Forschung in künstlichem Gerinne

In der Nähe der Abzweigung Donaukanal/Donau ist ein sogenanntes Forschungsgerinne zwischen den zwei Gewässern gegraben worden. Es soll helfen, Fragen zur Eintiefung der Donau, des Hochwasserschutzes und der Wasserkraft zu beantworten.

Das Forschungsgerinne in Wien-Brigittenau, das am Montag offiziell eröffnet, wird von einem etwa elf Meter breiten Einlass aus der Donau gespeist, wo ein Rechen verhindert, dass Fische oder Treibgut hinein gelangen, erklärte Helmut Habersack vom Institut für Wasserwirtschaft der Universität für Bodenkultur (BOKU). Der Kanal kann ungefähr so viel Wasser führen wie der Kamp durchschnittlich.

Der Bereich, in dem die Forscher ihre Versuche aufbauen und durchführen können, ist etwa 30 Meter lang und fünf Meter breit. Maximal zehn Kubikmeter Wasser pro Sekunde können durch den Kanal geleitet werden. Weil an dieser Stelle zwischen Donau und Donaukanal drei Meter Gefälle sind, kommt man komplett ohne Pumpen aus. „Es bietet uns weltweit einzigartige Forschungsmöglichkeiten“, sagte Habersack.

Forschungsgerinne

APA/BOKU/IWHW/Habersack/Pfemeter

Dort könne man nun erstmals in einem ausreichenden Maßstab untersuchen, warum sich etwa die Donau schneller in den Untergrund frisst als berechnet, ob Strombojen als „moderne Wasserräder“ in manchen Flussabschnitten eine umweltfreundliche Alternative zur Energiegewinnung sind und wie sich die Vegetation auf den Hochwasserabfluss auswirkt, so Habersack. Später sollen auch eine Fischaufstiegshilfe und ein neues Wasserbaulabor dazukommen.

Vier Wasserbauversuche zum Start

Bei der Eröffnung werden gleich vier Wasserbauversuche starten. „Wir haben für den ersten davon mehrere Reihen von Weiden eingebaut, die geflutet werden, um ihren Einfluss auf den Hochwasserspiegel und den Abfluss von Hochwässern je nach dem Alter der Bäume zu untersuchen“, erklärte er.

Zwei weitere Versuche befassen sich mit der Sohleintiefung der Donau. „Dies geschieht, weil die Steine, welche sich am Flussbett bewegen und die wir als ‚Geschiebe‘ bezeichnen, durch die Staukraftwerke zurückgehalten werden“, sagte Habersack. Normalerweise würde die Donau im Profil ungefähr 350.000 Kubikmeter Geschiebe, das aus den Alpen stammt, transportieren. Weil aber von oben nichts nachkommen kann, gräbt der Fluss das Material aus der Gewässersohle heraus.

Nach den derzeit gebräuchlichen Formeln sollten sich die verwendeten Steine mit vier bis sieben Zentimetern Durchmesser erst ab einem Durchfluss von 3.500 Kubikmetern pro Sekunde bewegen, also jedes Jahr nur einen Teil der Zeit, erklärte er. „Mit Kameramessungen haben wir aber festgestellt, dass sie schon bei 950 Kubikmetern pro Sekunde wie die Ameisen stromabwärts krabbeln, also das ganze Jahr über“, so Habersack.

Forschungsgerinne

APA/BOKU/IWHW/Habersack/Pfemeter

Mit seinen Kollegen wird Habersack auch „Strombojen“ testen. Ein österreichischer Erfinder hat Schwimmkörper mit Rotor als modernes „Wasserrad“ entwickelt, die man als „ökologisch orientierte Nischenlösung“ einsetzen könnte - mehr dazu in noe.ORF.atStrom aus Bojen serienreif (2677075)). Mit einem verkleinerten Modell einer solchen Stromboje untersuchen die Forscher nun im Gerinne, wo man sie am besten einbauen kann und welche Umweltauswirkungen sie haben, etwa indem sie die Fließgeschwindigkeiten rund um solch ein „Minikraftwerk“ messen.

Forschungsgerinne

APA/BOKU/IWHW/Habersack/Pfemeter

Forschungsgerinne kostete 2,6 Millionen Euro

Der 2,6 Millionen Euro teure Bau des Forschungsgerinnes sei großteils mit EU-Förderungen finanziert worden, so Habersack. Es handelt sich um ein grenzüberschreitendes Projekt, an dem auch die Technische Universität Budapest beteiligt ist. Außer der BOKU und der TU Budapest würde das Forschungsgerinne und das Wasserbaulabor, das zusätzlich in den nächsten Jahren errichtet werden soll, auch dem Bundesamt für Wasserwirtschaft zur Verfügung stehen, erklärte er. Aber auch anderen Forschern aus dem In- und Ausland wolle man die Nutzung ermöglichen.

„Es ist auch ein Schaulabor geplant, wo zum Beispiel Schüler und Schülerinnen mit Modellen Versuche zum Hochwasserschutz, Wasserökologie und anderen Themen machen können“, sagte er. Damit wolle er unter anderem das Interesse des Nachwuchses an naturwissenschaftlichen Fächern wecken und die Öffentlichkeit das Thema Wasser und Umwelt nahebringen.

Link: