„Gemeinsam für Wien“ will „bunte“ Liste sein

Nach dem anfänglichen Hype befindet sich die Liste „Gemeinsam für Wien“ mitten in den Mühen der politischen Ebene. Ein prominenter Kandidat verließ die Liste im Streit. Spitzenkandidat Turgay Taskiran legt Wert darauf, dass die Liste „bunt“ ist und 20 Sprachen gesprochen werden.

Dreimal in der Woche macht die Liste „Gemeinsam für Wien“ nun Wahlwerbung am Rochusmarkt in der Landstraße, direkt vor dem U-Bahn-Ausgang. Ein großer Sonnenschirm wurde aufgespannt und ein Tisch mit Sesseln aufgestellt. „Besonders viel Budget haben wir ja nicht“, sagt Werner Bolek, der Bezirkskoordinator und Kandidat in Landstraße und auf der Landesliste. Ins Auge springen jedoch die türkisen Heliumballons, die vor allem Kinder anlocken, die dann ihre Eltern mitziehen.

Spitzenkandidat Turgay Taskiran ist auch anwesend und schüttelt eine Hand nach der anderen. Viele Interessierte sind nicht wahlberechtigt, unterstützen Taskiran aber bei seinem Vorhaben. „Er will, dass alle in Wien wahlberechtigt sind, die seit fünf Jahren hier leben“, sagt ein Sympathisant.

Turgay Taskiran

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Turgay Taskiran

„Friedliches Zusammenleben im Mittelpunkt“

Taskiran betont, dass „das wichtigste ein neues Zusammenleben ist. Niemand in der Gesellschaft soll ausgeschlossen werden, das ist unser oberstes Ziel. Schon in der Bildung soll dabei angesetzt werden, etwa dass Lehrerinnen und Lehrer interkulturell ausgebildet werden.“ Ebenso im Vordergrund steht, dass Wohnungen für sozial Schwache geschaffen werden müssen. „Die Mieten sind zu stark gestiegen, das muss unterbunden werden“, so Taskiran.

„Ein weiteres besonderes Anliegen von uns ist es, den Verkehr in der Stadt zu entlasten. Am Stadtrand sollen etwa Park&Ride-Anlagen geschaffen werden. Dann kann es von dort aus mit gratis Öffis weiter in die Stadt gehen“, sagt Taskiran. Angesprochen werden sollen „alle Wiener, die für ein friedliches Zusammenleben sind - egal woher sie kommen oder in welchem Alter sie sind“.

Prominenter Kandidat Unger bereits ausgetreten

Dabei spielt Taskiran auch auf den Vorwurf an, „Gemeinsam für Wien“ sei eine „türkische Liste“. Bolek sagt: „Wir wurden gleich am Anfang in eine Ecke gedrängt. Wir haben aber nicht nur türkischstämmige Mitglieder. Unsere Liste ist ganz bunt. Wir sprechen insgesamt 20 Sprachen und haben Vertreter aus allen Kontinenten und allen Religionen, die sich gemeinsam für ein friedliches Miteinander einsetzen.“

Straßenwahlkampf "Gemeinsam für Wien"

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Straßenwahlkampf beim Rochusmarkt

Dass das nicht immer so einfach ist, wurde erst kürzlich in den eigenen Reihen klar. Stephan Unger, Ex-ÖVP-Politiker und Architekt, wurde zuerst als Signal präsentiert, dass es „keine türkische Liste ist, sondern eine türkise Liste“, so Taskiran damals. Mittlerweile ist Unger jedoch schon wieder aus der Liste ausgetreten. „Bei einer jungen Bewegung hat jeder andere Erwartungen am Anfang. Bei Menschen aus elf verschiedenen Ländern ist es nun einmal schwierig, alle unter einen Hut zu bringen. Wegen Differenzen ist Unger dann ausgetreten“, begründet Taskiran.

„Gut, dass es Partei mit ‚neuen‘ Österreichern gibt“

Viele der Passanten haben noch nie von der türkisen Liste gehört, kommen aber zum Stand und holen sich Flyer. Eine Frau Mitte 30 ist mit ihrem Sohn unterwegs und sagt: „Ich weiß noch nicht, wen ich wählen werde, aber diese Liste klingt schon sehr interessant.“ Eine ältere Dame hingegen sagt: „Die sind keine Option für mich, weil für mich nur Österreicher in Österreich die Politik machen sollten und niemand anderer.“

Für eine 50-jährige Sozialpädagogin fehlen noch ein paar Antworten: „Ich habe gerade länger mit einem Mitglied gesprochen, aber ganz klar ist mir noch immer nicht alles. Ich finde es aber prinzipiell sehr gut, dass es eine Partei mit ‚neuen‘ Österreichern gibt.“ Ob das Ziel, die Fünf-Prozent-Hürde zu meistern, klappen wird, wird sich am 11. Oktober zeigen.

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