei. „In Wirklichkeit ist damit jener, der den Auftrag empfangen soll, de facto der, der bestimmt, was passiert“, sagte Forster.

Der VOR prüft derzeit die konkreten Auswirkungen, Leidtragende der Westbahn-Klage seien die Pendler, hieß es am Freitag. Die bisherigen Verträge zwischen VOR und ÖBB sind aber nicht betroffen. Es geht um zusätzliche Fahrplanangebote, die durch die Vollinbetriebnahme des Wiener Hauptbahnhofes im Dezember 2015 möglich werden.

Das Verhältnis von VOR und Westbahn ist seit längerem angespannt. Ende 2013 war der ÖBB-Konkurrent wegen Aufpreisen auf Zeitkarten aus dem Verkehrsbund geflogen. „Seither gibt es keine Anknüpfungspunkte mehr für eine Zusammenarbeit“, sagte Thomas Bohrn, einer der Geschäftsführer des VOR. Der VOR beteuerte aber, dass die Westbahn als „Vollpartner“ im Verbund nach wie vor willkommen sei - mehr dazu in Westbahn: VOR-Zeitkarten gelten nicht mehr (wien.ORF.at; 12.12.2013).

ÖBB-Betriebsrat protestiert

Der Konflikt zwischen Westbahn und VOR rief am Freitag auch eine Reaktion des ÖBB-Betriebsrates hervor. Betriebsratschef Roman Hebenstreit fragte in einem offenen Brief den Westbahn-Gesellschafter, die französische Staatsbahn SNCF, wie die Forderungen der Westbahn mit der SNCF-Bahnpolitik in Frankreich zusammenpassten. Frankreichs Staatsbahn lehnt laut Hebenstreit im eigenen Land Ausschreibung von Schienenpersonenverkehrsleistungen strikt ab. Westbahn-Chef Forster konterte: „Der Brief geht an die falsche Adresse“, Hebenstreit müsse an die französische Politik schreiben.

Hinter der Ende 2011 gestarteten Westbahn stehen neben der SNCF der Industrielle Hans Peter Haselsteiner und Erhard Grossnigg. Die Haselsteiner Familien-Privatstiftung hält 46,9 Prozent, Grossniggs Augusta Holding 25,1 Prozent und die SNCF 28 Prozent. Die Westbahn hat bisher nur Verluste geschrieben, laut Grossnigg wird es auch 2015 keinen Gewinn geben - mehr dazu in Westbahn: Wieder Millionenverlust (wien.ORF.at; 31.7.2014).

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