Die polarisierende Politikerin Stenzel

Von einer Innenstadt ohne Alkohol bis zu einem Demoverbot am Ring: Ursula Stenzel hat sich seit ihrem Quereinstieg in die Politik 1996 selten ein Blatt vor den Mund genommen. Nun könnte sie für die FPÖ zur Bundespräsidentenwahl antreten.

Stenzel, geboren am 22. September 1945 in Wien, lebt seit ihrer Kindheit in der Inneren Stadt. Als Nachrichtensprecherin und Moderatorin des ORF, Korrespondentin und außenpolitische Kommentatorin wurde sie weit über die Grenzen Österreichs hinaus bekannt. Das half Stenzel dann auch bei ihrem Schritt in die Politik: Für die ÖVP trat sie 1996 bei den Europawahlen an und gewann. Bis 2005 war die streitbare Politikerin EU-Abgeordnete und Delegationsleiterin der ÖVP im Europaparlament.

VP-Bezirksvorsteherin Ursula Stenzel am  02. August 2012, während eines Interviews mit der APA-Austria Presse Agentur in Wien

APA/Herbert Pfarrhofer

Ursula Stenzel kämpfte unter anderem für Fahrradnummerntafeln

Sie bekleidete dort unter anderem Funktionen im Ausschuss für Auswärtige Angelegenheiten, war Stellvertreterin im Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten sowie im Haushaltskontrollausschuss. Ihren Schwerpunkten blieb Stenzel treu: Sie war etwa auch Koordinatorin des EU-Unterausschusses für Sicherheit und Verteidigung, Vorsitzende der Korea-Delegation und Präsidentin der Österreichischen Föderation der Europahäuser.

Von Europa in die Wiener Innenstadt

2005 wechselte sie die Fronten und zog - parteiintern nicht unumstritten - für die Volkspartei in den Kampf um den Bezirksvorsteher in der Inneren Stadt. Dort konnte sie nicht nur den ersten Platz verteidigen, sondern massiv zulegen: Die Volkspartei kam auf 43,27 Prozent und damit auf 10,16 Prozentpunkte mehr als 2001.

Als City-Chefin war Stenzel nicht weniger polarisierend: So forderte sie etwa ein nächtliches Fahrverbot in der Inneren Stadt, ein Ästhetikmanifest für die City, wollte Hausbesitzer bei Hitze zwingen, die Gehsteige besser zu reinigen, um Gestank zu vermeiden, und überlegte die Einführung der City-Maut. Radrowdys wollte sie per Nummerntafel zur Vernunft bringen.

Häupl und Partyvolk wenig begeistert

Mit anderen Politikern krachte Stenzel dabei immer wieder zusammen. So erklärte etwa Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) nach einem Disput über den Bau einer Garage, mit Stenzel nur noch vor Zeugen reden zu wollen. Auch beim Wiener Partyvolk stieß Stenzel im Streit über Feier- und Clubkultur rund um den Schwedenplatz auf wenig Begeisterung: 2011 wurde ihr sogar der Song „Ursula, stress ned“ - ein Cover von „Barbra Streisand“ von Ducksauce - gewidmet.

Bezirksvorsteherin Ursula Stenzel

ORF

Für die Wien-Wahl 2015 wechselte Ursula Stenzel von der ÖVP zur FPÖ

In der Gestaltung der Wiener City war mit der heute 69-Jährigen immer zu rechnen: Unter anderem machte sie sich für die Untertunnelung des Schwedenplatzes stark. Auch parteiintern sorgten ihre Ideen mitunter für Debatten: Die Volkspartei sei „zu liberal“ und verschrecke dadurch Wähler, ließ sie Parteifreunde etwa wissen. Als Beispiel nannte sie die Zustimmung der Volkspartei zur Eingetragenen Partnerschaft für Homosexuelle. Auch zur Kandidatur des (damaligen, Anm.) Salzburger Jung-VP-Chefs und Muslim Asdin El Habbassi für den Nationalrat äußerte sie sich skeptisch.

Stenzel bei Wien-Wahl auf FPÖ-Liste

Stenzel war mit dem Kammerschauspieler Heinrich Schweiger verheiratet, der 2009 verstarb. Bei der Wien-Wahl im Oktober 2015 wechselte Stenzel dann die Partei und trat als unabhängige Kandidatin auf der FPÖ-Liste an, nachdem die ÖVP nicht sie sondern Markus Figl als Spitzenkandidat im ersten Bezirk nominierte. Die ÖVP sprach von einem „Generationenwechsel“ - mehr dazu in Ursula Stenzel wurde abgewählt und in ÖVP über Stenzel-Wechsel schockiert.

Die Blauen schafften mit Stenzel letztlich 18,73 Prozent und landeten damit im ersten Bezirk auf dem dritten Platz es immerhin auf den dritten Platz. Die ÖVP landete mit 25,68 Prozent - und einem Mini-Vorsprung von 137 Stimmen auf die SPÖ - auf Platz eins - mehr dazu in Erster Bezirk bleibt doch schwarz. Stenzel musste damit ihr Amt als Bezirksvorsteherin an Figl abgeben, was ihr offensichtlich schwer fiel - denn den Termin für die Konstituierung des neu gewählten Bezirksparlaments hatte sie zuletzt hinausgezögert - mehr dazu in Figl übernimmt von Stenzel.