Zahl der Asylanträge in Wien gestiegen

Die Zahl der Asylanträge in Wien ist am Montag merklich gestiegen. Viele Flüchtlinge sind verunsichert, weil sie nicht wissen, wie es weitergeht. Für sie bleibt Wien eine unfreiwillige Zwischen- oder auch Endstation.

An die 2.000 Flüchtlinge hielten sich Montagabend auf den beiden großen Wiener Bahnhöfen auf. Wie auf dem Westbahnhof kontrollierten die ÖBB auch auf dem Hauptbahnhof den Zugang zu den Bahnsteigen. Die Flüchtlinge seien am Abend nach und nach vom Roten Kreuz und der Berufsrettung in Quartiere gebracht worden, berichtete ein Polizeisprecher.

Große Verunsicherung bei Flüchtlingen

Man werde in der Nacht auf Dienstag wieder 5.000 Betten brauchen, sagte Sprecher Patrick Maierhofer zu wien.ORF.at. Die Polizei ging aber davon aus, dass höchstens Einzelne auf den Bahnhöfen übernachten müssen, die Menschen würden laufend in Quartiere gebracht. Die Verunsicherung bei den Flüchtlingen war tagsüber sehr groß, sagte Klaus Schwertner von der Caritas. Viele würden glauben, dass die Grenze nach Deutschland komplett zu sei, dabei wird nach Angaben der deutschen Behörden nur kontrolliert.

Es sei sehr schwierig, Prognosen abzugeben, wie viele Flüchtlinge noch nach Wien kommen würden, so Polizeisprecher Patrick Maierhofer. Viele Flüchtlinge würden auch auf eigene Faust mit Taxis reisen. Außerdem waren Menschen am Montagabend von Nickelsdorf zu Fuß nach Wien unterwegs.

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„Wien heute“-Video

Eine Reportage vom Westbahnhof von Patrick Budgen. Viele Flüchtlinge wussten nicht, wie es weitergeht.

„Frau Merkel hat gesagt, wir können kommen“

„Vor drei Wochen hat Frau Merkel gesagt, wir können kommen. Jetzt wissen wir nicht, wie es weitergeht“, sagte Hussein aus Syrien gegenüber „Wien heute“. Er sitzt im Rollstuhl und will mit seinem Begleiter zu seiner Familie nach Deutschland. Immer mehr Flüchtlinge denken daher um und stellen in Österreich Asylanträge: Am Sonntag waren es in Wien 130, am Montag 150. Die Unsicherheit war auch für die etwa 150 freiwilligen Helfer eine Belastung. „Es gibt ständig andere Informationen, niemand weiß, wie es weitergeht“, sagte Schwertner am Montagnachmittag. Nicht zuletzt dank der Helferinnen und Helfer blieb die Lage auch am Montag ruhig.

Es könne derzeit nicht seriös abgeschätzt werden, wie viele Flüchtlinge in den nächsten Stunden und Tagen nach Wien kommen, sagte auch der Wiener Flüchtlingskoordinator Peter Hacker. Man sei da von „einem größeren Ganzen“ abhängig. „Das, was dabei auf Wien fällt, ist sicher bewältigbar“, so Hacker. Daher werden weiter Notquartiere in der Stadt gesucht - mehr dazu in Wien erweitert auf 4.800 Notplätze.

Dazu kommen die Plätze in den Pfarren. Die Erzdiözese etwa will laut Flüchtlingskoordinator Rainald Tippow die Kapazitäten von 700 Schlafplätzen in Pfarrsälen und ähnlichen Räumlichkeiten auf mehr als 1.500 aufstocken - mehr dazu in Flüchtlinge zu EU-Aufnahmequoten (oe1.ORF.at). Auch die Islamische Föderation Wien stellt derzeit 400 Schlafplätze in Simmering zur Verfügung.

Familientageszentrum am Westbahnhof

Die Stadt richtete inzwischen auch ein Tageszentrum für Flüchtlingsfamilien am Westbahnhof ein. Das connect.family.day.center wurde im dritten Geschoß der Bahnhofsgarage geschaffen. Es soll zur Entspannung der Situation auf den Bahnsteigen beitragen. Auf 2.500 Quadratmetern stehen Versorgungsstationen, Ruhebereiche, Wickelstationen, Stillecken und Spielflächen für Kinder zur Verfügung. Das Tageszentrum ist täglich von 7.00 bis 24.00 Uhr geöffnet.

Tageszentrum in Parkgarage am Westbahnhof

ORF

Tageszentrum für Flüchtlinge in der Parkgarage

Taxis holen täglich rund 1.000 Flüchtlinge

Am Montag seien zwischen 70 und 150 Taxis täglich im Einsatz gewesen, um Flüchtlinge kostenlos von der Grenze bei Nickelsdorf nach Wien zu transportieren, hieß es in einer Aussendung der Wirtschaftskammer Wien. Täglich würden so rund 1.000 Menschen in die Bundeshauptstadt gebracht. Innerhalb Wiens würden die Taxis ebenfalls Fahrten durchführen - etwa von den Bahnhöfen zu Hilfseinrichtungen. Auch in den kommenden Tagen rechne man mit mehreren hundert Fahrten. „Wir stehen diesbezüglich auch in Kontakt mit den Behörden, um gezielt dort zu helfen, wo wir gebraucht werden“, wurde Gökhan Keskin, Fachgruppenobmann der Wiener Taxibetriebe, zitiert.

Erneut Fluchthilfekonvoi von Wien

Nach privaten Autokonvois aus Österreich zur Fluchthilfe für in Ungarn gestrandete Menschen brachen am Montag auch aus Deutschland Fahrzeuge in Richtung Györ auf. Österreicher schlossen sich dem Tross an, wie die Initiatoren der heimischen Konvois mitteilten. Die Aktivisten legten am Nachmittag einen Zwischenstopp beim Ernst-Happel-Stadion ein - mehr dazu in Privatkonvoi brachte 185 Flüchtlinge nach Wien (wien.ORF.at; 13.9.2015).

Bundesheer auch in Wien im Einsatz

Das Bundesheer wird in der Flüchtlingskrise an den Grenzen aushelfen müssen. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) kündigte am Montag an, dass dem Ersuchen des Innenministeriums um einen Assistenzeinsatz stattgegeben werde. Außerdem sollen künftig bis zu 4.000 Mahlzeiten vom Bundesheer in Wien gekocht und verteilt werden. Details zur Verpflegungsunterstützung werden noch geklärt - mehr dazu in Bundesheer hilft künftig Polizei (news.ORF.at).

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