Erinnerungssteine für Ernst Kirchweger enthüllt

Mit der Enthüllung von „Steinen der Erinnerung“ ist am Dienstag des 50. Jahrestags des tödlichen Angriffs auf den ehemaligen Widerstandskämpfer Ernst Kirchweger im Zuge des Falls Borodajkewycz gedacht worden.

Bei der Enthüllung der Steine am Tatort vor dem Hotel Sacher in der Philharmonikerstraße sprachen unter anderen das damalige Mitglied des Antifaschistischen Studentenkomitees, der spätere Bundesratspräsident Albrecht Konecny, sowie die Vorsitzende der HochschülerInnenschaft der Uni Wien, Camila Garfias.

Gedenksteine für Ernst Kirchweger in Wien

ORF

Erstes politisches Todesopfer der Zweiten Republik

Kirchweger war im Zuge von Protesten gegen den Historiker Taras Borodajkewycz von einem Anhänger des Professors mit Nazi-Vergangenheit niedergeschlagen worden. Borodajkewycz war in seinen Vorlesungen an der damaligen Hochschule für Welthandel (der heutigen Wirtschaftsuniversität, WU) durch antisemitische Äußerungen und sein Bekenntnis zu seiner nationalsozialistischen Vergangenheit aufgefallen.

TV-Hinweis

Einen „Report“-Beitrag aus dem Jahr 2005 von der Demonstration und vom Tod Ernst Kirchwegers inklusive Interviews von Heinz Fischer und Taras Borodajkewycz kann in tvthek.ORF.at gesehen werden.

Die zunächst vom späteren Finanzminister Ferdinand Lacina aufgezeichneten und vom heutigen Bundespräsidenten Heinz Fischer veröffentlichten Aussagen führten im März 1965 zu Protesten gegen den Sozial- und Wirtschaftshistoriker, die in einer Demonstration am 31. März gipfelten und bei der Kirchweger vom Chemiestudenten Günther Kümel vor dem Hotel Sacher zu Boden geschlagen wurde. Kirchweger starb zwei Tage später und gilt heute als erstes politisches Todesopfer der Zweiten Republik - mehr dazu in 50. Todestag von Ernst Kirchweger.

Interview mit Täter in neuem Buch

Mit den damaligen Geschehnissen beschäftigt sich der Historiker Rafael Kropiunigg in seinem Buch „Eine österreichische Affäre“ (Czernin Verlag). Darin zeichnet er die Ereignisse von den Äußerungen Borodajkewyczs in seinen Vorlesungen über das von ihm gegen Fischer angestrengte Gerichtsverfahren und die Berichterstattung in den Medien bis zu den am 31. März 1965 kulminierenden Protesten und dem Begräbnis Kirchwegers nach.

Für das auf seiner Forschungsarbeit an der Universität Oxford basierende Buch interviewte Kropiunigg auch Zeitzeugen und damalige Akteure - unter anderen den Täter Kümel, der bereits einige Jahre davor mit Komplizen - etwa dem Holocaust-Leugner Gerd Honsik - Schüsse auf das Parlament abgefeuert und einen Brandanschlag auf die italienische Botschaft in Wien verübt hatte.

Kümel macht darin aus seiner Gesinnung kein Geheimnis: Er räumt Kontakt zum „Bund heimattreuer Jugend“ ein, der für ihn „ein politisch interessierter Jugend- und Freizeitbund war: Zelte, Lagerfeuer, Singen, Wandern, Volkstanzen“. Ihm zugeschriebene Mitgliedschaften beim Mittelschüler-Kartellverband (MKV), dem Ring Freiheitlicher Studenten (RFS) oder der Burschenschaft Olympia stellt er allerdings in Abrede. Kümel wurde im späteren Gerichtsverfahren zu nur zehn Monaten Arrest verurteilt - ihm wurde zugebilligt, an einen tatsächlich nicht stattgefundenen Angriff Kirchwegers auf ihn geglaubt und darauf nur unverhältnismäßig reagiert zu haben.

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