Tetron-Prozess: Nemsic als Zeuge

Im Tetron-Prozess gegen den Ex-Telekom-Austria-Vorstand Rudolf Fischer und den Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly hat Boris Nemsic, der frühere CEO der Telekom Austria, als Zeuge ausgesagt. Er sprach von schwierigen Zeiten für die Festnetzsparte.

Die Strategie des Telekom-Konzerns sei in den 2000er Jahren gewesen, im Mobilfunk im Osten zu expandieren, nicht im Festnetz. Zukäufe im Festnetzgeschäft seien nicht spruchreif geworden. „Es wurde meinen Erinnerungen nach nie eine konkrete Sache in den Aufsichtsrat gebracht“, so Nemsic. Es sei aber durchaus möglich, dass die Festnetzsparte unter Fischer eigene Strategien entwickelt habe. „Kategorisch ausgeschlossen“ seien Festnetzzukäufe nicht gewesen.

Boris Nemsic im Wiener Landesgericht

APA/Herbert Neubauer

Boris Nemsic

Abteilung für Zukäufe auch für Festnetz zuständig

„Ich kann mir vorstellen, dass darüber nachgedacht worden ist“, so Nemsic, der damals für das Mobilfunkgeschäft der Telekom Austria zuständig war. Nemsic verwies darauf, dass er dem Festnetz-Vorstand nicht angehörte und dem Aufsichtsrat, in dem er saß, dazu nichts vorgelegt worden sei.

Laut Nemsic sei die für Zukäufe zuständige M&A-Abteilung in der Holding der Telekom angesiedelt und sowohl für die Mobilfunk- als auch für die Festnetzsparte zuständig gewesen. Fischer hätte bei Fragen zu Osteuropa auch ihn fragen können, so Nemsic. Allerdings sei dies auch eine „Konkurrenzsache“ unter Vorständen gewesen.

Ohne intensive Vorarbeiten für ein Projekt hätte er eine Festnetzakquisition „sofort abgedreht“. Nemsic verwies neuerlich auf die offizielle Strategie des Unternehmens, in Mobilfunk zu investieren. Staatsanwalt Volkert Sackmann fragte sich daraufhin, warum Fischer dann überhaupt Berater brauchte.

Boris Nemsic und Alfons Mensdorff-Pouilly am Wiener Landesgericht

APA/Herbert Neubauer

Zeuge und Angeklagter: Boris Nemsic und Alfons Mensdorff-Pouilly

Informationen aus Familie oder Zeitungen

Gefragt wurde Nemsic auch, wie er an Informationen in Osteuropa gekommen sei. Nemsic sagte, er habe durch seinen Migrationshintergrund den Vorteil gehabt, dass er fast alle Landessprachen könne. Informationen habe er meist über Bekannte, aus der Familie oder aus lokalen Zeitungen eingeholt, erzählte er. Seine Berater habe er „natürlich“ offengelegt.

Hintergrund dieser Fragen an Nemsic war, dass Fischer und Mensdorff-Pouilly angaben, die Leistung des Lobbyisten habe darin bestanden, „Hintergrundinformationen“ über die wirtschaftliche und politische Lage in einzelnen osteuropäischen Ländern zu beschaffen.

Die Zahlung von 1,1 Mio. Euro an Mensdorff-Pouilly, bei der die Staatsanwaltschaft keine Gegenleistung erkennen kann, kenne er nur aus den Medien, sagte Nemsic. Mit dem früheren Finanzvorstand und nunmehrigen Kronzeugen Gernot Schieszler, der den Vertrag mit Mensdorff-Pouilly aufsetzte, sei er dazu nicht in Kontakt gewesen, so Nemsic. Staatsanwalt Volkert Sackmann wies darauf hin, dass Schieszler etwas anderes gesagt habe. Nemsic vermutet eine Verwechslung mit seinem Nachfolger Hannes Ametsreiter.

Fortsetzung am Mittwoch mit Telekom-Mitarbeitern

Ob Hannes Ametsreiter ebenfalls als Zeuge geladen wird, ist noch nicht entschieden. Richter Michael Tolstuik kündigte an, im Schöffensenat dazu beraten zu wollen. Der Untreue-Prozess geht am Mittwoch mit weiteren Zeugeneinvernahmen weiter. Geladen sind erneut ehemalige und aktive Mitarbeiter der Telekom Austria.

Für Donnerstag sind weitere Aussagen geplant, unter anderem soll der damalige Alcatel-Österreich-Chef und ÖVP-Bundesrat Harald Himmer als Zeuge auftreten. Schieszler hatte vergangene Woche erklärt, Himmer habe sich mehrmals erkundigt, ob die Zahlung von Mensdorff-Pouilly schon erfolgt sei.

Die Staatsanwaltschaft vermutet, dass es sich bei den an Mensdorff-Pouilly geflossenen 1,1 Mio. Euro um Bestechungsgeld für die Vergabe des Blaulichtfunks des Innenministeriums an das Tetron-Konsortium von Alcatel und Motorola mit der Telekom als Infrastrukturlieferanten handelt, kann es aber nicht beweisen. Angeklagt ist lediglich der Tatbestand der Untreue. Fischer und Mensdorff-Pouilly rechtfertigen die Zahlung mit Beratungsdienstleistungen und Lobbying.

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