Wahlrecht: SPÖ gegen Grüne „Tricksereien“

Weil die Grünen das Wiener Wahlrecht durch eine Änderung der Geschäftsordnung reformieren wollen, sieht SPÖ-Klubobmann Rudolf Schicker „Tricksereien“. Er warnte vor verfassungswidrigen Punkten, die eine Wahlwiederholung ergeben könnten.

Er verstehe prinzipiell den Wunsch, gewisse Dinge in der derzeitigen Geschäftsordnung des Landtags reformieren zu wollen, so Schicker am Freitag bei einer Pressekonferenz, aber: „Das hier hat einen extrem hohen Anteil an Anlassgesetzgebung und das gefällt mir überhaupt nicht.“ Bisher seien derartige Eingriffe stets im Konsens mit allen im Stadtparlament vertretenen Fraktionen nach vorangehender Beratung beschlossen worden.

Eine derartige Vorgangsweise wünscht sich der SPÖ-Klubobmann auch für die nunmehrigen Anträge der Grünen. Denn diese seien offenbar nicht ganz im Bilde über die Konsequenzen ihrer Ideen: „Die drei grünen Anträge enthalten einige Punkte, die wohl nicht ganz verfassungskonform sind.“ David Ellensohn, Klubobmann der Grünen, hatte eine Änderung der Geschäftsordnung als einzige Möglichkeit für ein neues Wahlrecht gegen den Willen der SPÖ bezeichnet - mehr dazu in Wahlrecht: Grüne wollen SPÖ-Blockade vereiteln (wien.ORF.at; 16.3.2015).

Wien-Wahl nicht verfassungskonform?

Boxen die Grünen die Modifizierung der Geschäftsordnung mithilfe der Opposition tatsächlich durch, könnten alle darauffolgenden Gesetze, die auf dem neuen Regelwerk fußen, sowie die im Oktober stattfindende Wien-Wahl vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben werden, so Schicker. Erneut bestritt er am Freitag auch, dass eine am Anfang der Sitzung vorgenommene Geschäftsordnungsänderung für den im späteren Verlauf der Sitzung behandelten Wahlrechtsantrag bereits gültig wäre, so sehen das die Grünen.

Schicker sieht auch wenig Eile, dass über die Zukunft des Mehrheitsfaktor abgestimmt wird. Er plädierte dafür, die Angelegenheit in Ruhe im zuständigen Ausschuss zu beraten und gleich eine verfassungskonforme Gesamtreform der Geschäftsordnungen für Landtag, Gemeinderat und Ausschüsse anzugehen. Denn Vorschläge dafür gebe es von allen Parteien. „Ich nehme an, dass Ellensohn die Entscheidung, die Anträge einzubringen, aus dem Bauch heraus getroffen hat und wenn er jetzt darüber nachdenkt, durchaus an einer gemeinsamen Lösung interessiert ist“, zeigte sich Schicker hoffnungsvoll.

Wobei dieser All-Parteien-Konsens freilich anders ausschauen würde als der grüne Vorstoß. In welche Richtung es gehen wird, dürfte sich bereits in der Präsidiale am Mittwoch entscheiden. In dieser wird von den Fraktionen der Ablauf der Sitzung am Freitag und somit auch das Vorgehen bezüglich Geschäftsordnung festgelegt.

Kein Koalitionsbruch

Das Wort Koalitionsbruch will Schicker im Fall einer Geschäftsordnungsänderung gegen die SPÖ nicht in den Mund nehmen. „Politik ist etwas, wo man immer wieder merkwürdige Verhaltensweisen erlebt. Da darf man nicht beleidigt sein“, gab er sich unbeeindruckt. Nachsatz: In Sachen Koalitionsklima sei das aber sicher „keine angenehme Situation“.

In den nächsten Koalitionspakt werde man viel stärker betonen, dass mehrheitsfördernde Elemente im Wahlrecht durchaus sinnvoll seien, prophezeite Schicker - wiewohl die SPÖ freilich nach wie vor die Rückeroberung der Absoluten anstrebe.

Opposition: Fadenscheinige Gründe

„Mit so fadenscheinigen Gründen eine Mehrheitsentscheidung von Blau, Grün und Schwarz schon im Keim ersticken zu wollen, ist einmal mehr nicht fair“, meinte Johann Gudenus, Klubobmann der Wiener FPÖ. Er forderte Schicker auf, verfassungsrechtliche Probleme bei der Präsidiale anzusprechen und sich dazu nicht nur kryptisch zu äußern.

Die gleiche Forderung kam am Freitag vom Wiener ÖVP-Obmann Manfred Juraczka. "Wenn Klubobmann Schicker darüber spricht, dass man die „Angelegenheit in Ruhe im zuständigen Ausschuss" beraten will, dann heißt das nichts anderes, als Reformen auf die langen Bank zu schieben, wie es in den letzten Jahren zu Genüge praktiziert wurde“, so Juraczka.

Link: