Schiele-Werke: Grünbaum-Erben klagen

Österreich steht möglicherweise vor einem neuen Restitutionsfall. Die Erben nach Fritz Grünbaum bereiten in den USA eine Klage vor. Es geht um 14 Bilder von Egon Schiele aus dem Leopold Museum und der Albertina. Eine Entscheidung könnte es heuer geben.

„Den Opfern der verfehlten Restitutionspolitik Österreichs“ bleibe „kein anderer Weg, als die Gerichte in den USA anzurufen, um Gerechtigkeit zu erlangen“, hieß es in einer Aussendung des Anwalts der Erben. Darin wird auch darüber geklagt, dass die Republik Österreich sich weigere, „ihrer Verpflichtung aus dem Staatsvertrag nachzukommen und Raubkunst zurückzugeben“. Die Klage werde in den USA eingebracht, weil laut österreichischem Recht eine Klage aufgrund von Verjährung nicht möglich sei bzw. das Kunstrestitutionsgesetz nicht einmal Parteienstellung ermögliche.

Weil die Republik Österreich in den USA Besitz hat, ist dort eine Klage möglich. Dem Anwalt zufolge gibt es eine Entscheidung des US Supreme Court, wonach eine Klage in New York zulässig sei, da auch eines der Familienmitglieder dort wohnhaft sei. Die Sammlung Leopold fällt nicht unter das österreichische Restitutionsgesetz, das will der Anwalt vor Gericht anfechten.

15 Jahre auf Antwort gewartet

Fritz Grünbaum wurde im Konzentrationslager Dachau ermordet, seine Kunstsammlung geraubt. 15 Jahre forderten die Erben eine Restitution der Egon Schiele-Werke aus Albertina und Leopold Museum - ohne Reaktion. „Man hätte sich viel Ärger, Aufregung und Geld sparen können“, meinte Erika Jakubovits von der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) 2006 angesichts des sechs Jahre währenden Rechtsstreits, den Maria Altmann gegen die Republik Österreich geführt hat.

Liebespaar, 1912, und „Rote Bluse“, 1913

Bei den Werken, die die Erben nach Fritz Grünbaum zurückfordern, handelt es sich um folgende Arbeiten von Egon Schiele:

Leopold Museum:

  • „Liebespaar“, 1912 Bleistift, Aquarell und Gouache
  • „Mädchen“ (Akt mit gelbem Tuch), Bleistift und Gouache, 1913
  • „Andacht“, 1912 Bleistift, Aquarell und Gouache
  • „Stehender Frauenakt von vorne Bleistift, Aquarell und Gouache mit orangefarbenen Strümpfen“, 1914
  • „Liegende mit hochgeschobener Unterwäsche, Bleistift“, Bleistift 1914
  • "Liegende mit erhobenem rechten Bein, Bleistift, 1914
  • „Drei weibliche Akte“, (k.A. zum Jahr), Buntstift und Aquarell
  • „Tote Stadt III“, 1911 Gouache auf Holz
  • „Selbstbildnis mit Grimasse“, Schwarze Kreide, Aquarell und Tempera, (k.A. zum Jahr)
  • „Selbstbildnis als Büsser“, 1911 Bleistift
  • „Rote Bluse“, 1913 Bleistift, Aquarell und Gouache
  • „Sich umarmende Akte“, 1914 Schwarze Kreide und Tempera

Albertina:

  • "Sitzender weiblicher Rückenakt mit rotem Rock, Bleistift, Aquarell und Gouache, 1914
  • „Mutter und Kind“, Kohle, 1915
Aus der Kunstsammlung Fritz Grünbaums: Tote Stadt III Egon Schiele, 1911 Öl auf Holz, 37,3 × 29,8 cm Leopold Museum Wien

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Tote Stadt III Egon Schiele, 1911 Öl auf Holz, 37,3 × 29,8 cm Leopold Museum Wien

Kulturministerium: Entscheidung noch heuer

Zu den beiden Werken aus der Sammlung Grünbaum, die sich in der Albertina befinden, soll es „voraussichtlich noch 2015“ eine Empfehlung des Kunstrückgabebeirats geben. Das teilte das Kulturministerium am Mittwoch mit. Österreich gehe im Sinne des „international anerkannten Kunstrückgabegesetzes verantwortungsbewusst ‎mit der Provenienz der Sammlungen des Bundes um“.

Diese würde die Kommission für Provenienzforschung entsprechend untersuchen. Und auch „Sitzender weiblicher Rückenakt mit rotem Rock“ sowie „Mutter und Kind“ würde man prüfen, woraufhin im Anschluss der Beirat eine Empfehlung abgebe. Neuerlich wurde seitens des Ministeriums betont, dass die private Sammlung Leopold nicht dem Kunstrückgabegesetz unterliegt.

Leopold Museum: „Kein Handlungsbedarf“

Für den Vorstand der Leopold Museum Privatstiftung verwies Anwalt Andreas Nödl gegenüber der APA auf die 2010 erfolgte Entscheidung der sogenannten Michalek-Kommission auf Basis der von Sonja Niederacher erarbeiteten Dossiers, wonach „kein Tatbestand“ im Sinne des Kunstrückgabegesetzes bestehe. Sollten neue Dokumente zu einer Causa auftauchen, werde man sich damit befassen, bis dahin sehe man aber „keinen Handlungsbedarf“.

Im Zuge einer Versteigerung im Vorjahr hatte das Museum angekündigt, dass sich die Privatstiftung für den Fall, dass seitens der Grünbaum-Erben weiter behauptet werde, dass Schiele-Werke wie „Tote Stadt III“ aus der Sammlung Grünbaum heute nicht rechtmäßig im Besitz des Leopold Museums seien, rechtliche Schritte vorbehalte. Die Albertina wollte am Mittwoch gegenüber der APA keine Stellungnahme abgeben.

Kein Ende für Restitution

Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) hatte sich erst Anfang Juni vor kurzem gegen einen Schlussstrich bei der Restitution ausgesprochen - mehr dazu in Mailath-Pokorny: Kein Ende für Restitution.

Mit dem Kampf um die Rückgabe der „Goldenen Adele“ von Gustav Klimt beschäftigt sich ein Hollywood-Film, der ab dieser Woche auch in Österreich zu sehen ist. Helen Mirren als Maria Altmann, Ryan Reynolds als ihr Anwalt und Daniel Brühl als Aufdeckerjournalist Hubertus Czernin sind in den Hauptrollen zu sehen. Der Staat Österreich bekommt sein Fett ab, Kritik gab es im Vorfeld aber an einigen Filmszenen, die nicht der Realität entsprechen - mehr dazu in Hollywood, die Nazis und Österreich (news.ORF.at).

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