Mutmaßlicher Mörder: Auslieferung gestoppt

Ein mutmaßlicher Sechsfachmörder wird vorerst doch nicht an Russland ausgeliefert. Das Wiener Oberlandesgericht (OLG) hat einen entsprechenden Beschluss des Straflandesgerichts von Anfang Mai aufgehoben.

Der 44-jährige Russe steht unter Verdacht, in Nordossetien in den Jahren 2012 und 2013 mindestens sechs Menschen getötet zu haben. Er wurde im Jänner am Wiener Hauptbahnhof festgenommen - mehr dazu in Mutmaßlicher Sechsfachmörder verhaftet. Nach Angaben russischer Ermittler soll er der Kopf einer Bande sein, die seit 2004 mehr als 40 Morde vor allem im Raum Moskau und im Nordkaukasus verübte. Medienberichten zufolge strebte die Bande die Kontrolle über den Handel mit illegal hergestelltem Alkohol in ganz Russland an.

Gegen seine Auslieferung nach Russland hatte sein Verteidiger Nikolaus Rast Einspruch erhoben - und diesem gab nun das OLG statt. Das OLG ortet menschenrechtliche Bedenken. Mehrere verlässliche Quellen hätten wiederholte das Folterverbot durch Russland im Strafvollzug festgehalten, heißt es im Beschluss. Das Gericht bezieht sich unter anderem auf eine Stellungnahme der österreichischen Botschaft in Moskau und den Amnesty Report 2013.

„Garantieerklärung“ gefordert

Einer Auslieferung wird allerdings nicht grundsätzlich entgegengetreten. Das OLG trägt dem Straflandesgericht auf, eine "diplomatische Zusicherung“ einzuholen, die den 44-jährigen mutmaßlichen Mörder bei einer Auslieferung dazu berechtigt, sich danach jederzeit an die diplomatische Vertretung Österreichs zu wenden. Der Botschaft wiederum sei der Ort der Inhaftierung bekannt zu geben und ein unangemeldetes Besuchsrecht ohne jegliche Überwachungsmaßnahmen zu garantieren.

Genau dasselbe hatte just derselbe OLG-Senat im Fall eines ebenfalls russischen mutmaßlichen Auftragskiller verlangt, der ausgeliefert werden sollte - mehr dazu in Auftragskiller: Auslieferung gestoppt. In Fall dieses Mannes wurde nach Einholung einer solchen „Garantieerklärung“ brachte allerdings die Generalprokuratur Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes ein. Der OGH hob die Auslieferung dann aus formalen Gründen auf und trug dem OLG ein „gesetzeskonformes Vorgehen“ auf.

Anwalt verwundert über OLG

Im Hinblick darauf zeigte sich Anwalt Rast am Donnerstag verwundert, dass das OLG offenbar weiterhin eine mit einer schriftlichen Garantieerklärung verbundene Auslieferung an Russland für einen gangbaren Weg hält. „Wenn das OLG selbst menschenrechtliche Bedenken feststellt, gibt es eine einzige Möglichkeit: Er darf nicht ausgeliefert werden“, betonte Rast.