Tetron-Prozess: Urteile wohl erst im September
Als Zeuge sagte heute unter anderem Ex-Österreich-Chef von Alcatel und ÖVP-Bundesrat Harald Himmer aus. Er widersprach den Aussagen von Kronzeugen Gernot Schieszler. „Ich war nie der Geldeintreiber für irgendjemanden“, sagte Himmer vor dem Schöffensenat am Wiener Straflandesgericht.
E-Mail-Verkehr offengelegt
Schieszler, früher Finanzvorstand der Telekom-Festnetzsparte, hatte vergangene Woche ausgesagt, dass Himmer sich bei ihm mehrmals erkundigt habe, ob die Zahlung an Mensdorff-Pouilly schon erfolgt sei. Laut Himmer war Schieszler ein „karriereorientierte Egomane“ und tische Märchen auf.
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Staatsanwalt Volkert Sackmann versuchte Himmer in Widersprüche zu verwickeln. Er legte überraschend einen E-Mail-Verkehr zwischen Himmer, Christoph Ulmer, dem Kabinettschef des Innenministeriums, und einem weiteren Mitarbeiter des Ministeriums vor. Daraus geht hervor, dass Alcatel schon vor der Neuausschreibung des Blaulichtfunkes wusste, dass es diese geben wird.
Kein „Widerspruch“ zu anderen Aussagen
Himmer verteidigte sich, er sehe „nicht den geringsten Widerspruch“ zu seinen vorangegangen Aussagen. Er hatte zuvor dem Richter wortreich erklärt, dass er für das Tetron-Bieterkonsortium von Alcatel und Motorola seine Kontakte nicht intensiviert habe und für das Projekt gar nicht zuständig gewesen sei. Fischers Strafverteidiger kritisierte das E-Mail als für das Verfahren „völlig irrelevant“. Mit dem Verwurf der Untreue habe das nichts zu tun.
Himmer war von 2007 bis Ende 2012 Generaldirektor von Alcatel-Lucent Austria. Seit 1995 sitzt er für die ÖVP im Bundesrat. Der Politiker befindet sich nach wie vor im Visier der Staatsanwaltschaft Wien. Es laufe ein Ermittlungsverfahren, sagte Staatsanwalt Sackmann. Himmer hätte daher die Zeugenaussage verweigern können.
Mitarbeiterin belastet beide Angeklagten
Ein Mitarbeiter der Telekom Austria schilderte am Vormittag Himmers „Lobbying-Power“ bei der Auftragsvergabe. „Himmer hat mit der Doppelfunktion Politiker und Geschäftsführer den Eindruck gemacht, dass er politisch intervenieren kann“, so der Zeuge.
Zu Beginn des Verhandlungstages hatte eine Mitarbeiterin der Telekom-Rechtsabteilung die beiden Angeklagten belastet. Ohne die Telekom als Netzbetreiber hätte das Tetron-Konsortium um Alcatel und Motorola nicht anbieten können. Das sei beiden Bietern klar gewesen, so die Zeugin.
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Der angeklagte Ex-Vorstand Fischer hatte zu Prozessbeginn vorige Woche erklärt, die Leistung von Mensdorff-Pouilly habe unter anderem die Reorganisation des Konsortiums betroffen, damit die Telekom nicht mehr Teil des Bieterkreises ist, sondern nur noch Infrastrukturlieferant. Durch den Lobbyisten sei das Risiko bei der Vergabe minimiert worden, verteidigte Fischer vergangene Woche die Zahlung von 1,1 Mio. Euro an Mensdorff-Pouilly.
Längere Sommerpause
Die Staatsanwaltschaft hingegen vermutet, dass es sich um Bestechungsgeld für die Vergabe des Blaulichtfunks handelt, kann es aber nicht beweisen. Angeklagt ist lediglich der Tatbestand der Untreue, Fischer habe Mensdorff-Pouilly 1,1 Mio. Euro ohne Gegenleistung gezahlt, so der Verwurf. Die beiden Angeklagten rechtfertigen die Zahlung mit verschiedenen Beratungsdienstleistungen und Lobbying.
Der Prozess geht am Freitag mit der Zeugenaussage des früheren Telekom-Generaldirektors Heinz Sundt weiter. Danach gibt es eine längere Sommerpause. Wahrscheinlich wird der Prozess erst in gut zwei Monaten fortgesetzt. Als Verhandlungstermine stehen der 9., 10. und 11. September im Raum. Da soll dann auch der scheidende Telekom-Konzernchef und künftige Vodafone-Deutschland-CEO, Hannes Ametsreiter, als Zeuge einvernommen werden.
Links:
- Mensdorff-Prozess: Aussage des Kronzeugen (wien.ORF.at; 25.6.2015)
- Tetron-Affäre: Mensdorff will Freispruch (wien.ORF.at; 24.6.2015)
- Tetron-Prozess: Nemsic als Zeuge (wien.ORF.at; 29.6.2015)