„Sichtbar 2015“ bei Regenbogenparade

Unter dem Motto „Sichtbar 2015“ hat die Regenbogenparade mit rund 100.000 Besuchern am Samstag über den Ring geführt - angelehnt an die erste Regenbogenparade, bei der es „Sichtbar 1996“ hieß. Bei der Schlusskundgebung gab es sogar einen echten Regenbogen.

„Trotz des nicht besonders demonstrationsfreudigen Wetters sind die Leute geblieben. Die Stimmung war wirklich gut“, zog Organisator Christian Högl, Obmann des Vereins HOSI (Homosexuelle Initiative) Bilanz. Was der Organisator für die Zukunft hofft: „Eigentlich müsste ich mir wünschen, dass es in 20 Jahren diese Parade nicht mehr geben muss. Aber das ist nicht wirklich realistisch.“

Mit 50-minütiger Verspätung hatte sich die Parade in Bewegung gesetzt. Die Route führte wie schon in den vergangenen Jahren vorbei an Parlament und Staatsoper entgegen der Fahrtrichtung um die Ringstraße. Rund 60 Gruppen waren dabei, darunter viele Lkws und andere bunt geschmückte Fahrzeuge - meist bestückt mit großen Lautsprechern, aus denen wummernde Beats tönten.

Ampelpärchen, Engel, Bräute

„Die Stimmung heuer ist mit der Stimmung bei der allerersten Parade vergleichbar. Damals war Aufbruchsstimmung. Heuer gehen wir auf die Straße und haben das Gefühl, angekommen zu sein“, freute sich Högl.

Unterwegs waren unter anderem Engel, Bräute, Ampelpärchen und Teilnehmer im Trachtenlook. Auch auf politische Botschaften wurde nicht vergessen, schließlich handelte es sich bei der Veranstaltung eigentlich um eine Demonstration. Dabei handelte es sich um Botschaften wie: „Freedom, love“, „Umschwulung auf Krankenschein“ und „Ehe für alle statt Ampeln für alle“ - eine Anspielung auf die Wiener Ampelpärchen. Diese waren überhaupt ein beliebtes Thema: So verkleideten sich zwei Männer als grünes Ampelpärchen. Um den Hals hatten sie ein Schild hängen, auf dem stand: „Das Ampelpärchen sagt: Grünes Licht für die Öffnung der Ehe.“

Ein Fixstern der Veranstaltung: Der Schauspieler Hermes Phettberg ließ sich heuer auf der Rückbank eines alten Mercedes um den Ring chauffieren. Er hat an allen Wiener Regenbogenparaden teilgenommen, erzählte er: „Ich war immer dabei.“ Und fügte hinzu: „Ich freue mich, dass es sie gibt.“

Kutsche bei Regenbogenparade 2015

APA/Herbert P. Oczeret

Kutsche von acht Personen gezogen

Als besonders beliebtes Fotomotiv bei den Schaulustigen entpuppte sich die mittlerweile schon traditionelle Kutsche, die nicht von Pferden, sondern von acht Personen gezogen wurde. „Die Kutsche ist nicht so schwer“, zeigte sich eines der „Rösser“ motiviert. Weitaus gemütlicher hatte es da schon die Kutscherin am Bock, für die es ein „erhabenes Gefühl“ sei, Menschen statt Pferde anzutreiben.

Dieses Mal gab es übrigens sogar zwei Fuhrwerke zu bewundern. Weiterhin hinten im Tross befand sich ein römischer Streitwagen, der von zwei jungen, knapp bekleideten Männern gezogen wurde. Trotz des eher kühlen, trüben Wetters blitzte auch so manche nackte Haut auf: „Auf der Kärntner Straße würde ich aber so nicht spazieren gehen“, sagte eine nur mit BH und Hotpants bekleidete Paradenteilnehmerin lachend.

Reden von Frauenberger und Vassilakou

Fixer Bestandteil in jedem Jahr ist bei der Regenbogenparade der „Moment des Gedenkens“. Dabei erinnern sich die Teilnehmer an jene Menschen, die an Aids starben oder Opfer eines Gewaltverbrechens wurden. Dazu wurde auf allen Fahrzeugen eine von Conchita Wurst aufgenommene Durchsage abgespielt.

Auf dem Rathausplatz fand die Schlusskundgebung „Pride Speech“ statt, dabei gab es sogar einen echten Regebogen zu sehen. Stadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) erinnerte an den Grund der Veranstaltung: „Es geht darum, sichtbar aufzutreten gegen Homophobie und Transphobie.“ Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) forderte einmal mehr die Öffnung der Ehe: „Wenn Menschen verliebt sind, dann kann es sein, dass sie einen Fehler machen wollen: Sie wollen heiraten. Und ich bin dafür, dass jeder Mensch diesen Fehler machen kann.“ Dieses Ziel wolle sie nächstes Jahr erreicht haben.

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„Wien heute“-Video von der Regenbogenparade

Öffnung der Ehe gefordert

„Hintergrund für die Aktivitäten rund um die Vienna Pride ist die Tatsache, dass - auch wenn in Österreich die Rahmenbedingungen für ein diskriminierungsfreies Leben für LSBT-Personen weitgehend gegeben sind - gesetzliche Ungleichbehandlungen erst Schritt für Schritt durch Gerichtsurteile beseitigt werden. Diskriminierungen im Alltag sind so nach wie vor ein Zeichen dafür, dass es nicht nur dringend einen Diskriminierungsschutz auch außerhalb des Arbeitsmarktes braucht, sondern auch weitere Schritte wie die Beseitigung der bestehenden Ungleichbehandlungen im Partnerschaftsgesetz und die Öffnung der Ehe“, sagte Ewa Dziedzic vom Verein Christopher Street Day Vienna.

Demonstration gegen Regenbogenparade vor dem Stephansdom

ORF

Auf dem Stephansplatz wurde ein „Marsch für die Familie“ abgehalten

Auch heuer wieder „Marsch für die Familie“

Während die Regenbogenparade „andersrum“ um den Ring zog, war der Stephansplatz heuer erneut Schauplatz für den „Marsch für die Familie“. Demonstriert wurde für „die klassische Ehe und Familie“. Unterstützung gab es heuer unter anderem vom ehemaligen PEGIDA-Sprecher Georg Immanuel Nagel und dem ÖVP-Abgeordneten Marcus Franz. Der Marsch wurde vom christlichen Verein Pro Vita organisiert, laut Einladung sollte dort auch „gegen Gender-Mainstreaming und die geplante Frühsexualisierung von Kindern“ protestiert werden.

Es kam zum Einsatz von Pfefferspray durch die Exekutive, nachdem mehrere Gegner der Veranstaltung diese zu stören versuchten, berichtete ein Polizeisprecher. Tumulte, die laut Polizei von einigen Mitgliedern des sogenannten schwarzen Blocks ausgingen, gab es hingegen im Bereich der Bankgasse und der Löwelstraße. Mehrere vorläufige Festnahmen waren die Folge.

Polizisten bei Demonstration in der Wiener Innenstadt

APA/Herbert P. Oczeret

Demonstration „Religiöse Fundamentalisten stoppen“ in der Innenstadt

Die Gegendemonstration der Autonomen Antifa anlässlich des „Marsches für die Familie“ auf dem Stephansplatz wurde polizeilich untersagt. Stattdessen fand gleichzeitig auf dem Michaelerplatz die von der Sozialistischen Linkspartei angemeldete Gegendemonstration „Religiöse Fundamentalisten stoppen“ statt.

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