Junge und die Angst vor der FPÖ

Die Wien-Wahl könnte zu einem „Duell um Wien“ werden. Wer wird stimmenstärkste Partei, die SPÖ oder die FPÖ? Einige junge, hippe Wiener erzählen in der wien.ORF.at-Reportage, dass sie strategisch eher SPÖ statt Grün wählen wollen, um die FPÖ zu verhindern.

Reportageserie

Wie reden die Wienerinnen und Wiener über Politik und die Wien-Wahl am 11. Oktober? Dazu lesen Sie auf wien.ORF.at Reportagen aus verschiedenen Teilen der Stadt.

„Ich werde auf keinen Fall die FPÖ wählen. Alleine schon wegen der Stimmungsmache gegen Flüchtlinge kommt das für mich nicht in Frage. Seit Jahren ist die SPÖ die stärkste Partei hier. Das ist generell nicht so verkehrt, außerdem liegt mir leistbares Wohnen sehr am Herzen. Hauptsächlich geht es bei meiner Entscheidung aber darum, Strache zu schaden“, sagt Tilman, Musik-Student. Er sitzt mit seinen zwei Freunden Christian und Teresa, alle Ende 20, im „Radlager“.

Duell zwischen SPÖ und FPÖ ist Mehrheit bewusst

Italienischer Espresso, Pastrami-Sandwiches und sündhaft teure Rennräder: Im „Radlager“ auf der Wieden gibt es alles, was das Hipster-Herz höherschlagen lässt. Wer hier einkauft und abhängt, macht das nicht zufällig und hat in der Regel keine Geldprobleme. Da ist man in der Regel wohl eher dafür, dass das meiste so bleibt, wie es ist. Und das garantiert am ehesten die SPÖ. Daher ist dieses Mal offenbar auch „strategisches Wählen“ angesagt.

Außenansicht Radlager

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Das Radlager von außen

Laut aktuellen Umfragen ist es derzeit ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen FPÖ und SPÖ. Das Duell dient der SPÖ auch der Mobilisierung. Bereits Ende Juni brachte sie das „Blaubuch FPÖ“ heraus, indem die „Pleiten und Pannen“ der FPÖ aufgelistet werden - mehr dazu in Häupl schwört Partei gegen FPÖ ein. Die Strategie der SPÖ scheint zu wirken, zumindest wenn man sich bei jungen Wählern umhört.

Die drei Freunde im „Radlager“ etwa, die sich durch ihr Studium kennen, sind sich zumindest einig, dass sie eine starke FPÖ verhindern wollen. Wie sie das am 11. Oktober erreichen wollen, diskutieren sie angeregt. „Ich bin noch im Zwiespalt. Vielleicht werde ich ungültig wählen. Was ich mir aber überlege: Vielleicht wäre es gar nicht so schlecht, wenn einmal Strache in die Regierung kommt? Das wäre dann bestimmt so ähnlich wie bei Jörg Haider, dass alles total abstürzt sobald die FPÖ Verantwortung übernommen hat“, sagt Christian.

„SPÖ ist einzige Partei, die dagegen halten kann“

„Ich glaube nicht, dass ungültig zu wählen, etwas hilft. Ich bin dafür einen Gegenpol zu bilden. Aber ich weiß auch noch nicht, wen ich strategisch wählen soll“, widerspricht Teresa. Auch im Cafe Kafka bei der Mariahilfer Straße - bekannt für seine Besucher, die sich gerne mit einer Zeitung für mehrere Stunden dort aufhalten oder miteinander philosophieren - löst die Frage nach der Wahl eine Diskussion aus.

Innenansicht vom Cafe Kafka

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Das Cafe Kafka von innen

„Ich will verhindern, dass die FPÖ stark sein wird. Die SPÖ ist die einzige Partei, die dagegen halten kann. Taktik zählt für mich dieses Mal mehr als Inhalte“, sagt auch Michaela, die selbstständige Künstlerin ist. Viktoria, sie unterrichtet an einer Wiener AHS, ist anderer Meinung: „Ich habe zwar auch Angst, aber ich will trotzdem aus Überzeugung wählen. Ich wähle wieder die Grünen. Mir gefallen ihre Projekte, etwa auch die Mariahilfer Straße, und ihre Politik, die nicht korrupt ist.“

„Yanis Varoufakis ist mein Idealpolitiker“

Der Kellner, der sich Schindler nennt, kommt vorbei und serviert ab. Während er das Tablett wegträgt, meint er: „Man sollte auf jeden Fall links wählen. Wen ich wählen werde, weiß ich noch nicht. Ich bin derzeit mit keinem Politiker zufrieden. Jemand wie Yanis Varoufakis wäre mein Idealpolitiker.“ 2010 war die SPÖ die stärkste Partei bei den unter 30-Jährigen. Sie erlangten 43 Prozent der Stimmen. Am zweiten Platz lag die FPÖ mit 23 Prozent, gefolgt von den Grünen mit 20 Prozent.

„Mir gefällt Wien so wie es ist“

Erneuter Szenenwechsel in das Cafe Phil in der Gumpendorfer Straße in Mariahilf. Neben Kaffee und kleinen Speisen, gibt es auch jede Menge CDs von alternativen Musikern, Independent-Filme und Bücher - darunter etwa ein Werk vom linken Philosophen Slavoj Zizek - zu erstehen. Auch die Einrichtung kann gekauft werden. Bianca und Susanna sitzen nebeneinander auf einer Couch und trinken gerade einen Tee. Sie sind beide Studentinnen und arbeiten geringfügig.

Innenansicht Cafe Phil

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Das Cafe Phil in der Gumpendorfer Straße

Bianca meint, dass sie weiß wählen wird, weil ihr kein Politiker derzeit zusagt. Susanna sagt hingegen: „Ich werde wieder den Häupl (SPÖ) wählen. Der Häupl ist besser als der Strache und der Einzige, der gegen den Strache halten kann. Mir gefällt Wien so wie es ist und ich denke mir, der Häupl hat ein gutes Verständnis, was in der Stadtpolitik umsetzbar ist.“ Die beiden sind sich einig, dass sowohl Bildung als auch Wohnbau die wichtigsten Themen in der Stadtpolitik sind.

Ben Hermes, ein zukünftiger Architekt, sagt: „Für mich kommen nur die Grünen in Frage, weil sie sich für das Urbane und junge Menschen einsetzen.“ Er sieht sich mit seiner Freundin gemeinsam ein Design-Buch an. Für Tobias, 28 Jahre alt und Student der Japanologie muss wiederum das Gesamtpaket passen, welche Partei das dieses Mal sein wird, weiß er noch nicht. Sein Begleiter, der Sozialarbeiter Peter, würde die Grünen wählen, „weil sie die einzigen sind, die sich für ein bedingungsloses Grundeinkommen einsetzen und nicht korrupt sind.“

Lisa Rieger, wien.ORF.at

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