Bezirksmuseen: Wiens letzter Mikrokosmos

In Wien werden Museen oft von Besuchern gestürmt. Es gibt aber auch Museen, die an manchen Tagen keinen einzigen Besucher verzeichnen: Die Bezirksmuseen werden vorwiegend von Ehrenamtlichen betrieben. Ein Mikrokosmos, in dem viel Liebe steckt.

Für die 23 Wiener Bezirksmuseen ist es der wichtigste Tag im Jahr: Am „Tag der Bezirksmuseen“ präsentieren sich die Schauräume besonders herausgeputzt, es werden Sonderausstellungen und Rahmenprogramm geboten. Doch selbst an diesem Sonntag sind die Museen nicht überlaufen.

„Klingendes Wien“ als Schwerpunkt

Das Bezirksmuseum in Margareten im Amtshaus in der Schönbrunner Straße lud sich mit Gerhard Tötschinger einen Stargast ein. Er tourt schon seit zwei Jahren mit Vorträgen durch die Museen. „Ich rede wahnsinnig gern, daher bin ich in den Bezirksmuseen, weil das auch für mich interessant ist. Ich stürze mich in die Geschichte von einem Stadtteil, von dem ich sonst nichts gewusst habe.“

Bezirksmuseum

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Der Ehrentag stand heuer unter dem Motto „Klingendes Wien“. Dabei stand die Wiener Musik im 19. Jahrhundert im jeweiligen Bezirk im Mittelpunkt. Die Besucherinnen und Besucher wurden durch die „klingenden Erinnerungen in die Welt des ‚alten Wien‘ entführt, in eine Welt der Dudelsackpfeifer und Leierkastenspieler und zu den Tänzen der Wäschermädel auf den Hängeböden“, wie es in einer Aussendung der Museen hieß.

Sonntagmittag waren selbst am „Tag der Bezirksmuseen“ nur der Leiter und sein Kustos in den Schauräumen des Museums in Margareten unterwegs. Sie sind wie praktisch alle Mitarbeiter der Bezirksmuseen im Pensionsalter und arbeiten ehrenamtlich. Das Museum ist einmal in der Woche für drei Stunden geöffnet.

Bezirksmuseum Meidling

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„Viele Museumsleiter sind schon weit über 80 Jahre alt. Mit 83 oder 84 Jahren erwägen die ersten dann, zurückzutreten und Jüngeren Platz zu machen. Das muss man dann relativieren, die Jüngeren sind dann auch schon 65 bis 70“, sagt Heinrich Spitznagl, der Leiter des Bezirksmuseums Margareten. „Ich bin schon seit 20 Jahren in Pension. Ich habe hier eine geistige Beschäftigung, das ist etwas wert“, ergänzt Bruno Sauer, ehemaliger Sonderschuldirektor.

„An manchen Sonntagen kommt niemand“

Das Bezirksmuseum in Meidling ist das älteste Grätzlmuseum in Wien. Die Meidlinger Dependance wird seit mehr als 30 Jahren von einem engagierten Historiker-Ehepaar geführt, das auch an Sommerwochenenden ganz ohne Besucher wacker die Stellung hält. „Da kann es sein, dass an manchen Sonntagen wirklich niemand kommt. Wir nehmen es zur Kenntnis und müssen damit fertigwerden“, sagt Hans W. Bousska.

„Wien heute“, 22.3.2015

Dabei lässt sich in den Bezirksmuseen durchaus Kurioses entdecken. In Meidling etwa Ansichten von einstmals Wiens größter Vergnügungsstätte für bis zu 20.000 Menschen, oder im Bezirksmuseum Margareten mit einem Tresor einer hier früher ansässigen Bank der wohl sicherste Museumsraum der Stadt. Im Inneren lagern jetzt Werkzeug und Spitzendeckerl.

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