Hitzige Debatte um „Haus der Geschichte“

Die Pläne für ein Haus der Geschichte in Wien haben am Montag bei einer Veranstaltung im Weltmuseum erneut für eine hitzige Debatte unter Experten gesorgt. Dabei wurde auch die Notwendigkeit einer Dauerausstellung bezweifelt.

In der Diskussion sprach sich Matthias Pfaffenbichler, der Direktor der Hofjagd- und Rüstkammer des Kunsthistorischen Museums (KHM), vehement gegen die Absiedlung der Sammlung Alter Musikinstrumente aus. Diese befindet sich derzeit in der Neuen Burg - dort, wo das „Haus der Geschichte“ entstehen könnte. „Warum lässt man die Sammlung nicht dort, wo sie ist?“, fragte er unter großem Beifall des Auditoriums. Auch diese Sammlung habe viel mit österreichischer Geschichte zu tun.

Pfaffenbichler bezweifelte auch die Notwendigkeit einer Dauerausstellung für ein Museum ohne eigene Sammlung, wie es das geplante neue Geschichtsmuseum sei. Museumsexpertin Renate Goebl glaubte, unter Einbeziehung aller Kosten werde das Einpassen des „Hauses der Geschichte“ in die Neue Burg so teuer kommen wie die Errichtung eines kleinen, architektonisch signalhaften Neubaus auf dem Heldenplatz.

Heldenplatz Neue Burg

APA/Georg Hochmuth

Kulturminister Ostermayer regte die Neue Burg als Standort an

Rathkolb: Neue Burg und Heldenplatz ideal

Seit der von Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) verordneten Redimensionierung des Weltmuseums und der Anregung, das „Haus der Geschichte“ in der benachbarten Neuen Burg unterzubringen, ist wieder Bewegung in das seit längerem betriebene Projekt gekommen - mehr dazu in Haus der Geschichte: Anlauf über fast zwei Jahrzehnte. Ostermayer beauftragte den Zeithistoriker Oliver Rathkolb mit der Leitung einer vorbereitenden internationalen Expertengruppe.

„Wir gehören nicht auf die grüne Wiese“, so Rathkolb am Montag bei der von der Österreich-Sektion des Museumsbunds ICOM organisierten Veranstaltung, er sieht die Neue Burg und den Heldenplatz als idealen Standort. Der Blick vom Hofburg-Balkon eröffne eine spannende „demokratiepolitische Achse Richtung Parlament“. Rathkolb betonte weiters, es sei keinesfalls vom Minister die Absiedelung der Sammlung Alter Musikinstrumente „beschlossen worden“, der Vorschlag, Räume in der Neuen Burg zur Verfügung zu stellen, sei von der Direktion des KHM gekommen.

Oliver Rathkolb

APA/Georg Hochmuth

Oliver Rathkolb leitet einen internationalen Expertenbeirat

Dass zunächst ein Teil der derzeit von der Musikinstrumente-Sammlung genutzten Flächen vom KHM angeboten worden sei, bestätigte schließlich auch KHM-Vizedirektor Franz Pichorner. Ende der Woche werde es einen neuen Termin bei Ostermayer geben, bei der neue Vorschläge in der diffizilen und kostspieligen Causa diskutiert würden.

Heldenplatz als zweites Museumsquartier?

Durch die temporäre Absiedlung des Parlaments für den Zeitraum seines Umbaus werde sich „der Eindruck dieses Platzes in den nächsten Jahren komplett verändern“, so Rathkolb weiter über den Heldenplatz. Die Zeit danach eröffne große Chancen für eine Neugestaltung. 2022 werde das Containterdorf des Parlaments wieder vom Heldenplatz abgesiedelt.

Wichtig für die künftigen inhaltlichen und räumlichen Überlegungen sei auch das Äußere Burgtor. Dessen nach oben offene Ehrenhalle sei als Raum-Ressource „durchaus auch etwas, das wir gerne diskutiert hätten“, so Rathkolb. Für Herbst werde eine Parlamentsenquete über stadtplanerische Utopien für den Heldenplatz und die „Transversale zum Museumsquartier“ angestrebt. „Denn geht es nicht eigentlich um ein zweites Museumsquartier?“ Zur Rolle der Expertengruppe stellte Rathkolb klar: „Wir sehen uns nicht als Besatzer, als Usurpator, sondern als Katalysator, der bestimmte Entwicklungen in Gang bringen kann.“

Testprogramm ab Herbst geplant

Eines der „Leitnarrative“ der künftigen Ausstellung soll laut Rathkolb die Darstellung der Zeit um 1850/70 als „erste Globalisierung“, sein, die in Bezug zur zweiten Globalisierung Ende des 20. Jahrhunderts gestellt werden soll. Das „Haus der Geschichte“ solle als „interaktives und offenes historisches Museum konzipiert werden, das von den Lebensrealitäten der Besucher ausgeht“. „Wir planen ab Herbst 2015 ein immer intensiver werdendes Veranstaltungsprogramm, um Fragestellungen und Thesen auszutesten.“

Es brauche demnächst eine Entscheidung KHM über die Räumlichkeiten („Ich weiß, es ist eine extrem schwierige Entscheidung. Ich kann sie auch nicht treffen.“), danach solle vom Ministerium ein Grobschätzung für Budgetrahmen und Architekturkosten abgegeben werden, auf deren Grundlage eine Ausschreibung erfolgen könne.

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