Mahnende Worte beim „Fest der Freude“

In einem „Fest der Freude“ haben am Freitag die Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs gegipfelt. Neben mahnenden Worten von Politikern hörten die rund 15.000 Besucher ein Gratis-Konzert der Wiener Symphoniker.

Die „Neunte Symphonie“ von Ludwig Van Beethoven stand in diesem Jahr beim mittlerweile dritten „Fest der Freude“ auf dem Heldenplatz auf dem Programm. Chefdirigent Philippe Jordan dirigierte dabei die Wiener Symphoniker. Auf den Heldenplatz gekommen waren nicht nur zahlreiche Politiker wie Bundespräsident Heinz Fischer und Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ), auch Zeitzeugen und Überlebende des Holocaust saßen im Publikum, ebenso wie die Botschafter der vier Befreier-Nationen.

„Angst und Hetze“ auch nach 70 Jahren

Willi Mernyi, als Vorsitzender des Mauthausen Komitees Mitorganisator des Fests auf dem Heldenplatz, war der erste, der in seiner kurzen Ansprache daran erinnerte, dass auch heute Anfeindungen gegen andere Kulturen und Religionen stattfinden würden. Rechtspopulisten verbreiteten selbst 70 Jahre nach dem Ende des Nazi-Regimes „Angst und Hetze“.

Fest der Freude

ORF / Florian Kobler

Faymann warnte vor Rechtspopulismus

Auch Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) warnte vor rechten Umtrieben in Europa. Wie heute sei auch vor dem Zweiten Weltkrieg deren Nährboden die grassierende Armut und die Arbeitslosigkeit gewesen. „Und es waren die Nationalsozialisten, die das missbraucht haben, die diese Ängste geschürt haben“, zog der Kanzler Parallelen zur Gegenwart. Ihnen gelte es, durch ein starkes und soziales Europa den Nährboden zu entziehen.

Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) hatte zuvor zu bedenken gegeben, dass sich Österreich lange nicht seiner dunklen Vergangenheit gestellt habe. Er stellte sich in seiner Ansprache auch die Frage: „Warum haben wir den Opfer-Mythos so lange mitgetragen?“ Die Republik sei nunmehr zu einer Erinnerungskultur verpflichtet, die hilft, „die Fehler von damals dauerhaft zu vermeiden“, betonte Mitterlehner. Und auch Zivilcourage sei gefordert.

Verantwortung gegenüber Flüchtlingen

Verantwortung forderte auch die grüne Vizebürgermeisterin Wiens, Maria Vassilakou, ein - nämlich gegenüber den Bootsflüchtlingen im Mittelmeer. „Freiheit ist die Chance, nach dem eigenen Glück zu streben“, meinte sie. Ähnliche Worte kamen auch von Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ). Den Flüchtlingen nach Europa solle ebenso geholfen werden wie während des Krieges jenen aus Europa.

„Wien heute“-Beitrag von der Probe:

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Es ist „etwas Unglaubliches entstanden“

Veranstaltet vom Mauthausen Komitee und weiteren Organisationen, fand das Fest mit den Wiener Symphonikern bereits zum dritten Mal statt. „Wir feiern das Ende des Schreckens des Nationalsozialismus“, umriss Mernyi das Konzept der Veranstaltung. Moderiert wurde sie von Schauspielerin Katharina Stemberger.

Beim musikalischen Anteil hatte sich der neue Chefdirigent der Wiener Symphoniker neben Beethovens 9. Symphonie, die auch als Europahymne dient, für Leos Janaceks Sokol-Fanfare entschieden. „Aus der ursprünglichen ‚Burschenschafterverhinderungsaktion‘ ist etwas Unglaubliches entstanden“, sagte Symphoniker-Geschäftsführer Johannes Neubert.

Der 8. Mai war zuvor vor allem vom rechten „Totengedenken“ der Burschenschafter am Heldenplatz dominiert worden. 2013 wurde die Gegenveranstaltung ins Leben gerufen und zog über 10.000 Besucher an. 2014 kamen über 12.000 Menschen, hieß es von den Veranstaltern.

Fest der Freude

ORF / Hubert Kickinger

Festakt und Mahnwache

Vor dem „Fest der Freude“ fand ein Staatsakt mit Bundes- und Vizekanzler statt: „Wir verneigen uns heute vor all jenen, die Österreich befreit haben“ und vor allen Österreichern, die vom Nationalsozialismus verfolgt wurden, so der Bundeskanzler.

Je länger man die Aufarbeitung nicht wahrnehme, umso mehr verblassten die Erinnerungen und würden schmerzhafte Teile weggelassen, stellte auch Mitterlehner fest. Die authentischen Informationen von Zeitzeugen seien daher wichtig. Marko Feingold überlebte mehrere Konzentrationslager und berichtete beim Festakt von seinen Erlebnissen. Am 11. April 1945 wurde er von amerikanischen Truppen befreit: „Wir waren nicht mehr Nummern oder Juden, sondern wir waren wieder Menschen geworden.“

Das Bundesheer hatte am Freitag mit einer Mahnwache beim Äußeren Burgtor der Opfer gedacht. Ihre Mitschuld an der Judenverfolgung gestanden sowohl die katholische als auch die evangelische Kirche ein. Die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) begrüßte, dass nun das „Fest der Freude“ gefeiert wird und nicht mehr Burschenschafter am Heldenplatz die Niederlage der Nationalsozialisten bedauern. Gleichzeitig trat IKG-Präsident Oskar Deutsch in einer Aussendung für eine Neuausrichtung der Gedenkkultur ein.

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