Kubin und Feininger in der Albertina

Kubin düster und unheimlich, Feininger bunt, mit unbeschwertem, oft karikaturhaftem Strich: Die Albertina zeigt bis 10. Jänner in der Schau „Lyonel Feininger - Alfred Kubin. Eine Künstlerfreundschaft“ rund 100 Gemälde und Grafiken.

Der Ausstellungstitel ist falsch. Oder zumindest nicht ganz zutreffend. Das sagt nicht irgendwer, sondern Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder selbst. „Eine Künstlerfreundschaft“ im strengen Sinn habe zwischen Alfred Kubin und Lyonel Feininger nicht existiert. „Es war eine Brieffreundschaft“ zweier Künstler, die nicht viel mehr gemein hatten „als die Überzeugung, dass die Gegenwart ungenügend ist“.

Sowohl Kubin (1877-1959), von dem die Albertina dank einer Verfügung des Künstlers ein Konvolut von 2.000 Arbeiten besitzt (und dafür gemeinsam mit dem oberösterreichischen Landesmuseum nur drei Jahre eine Leibrente zahlen musste), als auch Feininger (1871-1956) haben ein einprägsames Werk von großer Kraft und Breitenwirkung geschaffen: Kubin düster und unheimlich, Feininger bunt, mit unbeschwertem, oft karikaturhaftem Strich.

Lyonel Feininger, Auf der Stadtmauer, 1911

Albertina, Wien - Sammlung Batliner

Lyonel Feininger: Auf der Stadtmauer, 1911

Dem Auge wird viel geboten

Anhand von rund 100 Gemälden und Grafiken werden verschiedene Themenbereiche präsentiert und die Resultate gegenübergestellt. „Sie können vergleichen - und werden zum Ergebnis kommen, dass sie sehr unterschiedlich sind“, sagte Albertina-Kuratorin Eva Michel.

Michel hat den Kubin-Teil der Schau betreut, der Feininger-Forscher Ulrich Luckhardt, Leiter der Internationalen Tage Ingelheim, den übrigen Teil. Von Luckhardt, der die Korrespondenz der beiden Künstler wissenschaftlich bearbeitet hat, stammt auch das Konzept der Schau, die zuvor in Ingelheim (Rheinland-Pfalz) zu sehen war.

Alfred Kubin, Selbstbetrachtung, um 1901/02

Albertina, Wien - Sammlung Batliner

Alfred Kubin, Selbstbetrachtung, um 1901/02

Brieffreundschaft für Albertina kein Thema

„Sehr geehrter Herr College, von den heutigen Zeichnern schätze ich Sie ganz besonders“ beginnt Alfred Kubin am 25. November 1912 die Korrespondenz mit Feininger, dem er einen Tausch von Arbeiten vorschlägt. „Es ehrt mich ungemein, dass Ihnen daran liegt, eine Zeichnung von mir zu besitzen; ich, meinerseits, bin schon seit Jahren ein warmer Verehrer ihrer Arbeit und Ihr Schuldner für manchen Genuss;“, antwortet Feininger schon zwei Tage später, "eigentlich lebe ich ein wenig in Ihrem geheimnisvollen Lande („Die andere Seite"), es ist mir sehr wirklich. Eine eigene Welt habe ich ja auch.“

Ausstellungshinweis:

„Lyonel Feininger - Alfred Kubin. Eine Künstlerfreundschaft“, Albertina, 4.9.2015 bis 10.1.2016; täglich 10.00 bis 18.00 Uhr, Mittwoch 10.00 bis 21.00 Uhr; Katalog, erschienen im Verlag Hatje Cantz, 312 S., 29 Euro.

37 Briefe zwischen den Beiden finden sich im Katalog abgedruckt, der letzte aus 1919. Ausgestellt ist kein einziger davon. „Die Albertina ist kein Museum, das grafologische Interessen pflegt und Briefe auflegt“, begründete Schröder diesen Umstand auf Nachfrage. Aus dem Auflegen des Briefwechsels sei kein „besonderer Erkenntnisgewinn“ zu erwarten.

Immerhin ein musealer Bereich, den die Albertina kampflos der Konkurrenz überlässt. Im Leopold Museum, wo man etwa 2012 in der Ausstellung „Klimt persönlich“ ein 84 Meter langes „Vitrinenband“ mit Postkarten und Briefen gestaltet hatte, wird man das mit Interesse zur Kenntnis nehmen.

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