„Mahü“: Neue Einbahnen gegen Verkehr

Durch die verkehrsberuhigte Mariahilfer Straße ist der Verkehr im 6. und 7. Bezirk zurückgegangen. Jetzt sollen weitere Einbahnen den Durchzugsverkehr reduzieren. Das Ausweichen vom Gürtel soll so unbequem wie möglich werden, sagte der Verkehrsplaner Harald Frey.

Die Mariahilfer Straße kann jetzt an zwei Stellen gequert werden, von der Stumpergasse in die Kaiserstraße und von der Schottenfeldgasse in die Webgasse. Die Wirtschaftskammer und der ÖAMTC wollen mehr Querungen, etwa in der inneren Begegnungszone bei der Theobaldgasse. „Es gibt keinen Grund, warum man nicht alle Querungsmöglichkeiten aufmacht. Es ist überwiegend lokaler Verkehr. Niemand wird aus dem 22. Bezirk hinpendeln, um genau dort die Mariahilfer Straße zu queren. Es ist nur eine Erschwernis für die Anrainer“, sagt Bernhard Wiesinger vom ÖAMTC.

Der Verkehrsplaner Harald Frey vom Institut für Verkehrswissenschaften an der TU Wien, der an der Konzeption der Verkehrsberuhigung maßgeblich beteiligt war, lehnt das im wien.ORF.at-Interview ab. Er erklärt auch, warum Einbahnen gedreht wurden und was das Ziel der Verkehrsberuhigung war.

wien.ORF.at: Sollen aus Ihrer Sicht weitere Querungen geöffnet werden, etwa bei der Theobaldgasse?

Frey: „Wir haben jetzt ausreichend Querungen, insbesondere im oberen Bereich, wo der Abstand zwischen Gumpendorfer Straße und Burggasse viel breiter ist. Nach unten wird es dann ja schmäler. Oben war es sinnvoll, zwei Querungen vorzusehen. Wir müssen jetzt aufpassen, dass wir in den umliegenden Bezirken nicht mehr Autoverkehr anziehen.“

„Die Querung bei der Theobaldgasse haben wir lange diskutiert. Aber wir haben unten den Bus, wir haben sehr hohes Fußgängeraufkommen. Ich würde davor warnen, eine zusätzliche Querung aufzumachen. Es hat sich jetzt im System ein gut funktionierendes Gesamtoptimum eingestellt. Jede weitere Querung bedeutet in den Bezirken mehr Kfz-Verkehr.“

Harald Frey

ORF

Querung in die Webgasse

wien.ORF.at: Straßen wie die Stollgasse oder die Schmalzhofgasse sind stärker belastet als vorher. Wie kann den Anrainern geholfen werden?

Frey: „In den Gassen, wo es mehr Belastung gibt, müssen wir nachbessern. Die Einbahnführungen müssen adaptiert werden. Wir haben im siebenten und insbesondere im sechsten Bezirk ein sehr offenes Einbahnsystem, verhältnismäßig. Es ist noch immer sehr bequem, durch das unterrangige Netz den Stau am Gürtel über die Mariahilfer Straße und den sechsten und siebenten Bezirk zu umfahren. Das muss mit einem adaptierten Einbahnsystem unterbunden werden, auch im Sinne der Anrainer.“

wien.ORF.at: Es soll für Autofahrer also so ärgerlich wie möglich werden, damit man diese Ausweichroute nicht mehr nützt.

Frey: „Das Zufahren für Anrainerinnen und Anrainer und den Zulieferverkehr soll möglich sein, aber nicht, dass ich bequeme Ausweichrouten schaffe, wenn am Gürtel Stau ist.“

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Radfahrer und Fußgänger

„Die Radfahrer sind gefährlich“ oder „Die Fußgänger gehen nicht in der Mitte“: Was aus diesen Behauptungen geworden ist, sehen Sie im „Wien heute“-Video.

wien.ORF.at: Im siebenten Bezirk wurde etwa die Einbahn auf der Schottenfeldgasse umgedreht, ein Beispiel von mehreren gedrehten Einbahnen. Viele Autofahrer fühlen sich dadurch gefrotzelt. Warum macht man solche Maßnahmen?

Frey: "Das war ein erster Schritt zur Unterbindung des Durchzugsverkehrs. So groß kann die Frotzelei nicht sein, wir haben noch immer ein nicht unwesentliches Verkehrsaufkommen. Dieses Kreisen um den Häuserblock wird von vielen viel bequemer empfunden als die Ausweichrouten am Gürtel.

In der Schottenfeldgasse wäre mein Vorschlag, diese ein zweites Mal zu brechen, damit gar nicht die Intention entsteht, ich kann die Schottenfeldgasse geradeaus durchfahren. Man muss den Autofahrern klar machen, dass sie im unterrangigen Netz im Wohngebiet sind. Wenn sie nach Süden weiterfahren wollen, dann bitte auf den hochrangigen Straßen."

Harald Frey

ORF

Verkehrsplaner Harald Frey

wien.ORF.at: Kritiker sagen, gerade die Grünen machen die Einbahnen, jetzt sind weite Umwege notwendig, etwa über den Gürtel. Das sei eine zusätzliche Umweltbelastung.

Frey: „Es ist entscheidend im Gesamtsystem, da haben wir 10.000 bis 12.000 Fahrzeuge weniger. Die, die wirklich hierher müssen, haben es heute viel bequemer, weil alle anderen weggefallen sind. Wenn jemand heute mit dem Auto auf die Mariahilfer Straße muss, weil er etwas zuliefern muss, weil er das Fahrzeug braucht, weil er gehbehindert ist, dann haben wir heute viel bessere Bedingungen für ihn geschafft. Und es sind insgesamt weniger Autos unterwegs.“

wien.ORF.at: Das Ziel ist also, dass nur die mit dem Auto in die Mariahilfer Straße fahren sollen, die wirklich müssen.

Frey: „Das ist ein Konzept, dass für die gesamte Stadt gelten muss. Das Auto nur dann zu benützen, wenn es wirklich sinnvoll und notwendig ist. In diese Richtung zielt die Verkehrspolitik nicht nur der Stadt Wien, sondern vieler europäischer Städte ab, die sich das Ziel Lebensqualität gesetzt haben.“

Das Gespräch führte Peter Unger, wien.ORF.at

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