AUA-Crew verweigerte Abschiebung

Zuletzt hat Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) angekündigt, „Dublin-Rückstellungen“ von Flüchtlingen zu forcieren. Jetzt gibt es einen ersten Fall, der für Aufsehen sorgt. Die Abschiebung einer Afghanin wurde von einer AUA-Crew verhindert.

Am Mittwoch um 7.15 Uhr sollte die 36-jährige Laila P. mit einer AUA-Maschine nach Sofia gebracht werden. Doch daraus wurde nichts. Die Crew des Fliegers weigerte sich, die Frau mitzunehmen. „Laila hat beim Einstieg in das Flugzeug klar und deutlich zu verstehen gegeben, dass sie aufgrund ihrer traumatisierenden Erfahrungen und der menschenrechtswidrigen Zustände für Geflüchtete in Bulgarien nicht mitfliegen wird“, hieß es in einer Aussendung der Unterstützer von Laila P.

AUA lehnt Abschiebung bei Widerstand ab

Bei der AUA will man den Einzelfall nicht kommentieren, hielt schriftlich aber fest: „Grundsätzlich lehnt Austrian Airlines Abschiebungen gegen den Widerstand der Betroffenen ab. (...) Austrian Airlines kann Passagiere vom Flug ausschließen, wenn unter anderem zu befürchten ist, dass sie aufgrund ihres Verhaltens oder Zustands eine konkrete Gefahr für die Sicherheit und Ordnung an Bord darstellen, sich oder andere gefährden, oder wenn ein solcher Transport eine unzumutbare Belastung für die anderen Passagiere darstellt.“

Die 36-Jährige wurde dann in das Polizeianhaltezentrum Roßauer Lände gebracht und am Mittwoch um 16.00 Uhr entlassen, berichteten ihre Unterstützer. „Sie war nicht gut beisammen, sie braucht jetzt ärztliche Hilfe“, meinte ihr Freund Valere Schramm. „Aber wir sind jetzt einmal froh, dass sie frei ist.“ Ihr Anwalt berichtete auch von Schnittverletzungen und von Angstzuständen, auch im Zusammenhang mit Bulgarien, wo sie negative Erfahrungen mit Schleppern gemacht haben soll.

Proteste

Valere Schramm

Die Causa Laila P. hatte in den vergangenen Tagen in sozialen Netzwerken großes Aufsehen erregt. Die Afghanin war über Bulgarien in die „Dublin III“-Region gekommen, weshalb der Balkan-Staat eigentlich für ihr Verfahren zuständig ist. Die junge Afghanin fühlte sich in Bulgarien jedoch misshandelt und gilt laut einem Gutachten als „suizidgefährdet“. Sie schlug sich 2013 nach Österreich durch. Hier lebte sie sich ein, fand Freunde und besuchte einen Deutschkurs.

Letztlich scheiterte sie aber rechtlich, da eben Bulgarien für ihren Antrag zuständig ist. Dort setzte sie erstmals einen Fuß auf EU-Boden. Ihr Anwalt berichtet aber von traumatischen Erfahrungen in Bulgarien. Sie habe dort negative Erlebnisse mit Schleppern gehabt und schulde ihnen auch Geld. Daher wolle sie nicht zurück.

NEOS: Abschiebung nicht zulässig

Am Dienstag wurde der Fall im Nationalrat von den NEOS thematisiert. Die NEOS meinen, dass die eingeleitete Abschiebung nicht zulässig sei, weil die Frist, in der Österreich sie nach Bulgarien zurückschieben hätte können, längst abgelaufen sei. An sich gilt hier laut Dublin-III-Abkommen eine Sechs-Monate-Frist, wobei hier während der Berufungsverfahren die Frist ausgesetzt ist, wie das Innenministerium betont. Auch der Anwalt der 36-Jährigen geht davon aus, dass eine Abschiebung nicht mehr möglich ist.

Da Mittwochnachmittag nicht alle Daten vorlagen, ist schwer zu beurteilen, ob die Frist eingehalten wurde. Die NEOS bzw. ihr Mandatar Nikolaus Scherak behaupten, bereits seit einem halben Jahr sei eine Außerlandesbringung eigentlich nicht mehr möglich. Das Innenministerium gibt zu Einzelfällen wie üblich keinen Kommentar ab, geht aber davon aus, dass die vorgegebenen Fristen grundsätzlich eingehalten werden.

Proteste

Valere Schramm

Mahnwache vor dem Polizeianhaltezentrum Roßauer Lände

Für den Abend wurde - wie in den vergangenen Tagen - eine Solidaritätsaktion von Freunden und Unterstützern vor dem Polizeianhaltezentrum Roßauer Lände angekündigt. Ob bzw. wann ein neuer Abschiebeversuch unternommen wird, war Mittwochnachmittag unklar. „Wir wollen weitermachen und eine Stimme für die vielen anderen sein, die jetzt noch auf ihre Abschiebung warten“, sagt Valere Schramm. Bis Ende Mai gab es heuer 620 „Dublin-Überstellungen“. Im Vergleich: 2014 waren es im ganzen Jahr 1.327.

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