1.200 Häftlinge: Josefstadt überfüllt

Die Justizanstalt Josefstadt ist hoffnungslos überfüllt. Zugelassen wäre das Gefängnis für 990 Häftlinge, 1.200 sind dort hingegen ständig untergebracht. Zehn Personen in einer Zelle sind keine Seltenheit. Häftlinge beruhigen sich mit Medikamenten.

„Achtung eine Durchsage: Fertig machen zur Bewegung im Freien!“ Diese Durchsage gibt es nur einmal am Tag für jeden Häftling in der Justizanstalt Josefstadt. Eine Stunde im Gefängnishof wird genehmigt. Sonst kommen die meisten gar nicht aus ihrer Zelle. Duschen ist nur zweimal pro Woche vorgesehen. Sport in Aufenthaltsräumen ist wegen der Überfüllung kaum mehr möglich.

Reportage: Bernt Koschuh aus der Justizanstalt:

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„Der eine Haftraum wäre ein Gruppenraum gewesen, wo die Insassen Tischtennis spielen können. Den haben wir aber aufgrund der aktuellen Lage als normalen Haftraum deklariert“, sagt Ewald Kreuzinger, Justizwachebeamter in der Abteilung AB2 gegenüber Ö1.

Justizanstalt Josefstadt

ORF.at/Patrick Wally

Rund 1.200 Häftlinge sind ständig in der Justizanstalt Josefstadt untergebracht

„Intimsphäre kann man eigentlich vergessen“

Wenn sie nicht zum Arzt oder Staatsanwalt müssen oder Besuch bekommen, schlagen die Häftlinge eingesperrt in der Zelle die Zeit tot, erzählt der 42-jährige Häftling Karl: „Die meisten tun fernsehen, unterhalten sich halt, trainieren in der Zelle. Ich beschäftige mich mit Lesen.“

Konsequenzen gefordert:

Volksanwältin Gertrude Brinek weist seit Jahren auf Missstände in der Justizanstalt Josefstadt hin. Ihrer Meinung nach wäre ein zweites Gefängnis nötig - mehr dazu in oe1.ORF.at.

Den eigentlich gesetzlich vorgesehenen Vollzug mit offenen Zellentüren, wo sich die Häftlinge auf dem Gang bewegen können, gibt es für Erwachsene kaum in der Justizanstalt Josefstadt. Praktisch alle Zellen sind versperrt. Dazu kommt: Zweierzellen wurden zu Viererzellen umfunktioniert, es gibt Sechser- und Achterzellen. „Wir haben aber auch größere Hafträume, die für fünf Insassen vorgesehen waren, wo wir bis zu zehn Insassen unterbringen müssen“, sagt der stellvertretende Gefängnisleiter Franz Higatsberger.

Gefängnisleiterin Helene Pigl ergänzt: „Also Intimsphäre kann man eigentlich vergessen. Das gibt es bei uns nicht. Die Leute sind in einem Raum untergebracht. Einzig das WC ist abgetrennt.“ Aber nicht versperrbar. Insgesamt eine Ausnahmesituation also - für Untersuchungshäftlinge, die sich psychisch meist ohnehin schon in einer Ausnahmesituation befinden. Abteilungskommandantin Andrea Blahout: „Es kommt sicher zu Raufereien auch. Es kann aber sein, dass der Mitinsasse dann Alarm schlägt und den Notruftaster betätigt.“

Medikamente „zum Entspannen“

Zum Personalmangel: Vier Justizwachebeamte sollten untertags auf der Abteilung mit 120 Häftlingen sein. „Oft sind wir nur zu dritt oder zu zweit, etwa wenn jemand krank ist“, sagt Blahout. Zum Zuhören und Eingehen auf die Häftlinge bleibe wenig Zeit. Und unter insgesamt 1.200 Häftlingen gibt es nur 150 Hausarbeiter, die sich freier bewegen dürfen, wie Cyprian: „Für mich persönlich ist das echt ein Privileg da arbeiten zu dürfen. Weil man ist nicht den ganzen Tag auf der Zelle.“

Andere versuchen durch Schlafmittel oder Medikamente leichter mit ihrer Situation fertigzuwerden: „In der Früh eine Tablette.“ Zum Entspannen ein Antidepressivum bekommt Marius. Bei manchen befürchtet der ärztliche Leiter, Klaus Kaiser-Mühlecker, dass sie in Haft mit Medikamentenkonsum beginnen, der süchtig machen kann: „Unter fünf Prozent kommen unter Umständen in Haft einmal mit Kontakt mit Benzodiazepine zum Beispiel, um sich zu dämpfen oder zu beruhigen.“

Auch wegen der steigenden Zahl an Drogenabhängigen in Haft werden Substanzen ins Gefängnis geschmuggelt. Die drei Häftlinge, die Interviews gegeben haben, sind trotz allem eher zufrieden mit der Haftsituation. Ihr Hauptproblem sei ihre Straftat und die Verurteilung. Die Hoffnung auf eine baldige Entlassung ist aber groß. Ihr Wunsch: „Wieder einmal gut essen zu gehen oder im Park spazieren zu gehen. Einfach das Leben und die Freiheit zu genießen.“

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