Alijew-Prozess: Zeuge schildert Vergewaltigung

Im Alijew-Prozess hat am Mittwoch einer der Hauptbelastungszeugen ausgesagt. Er schilderte, wie Rachat Alijew einen der später getöteten Banker vergewaltigt haben soll. Gegen den Richter wurde erneut ein Befangenheitsantrag gestellt.

Der Zeuge Askan Bekmuratov, der am Mittwoch in Wien aussagte, sitzt derzeit eigentlich in Kasachstan im Gefängnis. Er wurde dort 2008 zu einer zehnjährigen Haftstrafe verurteilt, weil er an der Verschleppung und Misshandlung der zwei Banker beteiligt gewesen sein soll, um deren Ermordung es im sogenannten Alijew-Prozess geht. Um in Wien aussagen zu können, erhielt er einen Freigang, in Wien wird er von der Wiener Polizei bewacht.

Großer Schwurgerichtssaal

ORF.at/Roland Winkler

Seit Mitte April läuft der Prozess

Bekmuratov schilderte vor Gericht, dass er am 31. Jänner 2007 einen Anruf von Wadim Koschljak erhielt, Alijews Ex-Sicherheitsberater und einer der Hauptangeklagten. Er solle blaue Werksmäntel und Handschellen in einen Bürokomplex zu bringen, in dem sich die Nurbank befand, die wirtschaftlich ebenfalls Alijew zuzurechnen war.

Zeuge: Banker mit Stock vergewaltigt

In der Bank seien dann die beiden getöteten Banker von Alijew gezwungen worden, schriftlich zu gestehen, mit unrechtmäßigen Kreditvergaben die Bank um Vermögen gebracht zu haben. Alijew sei jedoch nicht zufrieden gewesen und habe einen der Banker geschlagen und getreten. Er habe mitgemacht, erklärte Bekmuratov. „Damals war das für mich ganz normal. Ich war so gestimmt. Meine Meinung war, das waren Verbrecher.“

Danach habe man den Bankern die blauen Mäntel angezogen, sie gefesselt und zur Residenz Alijews gebracht. Dort habe Alijew einen der Banker dann mit einem Stock vergewaltigt. Alijew habe dabei gelacht und Scherze gemacht, so Bekmuratov. Er habe erst am nächsten Tag, als im Fernsehen eine Pressekonferenz übertragen wurde, erfahren, um wen es sich bei den gefangen gehaltenen Männern handelte: „Ich war erschüttert und schockiert über den Umstand. Ich habe das Gefühl gekriegt, ich wurde benutzt.“

Acht Österreicher müssen entscheiden

Im Alijew-Prozess stehen nach dem Tod des kasachischen Ex-Botschafters Rhakat Alijews nun zwei seiner Weggefährten vor Gericht: Alnur Mussajew, früher Chef des kasachischen Geheimdienstes, und Wadim Koschljak, der bei der kasachischen Präsidentenwacht beschäftigt war. Sie werden beschuldigt, 2007 an der Entführung und Ermordung von zwei kasachischen Bankern beteiligt gewesen zu sein - mehr dazu in Alijew-Prozess: „Mordmotiv war Geld“. Der ursprünglich Hauptangeklagte Alijew war Ende Februar erhängt in seiner Zelle in der Justizanstalt Wien-Josefstadt aufgefunden worden - mehr dazu in Alijew: Selbstmord bestätigt.

Prozess Auftakt

APA/Roland Schlager

Zwei Weggefährten Alijews sitzen auf der Anklagebank

Der Aufwand für den Prozess ist riesengroß. 26 Prozesstage wurden laut Gerichtssprecherin Christina Salzborn anberaumt, über 60 Zeugen werden gehört und mehr als zehn Dolmetscher für die russische Sprache wurden bestellt. Entscheiden müssen in diesem hochkomplexen Fall nicht Richter, sondern acht Geschworene - also ganz normale österreichische Staatsbürger. Im Fall eines Schuldspruchs droht den beiden Angeklagten eine Haft von zehn bis 20 Jahren oder lebenslange Haft.

Richter erneut als befangen abgelehnt

Zu Beginn der Verhandlung am Mittwoch lehnte Anwalt Werner Moringer, der den Vater eines toten Bankers vertritt, den vorsitzenden Richter Andreas Böhm wegen angeblicher Befangenheit ab. Dies geschah nicht zum ersten Mal - mehr dazu in Anwälte und Staatsanwalt gegen Alijew-Richter. In einem wortreichen Vortrag beantragte er Böhms Ausschluss von der Verhandlung. Die Staatsanwaltschaft schloss sich diesem Antrag an.

Moringer argumentierte mit der „fehlenden Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit“ des Richters. Dessen Mimik und Gestik lasse darauf schließen, „dass der Vorsitzende nicht bereit ist, von seiner voreingenommenen Meinung abzugehen“ – nämlich dass sämtliche kasachischen Zeugen mit den kasachischen Behörden zusammenarbeiten oder unter deren Druck stehen könnten bzw. würden. Der Befangenheitsantrag wurde - wie bereits vorangegangene - abgelehnt.

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