Kaum psychologische Tests bei Piloten

Nach dem Germanwings-Absturz geht die Diskussion über die Gesundheitskontrollen der Piloten weiter: Von den mehr als 14.000 Piloten werden in Österreich pro Jahr nur zehn psychologisch untersucht. Eine Wiener Flugpsychologin fordert jetzt mehr Tests.

Der Berufspilot Josef Stefan muss halbjährlich zur flugmedizinischen Untersuchung. Er absolviert Rundflüge mit Passagieren. Linienpiloten werden einmal pro Jahr durchgecheckt, ab 60 Jahren zweimal. Josef Stefan kommt immer zu seinem Arzt Christian Husek: „Die Piloten wissen auch, dass sie jede neue Erkrankung, jede Einnahme eines Medikaments, jede Änderung bei der Dosierung an den Fliegerarzt melden und besprechen müssen“, sagte er gegenüber der ZIB2.

„Ganz plötzlich kann etwas passieren“

Der Arzt führt Sehtests und ein EKG durch, er prüft den Blutdruck und nimmt Blut ab. Husek kennt seinen Patienten seit Jahren und beobachtet, wie er sich bei der Untersuchung verhält. Er achtet im persönlichen Gespräch auf Zwischentöne und Befindlichkeit.

„Es sind Menschen wie jeder andere auch, die psychologischen Einflüssen unterliegen, Scheidungen, Partnerschaft, Geld. Alles Mögliche kann da ganz plötzlich passieren und ihn von einer Minute auf die andere zu einem anderen Menschen machen. Das können sie auch mit keiner regelmäßigen psychologischen Testung verhindern. Wir können in keinem Metier, in keinem Umfeld ein geringes Restrisiko ausschließen“, sagte Husek in der ZIB2. Zehnmal pro Jahr melden die österreichischen Flugärzte grobe Auffälligkeiten.

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99 Prozent der Piloten sehen Psychologen nur einmal

Die medizinischen Untersuchungen sind das eine, die psychologischen Tests das andere. Die Europäische Agentur für Flugsicherheit schreibt psychologische Untersuchungen vor, und zwar „immer wenn Zweifel bestehen“. Allerdings: 99 Prozent der 14.000 Piloten in Österreich sehen einen Psychologen genau einmal in ihrem Berufsleben. „Das ist bei seiner Selektion bei der Aufnahme, da ist er zirka 19 oder 20 Jahre alt. Das ist ein Teil der Selektion, die nicht einmal vorgeschrieben ist, sondern von renommierten Fluglinien freiwillig gemacht wird. Und das ist es dann. Wenn man das ganze System verbessern will, nicht nur technisch, dann müssen wir natürlich auch hier ansetzen“, so die Wiener Flugpsychologin Sibylle Gross.

Der ganze ZIB2-Beitrag ist in der ORF-TVthek zu sehen.

Unter Flugmedizinern werden verpflichtende psychologische Untersuchungen alle paar Jahre diskutiert. Bisher wurde jedoch nichts geändert. Die Basisdaten der medizinischen Untersuchung übermittelt der flugmedizinische Sachverständige direkt an die Flugsicherung Austro-Control. Eine Lockerung des Arztgeheimnisses hält Husek für sehr gefährlich. „Es ist aber noch wesentlicher, dass das Vertrauensverhältnis vom Piloten zum Fliegerarzt erhalten bleibt. Das wird massiv untergraben durch solche Diskussionen.“ Zielführend könnte auch sein, wenn Berufspilotenprüfer intensiv beobachten, wie sich Piloten beim Fliegen unter Stress verhalten. Solche Tests finden derzeit zweimal jährlich statt.