Flüchtlinge: Wehsely kritisiert Niederösterreich

In Wien werden neue Quartiere für 300 Flüchtlinge eingerichtet, in der Nacht waren rund 5.000 Notschlaftplätze belegt. Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) kritisierte mangelnde Solidarität Niederösterreichs.

„Den mir bekannten Zahlen zufolge lässt Niederösterreich komplett aus, und das, obwohl es sowohl auf dem Weg von Nickelsdorf nach Wien bzw. von Wien in die westlichen Bundesländer liegt. Es gibt geografisch keinen Grund, warum hier keine Verantwortung übernommen wird“, so Wehsely im Ö1-Mittagsjournal. Sie forderte mehr Unterstützung für Flüchtlinge auch in Niederösterreich: „Wenn wir von der Europäischen Union Solidarität fordern, dann fordere ich das auch von den anderen Bundesländern.“

Laut Rotem Kreuz stellt Wien aktuell mindestens 5.000 Notquartiere zur Verfügung, in Niederösterreich sind derzeit lediglich 200 Plätze verfügbar. Kärnten und Oberösterreich bieten laut Rotem Kreuz je 2.000, Salzburg und die Steiermark 1.000 bzw. 2.800 Notschlafstellen. In Tirol gibt es 330 Plätze, während in Vorarlberg - mangels Nachfrage - keine gemeldet wurden.

Neue Unterkünfte werden eingerichtet

Nach Angaben des Innenministeriums haben am Wochenende rund 21.000 Flüchtlinge Österreich erreicht. Der Großteil davon wollte Richtung Deutschland weiterreisen. Am Montag standen österreichweit über 14.000 Notquartiere für Neuankömmlinge bereit, berichtete Gerry Foitik, Bundesrettungskommandant des Österreichischen Roten Kreuzes (ÖRK).

Wie Foitik auf APA-Anfrage darlegte, hätten 8.700 Flüchtlinge die Nacht in Notquartieren verbracht. Weitere 2.400 Menschen waren in Sammelstellen untergebracht. Allein in Wien waren in den städtischen Flüchtlingsunterkünften rund 5.000 Notschlafplätze belegt, wie ein Sprecher des Flüchtlingskoordinators Peter Hacker der APA mitteilte. Insgesamt stünden derzeit an die 6.000 vom Fonds Soziales Wien organisierte bzw. von NGOs betreute Schlafstellen zur Verfügung.

Aktuellen Prognosen zufolge sollen in den kommenden Tagen jeweils 5.000 bis 6.000 Flüchtlinge ins Land kommen. Die Bundeshauptstadt wird dem Rechnung tragen, indem am Sonntagnachmittag mit der Einrichtung zweier neuer Unterkünfte begonnen wurde, die mindestens 300 weiteren Menschen Platz bieten sollen. 325 Flüchtlinge, die am Wochenende Wien erreicht hatten, suchten laut Polizei hier um Asyl an. Der Großteil der Schutzsuchenden will allerdings nicht in Österreich bleiben, sondern nach Deutschland weiterreisen.

Tausende Flüchtlinge auch in dieser Woche

Laut Innenministerium waren allein am Samstag etwa 11.000 Personen ins Bundesgebiet gekommen, wobei 10.500 von Ungarn aus ins Burgenland gelangten - jeweils die Hälfte davon in Nickelsdorf und in Heiligenkreuz. Rund 500 passierten die slowenisch-steirische Grenze. Am Sonntag strömten etwa 10.000 Schutzsuchende nach Österreich, wobei fast alle von ihnen die Grenze in Nickelsdorf überschritten.

Sollte es bei maximal 6.000 Neuankömmlingen pro Tag bleiben, „werden wir damit zurande kommen“, sagte ÖRK-Koordinator Foitik. Falls neuerlich Spitzen wie Anfang September mit täglich 15.000 bis 20.000 Flüchtlingen erreicht werden sollten, „werden wir uns nach der Decke strecken müssen“. Dann müsste man auch auf „eigentlich ungeeignete Infrastruktur“ zurückgreifen, beispielsweise Turnhallen ohne Duschmöglichkeit, in denen Isomatten ausgegeben werden, gab Foitik zu bedenken.

Besonders herausfordernd war der Flüchtlingseinsatz im Burgenland, an den Grenzübergängen Nickelsdorf und Heiligenkreuz kamen am Wochenende rund 20.000 Menschen nach Österreich - mehr dazu in Flüchtlinge: Arbeit geht weiter (burgenland.ORF.at).

Unterbrechung im Sonderlandtag

Der auf Antrag der FPÖ zum Thema gesetzliche Garantie der sozialen Sicherheit für Wiener stattfindende Sonderlandtag stand ebenfalls im Zeichen der Flüchtlingsdebatte. FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus hatte den Vorwurf erhoben, dass niemand differenziere, ob es sich bei den Flüchtlingen um „echte Flüchtlinge oder um illegale Zuwanderer“ handle: „Vor lauter Mitgefühl und Mitleid darf man den Verstand doch nicht ausschalten.“

Martin Margulies (Grüne) griff Gudenus frontal an: „Ich glaube, wenn man dem Kollegen Gudenus eine Waffe in die Hand drückt und ihn an die Grenze stellt, würde er nicht zögern abzudrücken. Aber bitte, wer weiß das schon“ - mehr dazu in Schreiduelle bei Wiener Sonderlandtag.

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