Netzwerk schleuste 10.000 Menschen in EU

Ein europaweites Schleppernetzwerk haben Polizeibehörden in mehreren Ländern aufgedeckt. In den letzten Monaten soll es über 10.000 Menschen aus dem Kosovo in die EU gebracht haben. Am Dienstag wurden 46 Personen verhaftet, davon acht in Wien.

Die gemeinsame Polizeiaktion mehrerer EU-Länder sei in Zusammenhang mit dem starken Anstieg von Asylansuchen aus dem Kosovo zu Jahresbeginn erfolgt, sagte Franz Lang, Direktor des Bundeskriminalamts (BK) bei einer Pressekonferenz am Mittwoch. „Wir haben gefühlt, dass da ein sehr effizientes Netzwerk dahinterstecken muss“, so Lang.

Fotos von gebündelten 500-Euro-Scheinen, Schmuck, Whiskey und Parfum sollen die Schlepper auf Facebook als Werbung für ein besseres Leben gepostet haben, so die Kärntner Landespolizeidirektorin Michela Kohlweiß bei einer Pressekonferenz am Mittwoch: „Es hat regelrechte Werbefahrten im Kosovo gegeben.“

Festnahmen in sieben Ländern

Ermittlungen der Landeskriminalämter Kärnten und Wien sowie des BK - international unterstützt und koordiniert von Europol und Eurojust - führten am Dienstag zur Kulmination der Operation „Limax“. In Tschechien wurden 16 Personen, in Frankreich zwölf, in Österreich acht, in Ungarn vier - darunter der mutmaßliche „Mastermind“ des Netzwerks -, im Kosovo drei, in der Slowakei zwei und in Deutschland ein Verdächtiger festgenommen.

Die österreichischen Ermittler stellten bei Hausdurchsuchungen neben Unterlagen, Handys und Autos rund 50.000 Euro Bargeld sicher. Als Hauptverdächtiger des Netzwerks gilt ein 53-jähriger Bosnier, der seine praktisch ausschließlich aus dem Kosovo stammenden Mitarbeiter via Mobiltelefon dirigiert hatte.

Rigorose Maßnahmen bei Nichtbezahlen

Die Route verlief laut BK vom Kosovo über den serbischen Grenzort Subotica, Ungarn und Österreich. Die Geschleppten wurden bis zum Weitertransport in Bunkerwohnungen und Billighotels untergebracht. Zielländer waren Frankreich, Deutschland und die Benelux-Staaten - Österreich war laut BK nur Transitland. Ein Gutteil der Menschentransporte lief laut den Ermittlern über Kärnten. Insgesamt wurden in Kärnten 55 Schleusungen seit Oktober 2014 gestoppt.

Die Schlepper verlangten laut Gerald Tatzgern, Leiter des Büros für Menschenhandel und Schlepperei im BK, 2.800 Euro pro Person oder 7.000 Euro für eine Familie, was etappenweise bezahlt werden musste. Konnte man nicht zahlen, griffen die Täter zu rigorosen Mitteln: „Wir wissen, dass ein kosovarischer Flüchtling zwei Wochen in einem Keller in Wien eingesperrt wurde, weil er den Schlepperlohn nicht zahlen konnte“, so Tatzgern.

Viele Geschleppte kehrten freiwillig zurück

Insgesamt wurden seit Beginn der Ermittlungen im Herbst 2014 77 Personen festgenommen, davon 16 in Österreich. Die mutmaßlichen Schlepper seien zum Teil bereits einvernommen worden und hätten sich dabei großteils geständig gezeigt, sagte der stellvertretende Leiter des Wiener Landeskriminalamtes, Michael Mimra. Die Ermittlungen dauerten aber noch an.

Seit dem Herbst des Vorjahres machten sich laut BK rund 50.000 Bürger aus dem Kosovo auf den Weg nach Westeuropa. Viele der Migranten stammten laut Tatzgern nicht aus den ärmsten Bevölkerungsschichten des Landes. Sie verkauften in zahlreichen Fällen Gründe und anderen Besitz, um den Transport zu finanzieren. Die meisten der Geschleppten sind mittlerweile freiwillig zurückgekehrt, haben aber nahezu alles verloren.

BK-Direktor Lang zeigte sich zuversichtlich, dass man mit der Zerschlagung des Netzwerkes den Flüchtlingsstrom aus dem Kosovo nach Westeuropa weitgehend gestoppt hat. Zu Spitzenzeiten Anfang des Jahres seien 550 Kosovaren pro Woche über die Grenze gekommen, momentan seien es 45.