Polnische Nationalisten störten Vortrag
Der 89-jährige Soziologe und Philosoph Bauman hielt auf Einladung des Wiener Instituts für die Wissenschaften vom Menschen (IWM) einen Vortrag im Wien Museum zum Thema „Diasporic Terrorism“. Laut einem Bericht der linken Plattform Indymedia störten rund 15 Männer den Vortrag mehrere Minuten mit antikommunistischen Zwischenrufen.
Fotodienst / Klaus Ranger
Verfassungsschutz ermittelt
Mit einem Video auf YouTube wurde der Vorfall dokumentiert. „Das Video wird derzeit vom Landesamt für Verfassungsschutz überprüft. Es wird in alle Richtungen ermittelt“, so Polizeisprecher Patrick Maierhofer gegenüber wien.ORF.at.
Das Wien Museum bestätigte, dass der Vortrag mit „polnischen Zwischenrufen“ gestört wurde, die verantwortliche Gruppe Männer jedoch sogleich durch das Sicherheitspersonal zum Verlassen der Veranstaltung bewegt werden konnte. Den polnischen Gästen des Vortrags zufolge warfen die Störenfriede Bauman seine kommunistische Vergangenheit vor. Sie riefen mehrfach „Wir werden den Kommunisten das Leben schwer machen. Nieder mit dem Kommunismus“. Auch das IWM bestätigte den Vorfall und sprach von einer Störung „polnischer Nationalisten“.
Fotodienst / Klaus Ranger
Angst vor weiteren Störaktionen
Es ist nicht die erste Störaktion von polnischen Nationalisten bei einem Auftritt des Soziologen. Bei einer Vorlesung in Wroclaw 2013 skandierten etwa 100 Störenfriede „Hau ab“. 2013 verzichtete Bauman auf die Ehrendoktorwürde einer polnischen Privatuniversität, nachdem nationalistische Gruppierungen und Politiker Proteste während der Verleihung angekündigt hatten. Bauman hält auch am Donnerstag im Kreisky Forum und am Freitag im Republikanischen Club in Wien Vorträge. Laut Indymedia werden bei diesen Veranstaltungen weitere Störaktionen befürchtet.
Der 1925 in Polen geborene Bauman emigrierte 1968 nach Israel, weil ihm in seiner Heimat die Lehrerlaubnis wegen seiner jüdischen Herkunft entzogen wurde. Bis zur Emeritierung 1994 lehrte der Soziologieprofessor an der Universität Leeds in England. Er ist Preisträger des Theodor W. Adorno-Preises der Stadt Frankfurt und des Prinz-von-Asturien-Preises. 2014 verlieh ihm die Deutsche Gesellschaft für Soziologie den Preis für ein „hervorragendes wissenschaftliches Lebenswerk“.