Alijew: Kommission nimmt Arbeit auf

Die Grünen fordern von ÖVP-Justizminister Wolfgang Brandstetter die Klärung seiner Rolle in der Causa Rachat Alijew. Unterdessen nimmt die von Brandstetter eingesetzte Expertengruppe zur Untersuchung des Todes von Alijew ihre Arbeit auf.

Der Leiter des dreiköpfigen Gremiums, der pensionierte Generalprokurator Ernst Eugen Fabrizy, habe die übrigen Mitglieder ernannt, teilte die Sprecherin Brandstetters Katharina Holzinger der APA am Mittwoch mit. Der Expertengruppe gehören demnach nun neben Fabrizy der frühere leitende Oberstaatsanwalt aus Innsbruck, Eckart Rainer, sowie der früherer Chefermittler des Landeskriminalamtes Niederösterreich, Josef Grasel, an.

Die weisungsfreie Expertengruppe soll die Ermittlungen zur Untersuchung des Todesfalls begleiten. „Selbstverständlich vertraut Minister Brandstetter den Strafverfolgungsbehörden, es geht nur darum jede Grundlage für Spekulationen auszuschließen“, so seine Sprecherin gegenüber der APA.

Expertengruppe Ende vergangener Woche eingesetzt

Brandstetter hatte die Expertengruppe Ende vergangener Woche eingesetzt. Alijew war am vergangenen Dienstag erhängt in seiner Gefängniszelle gefundenen worden. Die Anwälte Alijews zweifeln an einem Selbstmord des Ex-Diplomaten. Ein vorläufiges Obduktionsergebnis, wonach laut Staatsanwaltschaft „Spuren von Barbituraten“ im Blut Alijews gefunden wurden, hatte für weitere Spekulationen gesorgt.

In einem Fall wie diesem gehe es um größtmögliche Transparenz, hieß es am Mittwoch erneut aus dem Justizministerium. Die Expertenkommission soll „eine zusätzliche Garantie dafür sein, dass hier nach rein objektiven Kriterien gearbeitet wird und alle notwendigen und richtigen Ermittlungsschritte gesetzt werden.“

Pilz: Brandstetter „systematisch befangen"“

Massive Kritik an Brandstetter und seiner Rolle im Fall Alijew kam indessen von Peter Pilz. Der Verweis auf seine Verschwiegenheitspflicht als Ex-Anwalt des kasachischen Ex-Botschafters Rachat Alijew sei nicht akzeptabel, kritisierte Pilz. Es stelle sich die Frage, ob jemand der „systematisch befangen“ wie Brandstetter sei, überhaupt sein Amt ausüben könne, so der Grüne Sicherheitssprecher in Wien.

In einer parlamentarischen Anfrage an den Justizminister fordert der Grüne Abgeordnete daher Aufklärung über seine Rolle als Rechtsvertreter Alijews, über Geldflüsse von dem Ex-Botschafter oder ihm zuzurechnende Firmen an Brandstetter und dessen einstigen Kanzleipartner Otto Dietrich sowie über seine Tätigkeit in der Liechtensteiner Anwaltskanzlei.

„Falschinformation und Irreführung“

Die Grünen werfen die Frage auf, ob der Tätigkeitsschwerpunkt Brandstetters in Liechtenstein „Steuerbetrug“ war. Brandstetter hatte Alijew in den beiden Auslieferungsverfahren vertreten, die 2007 und 2011 mit Verweis auf die Menschenrechtslage in der Ex-Sowjetrepublik negativ entschieden wurden. Laut „Standard“ war Brandstetter aber auch in den Jahren danach noch für Alijew aktiv. Auch darüber fordert Pilz Aufklärung, da dies von den beteiligten Anwaltskanzleien in einer öffentlichen Erklärung dementiert worden sei. Brandstetter habe der „Falschinformation und Irreführung“ der Öffentlichkeit nicht widersprochen.

Intervention beim UN-Hochkommissariat

Aufklärung fordert Pilz auch über die zwischenzeitliche Meldung Alijews an einer Adresse, dessen Gebäude einer Gesellschaft gehörte, an der Brandstetter beteiligt war. „Die Meldung war gesetzeswidrig und hätte so nie durchgeführt und akzeptiert werden dürfen“, so Pilz. Wie die Volksanwaltschaft festgestellt habe, sei die Erteilung des Aufenthaltstitels ein Missstand, weil zu diesem Zeitpunkt gerichtliche Voruntersuchungen gegen Alijew liefen. Zudem stelle sich die Frage, ob es sich um eine Scheinmeldung gehandelt habe.

Brandstetter habe bei seiner Tätigkeit zudem sein Mandat als reiner Strafverteidiger überschritten, so Pilz. Als Beispiel nannte der Grünen-Politiker, eine Intervention Brandstetters beim UN-Hochkommissariats im Februar 2008, um eine Einladung Alijews zu dessen Schutz zu erreichen.

Laut Aufzeichnungen der Justizanstalt Josefstadt war beim kasachischen Ex-Botschafter Alijew, der am vergangenen Dienstag tot in einer Nasszelle gefunden wurde, 14 Stunden niemand in der Zelle - mehr dazu in Alijew: Zelle 14 Stunden nicht geöffnet (wien.ORF.at; 3.3.2015).

Vorwürfe „parteipolitisch motiviert“

Angesichts der neuerlichen Kritik wegen seiner frühere Rolle als Alijews Rechtsvertreters verwies Justizminister Brandstetter erneut auf die berufsrechtliche Verschwiegenheitspflicht. Der Justizminister sei „nicht bereit das Gesetz zu brechen“, erklärte seine Sprecherin Katharina Holzinger. Ein Bruch des Berufsgeheimnis wäre aber ein klarer Rechtsbruch, so die Sprecherin.

Die „parteipolitisch motivierten Vorwürfe sind längst bekannt und ohne jede sachliche Substanz“, hieß es dazu aus dem Justizministerium. Der Fall könne nur mit voller Transparenz aufgearbeitet werden, weshalb Brandstetter die unabhängige Expertenkommission beauftragt habe, die Ermittlungen in diesem Fall zu begleiten.

Zudem dementierte die Sprecherin von Brandstetter die von Pilz erneut erhobenen Vorwürfe, Brandstetter sei auch nach den Auslieferungsverfahren (2007 und 2011) gegen Aliyev für diesen als Rechtsvertreter tätig gewesen. Pilz hatte sich dabei auf einen Bericht des „Standards“ vom November 2014 berufen.

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