Kritik an „ausgelagerten“ Wiener Schulden

Der Rechnungshof (RH) hat am Dienstag Endberichte vorgelegt, die auch die Stadt Wien betreffen. Die Prüfer orten nicht nur einen markanten Schuldenanstieg in Wien, sondern vermissen zudem die Berücksichtigung von Schulden ausgelagerter Unternehmen der Stadt.

Unter die Lupe genommen wurden die Jahre 2008 bis 2012. Laut dem RH-Bericht - der unlängst in der Rohfassung teilweise bereits an die Öffentlichkeit gedrungen war - gab es in diesem Zeitraum eine „sprunghafte Erhöhung der Finanzschulden von rund 1,46 Mrd. Euro im Jahr 2008 auf rund 4,35 Mrd. Euro im Jahr 2012“.

Nach RH-Berechnungen entspricht das einem Anstieg der Finanzschulden von 872 auf 2.518 Euro je Einwohner. Bis 2016 werde der Schuldenberg auf 4,94 Mrd. Euro weiter anwachsen. Die Stadt konterte in einer im Bericht enthaltenen Stellungnahme, dass man im österreichischen Vergleich „unter den Ländern mit der geringsten Pro-Kopf-Verschuldung“ sei.

Schulden von ausgelagerten Firmen beachtlich

In den genannten Summen sind allerdings die Ausstände der städtischen Tochterunternehmen Wiener Wohnen, Wien Kanal und des Krankenanstaltenverbundes (KAV) noch nicht berücksichtigt - und deren Schuldenstand ist durchaus beachtlich. Er belief sich mit Ende 2012 auf insgesamt 3,12 Mrd. Euro und kletterte damit um ganze 43,3 Prozent im Vergleich zu 2008 nach oben. Unter Einbeziehung dieser Verbindlichkeiten „hatten sich die Finanzierungsverpflichtungen der Stadt Wien im Zeitraum 2008 bis 2012 nahezu verdoppelt“ und betrugen mit Ende 2012 rund 7,72 Mrd. Euro.

Dass diese Beträge im Stadt-Budget nicht aufscheinen, gefällt dem Rechnungshof gar nicht. Denn Wiener Wohnen, Wien Kanal und der KAV seien Unternehmungen ohne Rechtspersönlichkeit. Deshalb „waren ihr Vermögen und ihre Schulden der Stadt Wien zuzurechnen“, schlussfolgern die Prüfer. Laut Rathaus sei eine solche Darstellung gemäß geltender Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung nicht verpflichtend, man habe aber mit dem 2013 erstmals erstellten Finanzschuldenbericht der Sache Raum gewidmet.

Konkrete Konsolidierungsstrategie fehlt

Ein schlechtes Zeugnis stellt der RH auch den Bemühungen der Stadt aus, den Schuldenstand wieder zu reduzieren. „Eine Konsolidierungsstrategie mit konkreten haushaltspolitischen Zielsetzungen und quantitativen Vorgaben zur Reduktion der Schuldenquote lag dennoch nicht vor. Eine tragfähige Mittelfristplanung konnte ebenfalls nicht vorgelegt werden“, lautet die Diagnose. Was die ausgelagerten Unternehmen betrifft, habe der KAV zwar eine Mehrjahresplanung erstellt, in der die Entwicklung der Verbindlichkeiten aber nicht enthalten seien. Für Wiener Wohnen und Wien Kanal gab es derlei gleich gar nicht.

Kritik übte der Rechnungshof schließlich auch an Haftungen und dem Beteiligungsmanagement. Laut Bericht machten die Haftungen der Stadt Ende 2012 8,5 Mrd. Euro und damit 68,8 Prozent des gesamten Haushalts aus. Nahezu der gesamte Betrag - 8,2 Mrd. Euro - betreffen die Bank Austria. Eine Haftungsprovision, mit der das finanzielle Risiko abgegolten werden soll, wurde von der Stadt allerdings im Prüfungszeitraum nicht eingehoben.

Bezüglich Beteiligungen hält der RH fest, dass allein für die 33 direkten (bei insgesamt 224) Beteiligungen 13 Magistratsabteilungen bzw. die Stadt-Tochter Wien Holding zuständig gewesen seien. „Trotz der Aufsplitterung der Beteiligungsverwaltung war ein magistratsübergreifendes System einer Beteiligungsberichterstattung bzw. eines Beteiligungscontrollings nicht implementiert“, monieren die Prüfer. Die Stadt habe außerdem „keine umfassende Kenntnis über die Zahlungsflüsse zwischen dem Haushalt und den Beteiligungen“ gehabt - was die Stadt in ihrer Stellungnahme „vehement“ zurückweist.

Gesiba: Gewinn auf Kosten der Mieter

Kritik übt der Rechnungshof nicht nur an der Stadt Wien, sondern auch an der Gesiba. Der gemeinnützige Bauträger mit Naheverhältnis zur Stadt habe wirtschaftliche Überschüsse auf Kosten der Mieter erwirtschaftet, so der Kurzbefund der Prüfer. Laut RH stieg im überprüften Zeitraum 2009 bis 2012 der Gesiba-Jahresüberschuss von 18,33 Mio. auf 25,77 Mio. Euro. Der Grund: „Die Gesiba wendete die nach dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz zulässigen Aufwertungen und Pauschalierungen zum Nachteil der Mieter an, weil durch diese Vorgangsweise die finanzielle Situation der Gesiba stärker als jene der Mieter begünstigt wurde“, wird moniert.

Nachteile für Mieter sieht der RH auch beim konkreten Projekt „Bike & Swim“ in der Leopoldstadt. Unter anderem hätten nachträgliche Abänderungen des Konzepts neben Umplanungskosten auch einen längeren Realisierungszeitraum sowie einen Anstieg der „für die Mietenkalkulation maßgeblichen Grundstückskosten“ um 23,43 Prozent auf 5,33 Mio. Euro bewirkt. Dies stehe „dem Prinzip der Wohnungsgemeinnützigkeit entgegen - Wohnungen zu angemessenen, im Allgemeinen unter dem Marktniveau liegenden Preisen herzustellen“.

Die Gesiba hält dagegen, dass für den zweiten Bezirk 2014 eine durchschnittliche Nettomiete von 9,10 bis 10,70 Euro pro Quadratmeter ausgewiesen worden sei. Eine Wohnung in der „Bike & Swim“-Anlage weise mit 5,10 Euro einen „angemessenen, unter dem Marktniveau liegenden“ Preis aus.

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