Fall Alijew: Prozess startet nach Ostern

Ungeachtet des Todes von Rachat Alijew wird der Prozess um die Ermordung zweier kasachischer Bankmanager für zwei Mitangeklagte nach Ostern starten. 26 Verhandlungstage sind im Straflandesgericht angesetzt, 90 Zeugen werden geladen.

Ohne den Hauptangeklagten beginnt am 14. April im Großen Schwurgerichtssaal des Straflandesgerichts der Prozess um die Entführung und Ermordung zweier kasachischer Banker, die am 9. Februar 2007 in ihrer Heimat ums Leben gebracht wurden. Dafür verantwortlich soll laut Anklage der ehemalige kasachische Botschafter in Wien, Rachat Alijew, gewesen sein.

Der 54-Jährige kann allerdings nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden. Der Ex-Schwiegersohn des kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbayev wurde im Februar erhängt in seiner Zelle in der Justizanstalt Wien-Josefstadt aufgefunden. Die Behörden gehen von Selbstmord aus - mehr dazu in Alijew: Selbstmord bestätigt (wien.ORF.at; 16.3.2015).

Anklage wegen Mord und Entführung

Damit verbleiben auf der Anklagebank noch der frühere Chef des kasachischen Geheimdienstes KNB, Alnur Mussayev, und Vadim Koshlyak, der einst bei der kasachischen Präsidentenwache beschäftigt war. Sie stehen im Verdacht, teils als Beitragstäter, teils im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Alijew zwei Manager der Nurbank entführt, misshandelt und zum Rücktritt als Vorstandsvorsitzende der Bank gezwungen zu haben.

Ehe man ihnen Plastiksäcke über den Kopf zog und sie erdrosselte, soll man die beiden auch noch zur Übertragung von Aktienpaketen und von Eigentumsanteilen an einem Bürogebäude genötigt haben. Timraliyev und Khasenov mussten laut Anklage zudem Schriftstücke mit falschen Geständnissen unterschreiben, in denen sie sich diverser Finanzdelikte bezichtigten.

26 Verhandlungstage, über 90 Zeugen

Für den Schwurprozess sind mindestens 26 Verhandlungstage veranschlagt. Mehr als 90 Zeugen sind geladen, die Großteils aus Kasachstan anreisen werden. Einige von ihnen sitzen jedoch in Kasachstan in Haft - weil die kasachischen Behörden befürchten, sie könnten in Österreich um Asyl ansuchen, erhalten sie keine Reisegenehmigung. Mit ihnen soll daher eine Befragung im Weg einer Videokonferenz durchgeführt werden. Die Verhandlung findet deshalb in Österreich statt, weil die heimischen Behörden ein kasachisches Auslieferungsansuchen abgelehnt haben. Daher wurde ein sogenanntes Inlandsverfahren durchgeführt.

Trotz Alijews Ableben rechnet das Straflandesgericht mit enormem Medieninteresse. So haben sich bereits eine Reihe von ausländischen Pressevertretern angesagt. Besucher müssen sich auf erhöhte Sicherheitsvorkehrungen gefasst machen: Zusätzliche mobile Sicherheitsschleusen im Eingangsbereich sollen einen ungestörten Verhandlungsverlauf garantieren. Ausgeschrieben ist die Verhandlung bis zum 19. Juni. Ob der Termin für die Urteilsverkündung halten wird, ist aber mehr als fraglich. Es ist davon auszugehen, dass seitens der Verteidiger weitere Beweisanträge eingebracht werden.

Zahlreiche offene Fragen im Fall Alijew

Abseits des Prozesses ermittelt die Staatsanwaltschaft Wien auch gegen zwei Polizisten und eine Staatsanwältin, die für die Wiener Anwaltskanzlei Lansky arbeitete. Lansky vertritt in der Causa Alijew den Verein „Tagdyr“, der sich für die angeblichen Opfer des kasachischen Ex-Botschafters Rachat Alijew einsetzt - mehr dazu in Fall Alijew: Opfervertreter sieht „Pseudoskandal“ (wien.ORF.at; 24. März 2015).

Außerdem sorgt es in Justizkreisen für große Diskussionen, dass mit Roland Miklau auch einer der einst mächtigsten Beamten im Justizministerium für Lansky tätig gewesen war - mehr dazu in Fall Alijew: Ex-Justizbeamter im Zwielicht (wien.ORF.at; 31. März 2015).

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