Media Quarter: Projekt „wenig transparent“

„Wenig transparent“, zu teuer und ein unnötiges Public-Private-Partnership-Modell: Der Rechnungshof lässt kein gutes Haar an Erichtung und Betrieb des Wiener Medienzentrums Media Quarter Marx. Die Opposition ortet „Skandal“ und „Misswirtschaft“.

Unter anderem kritisierte der Rechnungshof, dass bei der Projektentwicklung weder die Wirtschaftsagentur Wien noch die Technologieagentur der Stadt Wien GmbH vom privaten Partner, der 60 Prozent an der Projektgesellschaft Media Quarter Marx GmbH hielt, Bonitätsnachweise, Bankgarantien oder Finanzierungszusagen einholten oder ein Auswahlverfahren durchführten. Die ursprünglich geplanten Gesamtinvestitionskosten von 56,52 Mio. Euro erhöhten sich laut Rechnungshof wegen einer Ausweitung der Mietfläche und durch Qualitätsverbesserungen und Mieterausbauten auf 64,27 Mio. Euro.

Kritik üben die Rechnungshofprüfer auch am Umstand, dass den Mietern Nachlässe in Form von Mietzinsbefreiungen, Reduktionen bzw. gestaffelt angehobenen Mieten in Höhe von insgesamt 847.000 Euro gewährt wurden, um langfristige Mietverträge abschließen zu können. „Die Nachlässe waren insbesondere vor dem Hintergrund großzügig, dass die Media Quarter Marx GmbH Kosten für Mieterausbauten in Höhe von 3,88 Millionen Euro nicht weiterverrechnet hatte“, heißt es in dem am Dienstag veröffentlichten Rechnungshofbericht.

Media Quarter Marx

APA/Pfarrhofer

Media Quarter Marx

Auslastung unter Plan, „falsche“ Belegung

Trotz dieser Nachlässe sei die Auslastung des Medienzentrums im April 2014 mit rund 85,8 Prozent noch deutlich unter der Planung des Jahres 2007 in Höhe von 95 Prozent gelegen. Das ursprüngliche Ziel der Stadt Wien, junge und kleine kreative Unternehmen mit hoher Innovationskraft bzw. Gründer zu stärken, sieht der Rechnungshof „nur eingeschränkt verwirklicht“.

Tatsächlich mieteten Unternehmen und Einrichtungen der öffentlichen Hand mehr als ein Drittel der Fläche des Medienzentrums an. „In Summe nutzten ein deutsches Unternehmen aus dem TV-Bereich (ProSiebenSat.1-Puls 4, Anm.), ein in Wien ansässiges Verlags- und Medienhaus (Echo Medienhaus, Anm.) sowie die im Eigentum der öffentlichen Hand stehende Wiener Zeitung GmbH zusammen mehr als 75 Prozent der Fläche“, so der Rechnungshof.

Kaufoption für Echo Medienhaus, steigende Verluste

Eine „großzügige Mietrückstellung“ in Höhe von 806.859,05 Euro gab es auch für das der Wiener SPÖ nahe stehende Echo Medienhaus. Die Summe entsprach laut den Prüfern einer Mietzinsfreistellung von etwas mehr als einem Jahr und war an Bedingungen geknüpft, die ohnehin im Mietvertrag geregelt waren. Darüber hinaus räumte man „ausschließlich diesem Verlags- und Medienhaus eine Kaufoption des Mietgegenstands (rund 21 Prozent der vermieteten Fläche des Medienzentrums) ein“. Der im Mietvertrag festgehaltene Kaufpreis von elf Millionen Euro beruhte auf dem Stand einer Bewertung des Jahres 2011.

Die Jahresverluste der Media Quarter Marx GmbH stiegen von minus 210.000 Euro im Jahr 2007 auf minus 2,63 Mio. Euro im Jahr 2012. Zwar wies die Gesellschaft 2013 erstmals einen Jahresgewinn von rund 370.000 Euro auf, doch war dies vor allem auf das gefallene Zinsniveau zurückzuführen. Der Bilanzverlust hatte sich bis zu diesem Zeitpunkt bereits auf minus 6,47 Mio. Euro kumuliert. Die für 2014 und 2015 geplanten Überschüsse würden diesen zwar verringern, mit minus 5,43 Mio. Euro aber weiterhin ein hohes Niveau aufweisen.

Das "Media Quarter Marx"

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Wirtschaftsagentur: „Projekt im Zeitplan“

Den Betreibern des Medienzentrums geben die Rechnungshofprüfer 19 Empfehlungen - von mehr Kostenwahrheit bis zur Reduzierung von Leerstehungen - mit auf den Weg. Die Wiener Wirtschaftsagentur versicherte unterdessen, dass das Projekt im Zeitplan und mit dem vorgesehenen Budget umgesetzt worden sei. Mieterboni seien ein „üblicher Anreizmechanismus“ bei der Immobilienentwicklung. Vor dem Hintergrund des geplanten Verkaufs sei man jedenfalls darum bemüht, Leerstehungen zu reduzieren, um dadurch die Einnahmen zu steigern.

Opposition: „Skandal“ und „Misswirtschaft“

Die Wiener FPÖ ortete einen „Skandal“ und möchte vor allem die Rolle des verstorbenen ehemaligen Botschafter Kasachstans, Rakhat Aliyev, aufgeklärt wissen. „Wieder einmal ein roter Skandal, für den niemand zur Verantwortung gezogen wird“, ärgerte sich der Klubobmann der Wiener Freiheitlichen, Johann Gudenus. Dass dem Stadtrechnungshof teils geschwärzte Akten übermittelt worden seien, belege, dass etwas vertuscht werden soll.

Die ÖVP sprach von „Misswirtschaft“ und vermisst Konsequenzen der Regierung. „Kopf in den Sand stecken und Totschweigen ist definitiv zu wenig“, meinte ÖVP-Landesparteiobmann Manfred Juraczka. Die ÖVP habe bereits in der Vergangenheit auf die „Ungereimtheiten und die seltsamen Verstrickungen“ hingewiesen. Wien könne sich derartige rot-grüne Misswirtschaft nicht mehr leisten, so Juraczka.

Im Streit um die Kontrolle des Wiener Medienviertels „Media Quarter Marx“ holt der Rechnungshof (RH) nun die Höchstrichter zu Hilfe. Die Stadt Wien verweigere seit Monaten eine Kontrolle, beklagt der RH. Die Stadt sieht dies allerdings anders - mehr dazu in Media Quarter: Höchstgericht eingeschaltet (wien.ORF.at; 30.8.2013).

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