Staatsballett erwartet sich „mehr“

Manuel Legris, Direktor des Wiener Staatsballetts, hat sich am Dienstag enttäuscht über die geringere Zahl an Ballettvorstellungen in der Staatsoper gezeigt. „Ich erwarte mehr von der Direktion“, meinte Legris.

Noch vor einem Jahr rief Manuel Legris „eine gute Zeit für Ballett“ ausgerufen, jetzt zeigt er sich besorgt. Nach 56 Ballettvorstellungen an der Staatsoper in der laufenden Saison sei man mit 51 in der kommenden Spielzeit 2015/16 zurück auf dem im Vertrag angegebenen Minimum. Während Staatsoperndirektor Dominique Meyer die Zahl der Opernvorstellungen in der kommenden Saison von 221 auf 234 erhöht, fahre er beim Ballett herunter.

„Gerade bei dem Stellenwert, den Ballett in diesem Haus hat, verdienen wir mehr Abendvorstellungen“, konstatierte Legris bei einer Pressekonferenz, „vor allem für die Tänzer.“ Mit einer leichten Reduktion an der Volksoper kommt das Staatsballett 2015/16 auf 84 gegenüber 91 Vorstellungen im Vorjahr. „Das wird für mich zum Problem“, meinte Legris. Herausragende Tänzer, die zu wenig zum Einsatz kommen, seien schwer zu halten.

Dominique Mayer und Manuel Legris

APA/Herbert Neubauer

Manuel Legris kritisiert die Reduktion der Ballettvorstellungen durch Dominique Meyer

Zusätzliche Location als Wunsch

Auch eine für die Compagnie wichtige, ursprünglich für 2016 angesetzte Tournee nach Paris sei geplatzt, weil die Staatsoper zeitgleich in Japan gastiert und das Staatsballett über kein eigenes technisches Team verfüge. Den „zwei Problemen, die wir bestmöglich lösen wollen“ hängte Legris einen Wunsch an: Ihm schwebt neben Volks- und Staatsoper eine zusätzliche Location „wie etwa das Wiener MuseumsQuartier“ vor, an der er „Zeitgenössischeres zu niedrigeren Preisen“ zeigen kann.

„Wir haben junge Choreografen in unserer Compagnie, die es verdienen, ihre Arbeit zu präsentieren“, meinte Legris, und schlug damit in eine Kerbe mit Volksoperndirektor Robert Meyer, der bekanntlich ab 2016/17 das Kasino am Schwarzenbergplatz mit modernen Kammeropern bespielen will - mehr dazu in Robert Meyer bleibt Volksoperndirektor.

15 Programme mit zwei Premieren

In der kommenden Spielzeit bestreiten die 103 Tänzer 15 Programme mit zwei Premieren und der traditionellen Nurejew-Gala am 26. Juni 2016 an der Staatsoper sowie einer Premiere an der Volksoper. Dass „Die Schneekönigin“ von Michael Corder frei nach dem Märchen von Hans Christian Andersen die einzige Premiere am Haus am Gürtel bleibt, sei darauf zurückzuführen, dass die an der Volksoper angesiedelten Tänzer mit dem Haus im Mai 2016 drei Wochen in Japan gastieren.

Den Anfang an der Staatsoper macht ein fächerübergreifender Abend am 29. Oktober mit einem Ausschnitt aus Stephan Toss’ „Blaubarts Geheimnis“, das laut Legris zuletzt am Volksoper eher fehl am Platz war, „The Four Seasons“ von Jerome Robbins sowie „Fool’s Paradise“ von Christopher Wheeldon, der erstmals vom Staatsballett getanzt wird. Am Pult steht Alexander Ingram.

Eine Premiere im doppelten Sinne folgt am 20. März: Mit dem 1856 in der Pariser Oper uraufgeführten Handlungsballett „Le Corsaire“ tritt Legris erstmals als Choreograf eines abendfüllenden Balletts an der Staatsoper in Erscheinung. „Auch wenn ich als Direktor eigentlich genug zu tun habe“, schmunzelte Legris, der sich von „Schwanensee“-Ausstatterin Luisa Spinatelli erfolgreich überreden ließ, sei nach sechs Jahren die Zeit gekommen, „etwas für mein Staatsballett zu kreieren.“

Auslastung teilweise bei hundert Prozent

Einmal mehr als Tänzer ist Legris bei der letzten Ballettpremiere der laufenden Saison, der Nurejew-Gala am 28. Juni, zu erleben. Mit Isabelle Guerin, einst Schützling von Rudolf Nurejew, tanzt er Patrick de Banas Choreografie „The Farewell Waltz“ zu Musik von Frederic Chopin. Das dichte Galaprogramm werfe das Licht heuer weniger auf den Hausgott als auf die Tänzer, die zum Ende der vergangenen Saison großteils verletzt waren, „heuer aber alle da sind“, so Legris, der prompt dreimal auf Holz klopfte.

Die laufende Saison hat bis dato eine Sitzplatzauslastung von 98,51 Prozent an der Staatsoper (2013/14: 97,65 Prozent) und 77,73 Prozent an der Volksoper (2013/14: 88,91 Prozent) gebracht, wobei die kaufmännische Leiterin Simone Wohinz dank „Giselle Rouge“ bis zu Saisonende mit einer Steigerung auf 80 Prozent und einem Besucherrekord von insgesamt mehr als 150.000 Gästen bei 91 Vorstellungen rechnet.

Publikumsschlager wie „Schwanensee“, „Der Nussknacker“ und „Meistersignaturen“ hätten eine 100-Prozent-Auslastung gebracht, finden sich 2015/16 aber dennoch nicht auf dem Spielplan. Stattdessen kehren u.a. „Mayerling“, „Onegin“, „Don Quixote“ und „Carmina Burana“ an die beiden Häuser zurück.

Link: