WGKK: „Kinder haben schlechte Zähne“

„Die Gesundheit der Zähne der Wiener Volksschüler ist nicht erfreulich", sagt die Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK). Daher sollen die Zähne der Kinder in Schulen künftig mit Fluorid behandelt werden. Im Herbst startet ein Pilotprojekt.

„Karies ist vor allem ein soziales Problem. Menschen mit Migrationshintergrund bzw. aus niedrigen sozialen Schichten mit niedrigem Einkommen und Bildungsstand – deren Kinder haben in hohem Ausmaß kariöse Zähne. 80 Prozent der kariösen Zähne verteilen sich auf nur 20 Prozent der Bevölkerung“, so die Obfrau der Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) Ingrid Reischl gegenüber wien.ORF.at.

Karies in Margareten und Rudolfsheim-Fünfhaus

Laut WHO-Vorgabe sollen in den nächsten fünf Jahren Zwölfjährige durchschnittlich weniger als 1,5 kariös geschädigte Zähne aufweisen. Bei der letzten Zahnstatuserhebung, bei der Wien teilnahm, im Jahr 2008, wies es mit 1,8 den schlechtesten Wert unter den Bundesländern auf. Zum Vergleich: Tirol hatte einen Wert von 0,8. Österreich gesamt schaffte einen Durchschnitt von 1,4. Laut Reischl setzt sich der Wien-Wert folgendermaßen zusammen: „Kinder ohne Migrationshintergrund haben 1,2 kariöse Zähne, Kinder mit Migrationshintergrund 2,5.“

Eine Zahnuntersuchung der ersten und vierten Volkschulklassen der Stadt Wien von 2013 zeigt, dass es große Unterschiede in den Bezirken gibt. Aufgeschlüsselt nach Bezirken liegt der Anteil der Kinder mit Karies zwischen 17 Prozent (Innere Stadt) und 61 Prozent (Margareten). Doch auch aktuelle, interne Erhebungen, sowie die Informationen der Kinderzahnklinik zeigen, dass die Situation in Wien laut WGKK „wirklich unerfreulich“ ist.

Karieswerte der 1. und 4. VS-Klasse in Wien nach Bezirk SJ
2012/2013

WGKK

Summierte Karieswerte der Erst- und Viertklässler nach Bezirk (2013)

Volksschüler werden „fluoridiert“

Im Herbst startet daher ein Pilotprojekt im 15. Bezirk, erklärt Astrid Treffler, Zahnärztin im WGKK-Gesundheitszentrum Mariahilf, gegenüber wien.ORF.at. Dort gab es in städtischen Kindergärten eine Kontrolluntersuchung, die ergab, dass nur 13 Prozent der fünf- bis sechsjährigen Kinder kariesfrei sind.

Die WGKK beschloss daher, den Zahnschmelz der Kinder mit Fluorid zu behandeln, um Karies einzudämmen. Treffler: „Da Fluoride an sich ein lebensnotwendiges Spurenelement sind und diese Kinder anscheinend nicht genügend davon bekommen, müssen sie auf anderem Weg zugeführt werden, das heißt Fluoridierung. Das passiert so, dass den Kindern Fluoridgele bzw. –lacke direkt in den Mund appliziert werden.“

Da die Eltern dieser Behandlung zustimmen müssen, bekommen sie vorher einen Aufklärungsbogen zugeschickt. Die Behandlung von 200 fünf- bis sechsjährigen Kinder soll im Oktober starten und wird von der WGKK bezahlt. „Da die Behandlung nur zwei Minuten pro Kind dauert, handelt es sich hauptsächlich um Materialkosten, also um Wattestäbchen und Fluorid. Da liegen die Kosten bei wenigen Euro pro Tube“, so Treffler. Nach diesem Pilotprojekt soll die Behandlung auf alle städtischen Wiener Kindergärten und Schulen flächendeckend ausgeweitet werden.

Kind Zähneputzen

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Volksschulkindern wird in Wien richtiges Zähneputzen beigebracht

Zahnschnuppern und mehrsprachige Folder

Außerdem forciert die WGKK gemeinsam mit der Stadt und allen Krankenversicherungen das „Tipptopp. Gesund im Mund und rundherum“-Programm, bei dem Zahnpädagogen Kindern das Zähneputzen spielerisch näherbringen und den Stellenwert richtiger Ernährung erörtern. Reischl: „Wir hatten vorab Testbezirke und seit September sind flächendeckend alle Kindergärten und Volksschulen im Programm halbjährlich dabei.“ Dafür gibt es ein Gesamtbudget von 1,7 Millionen Euro. Über 100.000 Kinder werden pro Schuljahr mit dem Programm erreicht.

Zusätzlich gibt es für Kindergartengruppen auch die Möglichkeit, Zahnärzte in den Zahngesundheitszentren der Wiener Gebietskrankenkasse zu besuchen. Reischl: „Beim sogenannten Zahnschnuppern sollen die Kinder spielerisch lernen, dass ein Besuch beim Zahnarzt nichts Schlimmes ist. Unsere Ärzte zeigen ihnen die wichtigsten Geräte und erklären ihnen, was sie damit machen. Die Kinder dürfen die Geräte auch ausprobieren und etwa mit dem Speichelsauger Wasser aus einem Becher saugen.“ Für Eltern gibt es außerdem mehrsprachige Folder.

Soziale Benachteiligung wegen Karies

Ziel ist es, Karies bei Kindern in Wien - bis zur nächsten Zahnerhebung und darüber hinaus - einzudämmen. Reischl: "Karies ist eine Zivilisationskrankheit und die häufigste orale Erkrankung bei Kindern. Hier geht es um die Prävention. Denn unbehandelter Karies führt zu Zahnverfall bzw. zu Zahnverlust und das führt zu weiteren sozialen Benachteiligungen.“

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