Strengerer Zugang zu Gemeindebau

Seit Tagen wurde spekuliert, nun ist es fix: In Zukunft soll es strengere Zugangsregeln für Gemeindebauten und geförderte Wohnungen geben. Es sollen jene eher zum Zug kommen, die schon länger in der Stadt sind, sagte Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ).

Für Gemeindewohnungen gibt es eine Warteliste mit derzeit 16.500 Menschen und lange Wartezeiten. Schon jetzt kann man eine Gemeindewohnung nur beantragen, wenn man bereits mindestens zwei Jahre in Wien seinen Hauptwohnsitz hat. Das gilt ab Juli auch für die geförderten Wohnungen, rund 200.000 sind das derzeit in der Stadt.

„Ich bin sehr dafür, dass alle Menschen in dieser Stadt willkommen sind, aber sie müssen sich hinten anstellen. Jene, die schon länger hier wohnen, arbeiten oder eine Ausbildung genießen, sollen primär die Möglichkeit haben, zu einer geförderten Wohnung zu kommen“, meinte Ludwig zu den strengeren Zugangsregeln. Die Einkommensgrenzen bleiben unverändert, nach wie vor wolle man auch im Gemeindebau die soziale Durchmischung.

„Wiener Wohnticket“ statt Vormerkschein

Die gemeinsame Anlaufstelle, die Wohnberatung Wien, ist in der Nähe der Gasometer im dritten Bezirk. Dort bekommt man ab Juli auch keinen Vormerkschein mehr, er heißt ab dann „Wiener Wohnticket“. Dieses umfasst vom Gemeindebau über Genossenschaftswohnungen bis zum geförderten Eigentum alles. Die Interessenten würden informiert, sobald etwas Passendes frei wird, wobei man sich natürlich an den Wünschen der Kunden orientiere, wie Ludwig versprach.

Geändert wird auch die „Überbelegung“. Hier habe es immer wieder Missbrauch gegeben, so Ludwig: „Da kam es vor, dass plötzlich sieben Leute in einer 25-Quadratmeter-Wohnung gemeldet waren.“ Ab Juli wird nur noch die Kernfamilie berücksichtigt, das sind Verwandte in gerader Linie in drei Generationen. Cousinen, Cousins, Nichten, Neffen sowie Freunde sind damit ausgeschlossen.

„Treffen Nerv der Menschen“

Für Aufregung hatte zuletzt vor allem das Gerücht gesorgt, dass alteingesessene Wiener bei der Vergabe bevorzugt werden sollen. Das wird nun tatsächlich umgesetzt. Konkret rückt man pro fünf Jahre Hauptwohnsitz automatisch drei Monate auf der Warteliste nach vorn.

Die maximale Zeitersparnis gegenüber potenziellen Mietern, die nicht das Glück haben, Langzeitstädter zu sein, beträgt neun Monate. Dieser Punkt hatte Ludwig im Vorfeld - u. a. vom grünen Koalitionspartner - den Vorwurf eingebracht, im Vorfeld der Wien-Wahl im Herbst bewusst die FPÖ-Klientel bedienen zu wollen. Immerhin färbt sich der Gemeindebau - einst unumstrittene rote Bastion - seit Jahren zusehends politisch blau - mehr dazu in Gemeindewohnungen: Grüne attackieren SPÖ.

„Man braucht der FPÖ dieses Thema nicht wegnehmen, denn sie haben es nicht. Man braucht nicht annehmen, dass Landtagswahlen in anderen Bundesländern dazu führen, dass wir spontan eine so weitreichende Veränderung vornehmen“, so Ludwig. „Das ist das Ergebnis einer Strategie, die wir umsetzen, und mich interessieren nicht Zurufe anderer Parteien, sondern die Wünsche der Menschen. Ich glaube, dass wir mit diesen Vergabekriterien den Nerv der Menschen treffen.“

Ludwig rechnet mit kürzeren Wartezeiten

Durch das neue „Wohnticket“ rechnet Ludwig jedenfalls mit kürzeren Wartezeiten. Denn bisher seien viele Menschen sehr auf einen Wohnungstyp - also Gemeindewohnung oder Genossenschaftswohnung - fixiert gewesen. Wer schon im Besitz von Vormerkscheinen ist, kann diese freilich behalten. Vom Wienerbonus kann man allerdings nur bei einem Umstieg auf das neue System profitieren.

Kritik von FPÖ und ÖVP

Die ÖVP kann sich mit den präsentierten strengeren Vergabekriterien zwar prinzipiell anfreunden, vermisst allerdings soziale Treffsicherheit. Sie will regelmäßige Gehaltschecks, um die soziale Bedürftigkeit der Mieter zu überprüfen. Ist diese nicht mehr gegeben, sollte man ausziehen bzw. mehr Miete zahlen müssen oder die Bleibe kaufen können, so die Forderung. Außerdem wünscht sich die Wiener ÖVP eine Ausweitung der Eigentumsförderung. „Wir fordern zumindest zehn Prozent“, so Landesparteichef Manfred Juraczka per Aussendung.

Kritik kam auch von der FPÖ. „Jahrzehntelang hat die SPÖ den sozialen Wohnbau mehr als stiefmütterlich behandelt. Die Genossenschaften haben sich gleichzeitig zum Selbstbedienungsladen SPÖ-naher Spitzenfunktionäre entwickelt. Jede im Moment vollmundig angekündigte Initiative in Sachen Wohnbau ist nicht mehr als ein durchschaubarer Wahlkampfgag der Stadt-Genossen“, so FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus.