Staatsopern-Vorhang zeigt feministische Kunst

Die französische Künstlerin Dominique Gonzalez-Foerstner zeichnet für die Neugestaltung des Eisernen Vorhangs der Wiener Staatsoper verantwortlich. Sie hinterfragt dabei den scheinbaren Widerspruch von Frau und Künstlerin.

Ab sofort erwartet das Publikum der Staatsoper auf 176 Quadratmetern Gonzalez-Foerstners Reenactment eines Fotos, das im Jahr 1957 die Künstlerin Helen Frankenthaler in ihrem Atelier zeigte. Eine junge Frau inmitten ihrer großformatigen Werke, gekleidet in einen biederen weißen Rock und eine rosa Bluse.

Erschienen ist das Originalfoto damals im Life Magazin im Rahmen eines Farbfotoessays über eine neue Generation von Künstlerinnen, fotografiert wurde es von Gordon Parks, dem ersten schwarzen Fotoreporter des Magazins. Gonzalez-Foerstners Werk nennt sich ganz im Sinne dieser Konstellation „Helen & Gordon“.

Vorhang sehen 500.000 Menschen

„Es ist eine Freude, dass man ein Kunstwerk so vielen Leuten zeigen darf“, freute sich Staatsoperndirektor Dominique Meyer angesichts der 500.000 Menschen, die das Werk bis Ende Juni 2016 vor und nach den Vorstellungen sowie in der Pause zu sehen bekommen werden. „Ich bin auch ein bisschen sentimental, weil die Künstlerin auch Dominique heißt und nur 120 Kilometer von mir entfernt geboren wurde“, scherzte der Staatsoperndirektor, der sich glücklich schätzte, „diesmal eine Landsdame begrüßen zu dürfen“.

Die französische Künstlerin Dominique Gonzalez-Foerster und Staatsoperndirektor Dominique Meyer

APA / Helmut Fohringer

Dominique und Dominique in der Wiener Staatsoper

„Der Eiserne Vorhang ist volljährig“

Voll Freude ist auch Kathrin Messner von „museum in progress“, auf dessen Initiative der Eiserne Vorhang nunmehr zum 18. Mal künstlerisch bespielt wird. „Der Eiserne Vorhang ist volljährig“, so Messner, die daran erinnerte, dass die Aktion anfänglich auf viele Widerstände gestoßen, mittlerweile aber zur Tradition geworden sei.

Mit Gonzalez-Foerstner habe man diesmal „eine der wichtigsten Künstlerinnen unserer Zeit“ gewinnen können. Diese zeigte sich über die Einladung sehr erfreut, zumal sie in letzter Zeit begonnen habe, sich darüber Gedanken zu machen, „was die Oper im 21. Jahrhundert leisten kann“. Und so schlägt sie einen Bogen zur Künstlerin im 21. Jahrhundert und der Frage nach dem Ausstellen von Kunst und der Ausstellung der Frau.

20 Exemplare stehen zum Verkauf

Begleitend zur Neugestaltung des Eisernen Vorhangs ist auch eine 20 Exemplare umfassende Edition des Kunstwerks im Format 29 mal 32,2 cm entstanden, die inklusive Rahmen um 2.800 Euro erworben werden kann. Durch den Erwerb der Drucke soll ein Beitrag zur Fortsetzung der Ausstellungsreihe geleistet werden, die in diesem Jahr von der Helen Frankenthaler Foundation unterstützt wurde.

Helen Frankenthaler (1928-2011) vereinte als Malerin ein Leinwandkonzept, das sie sowohl als formalisiertes Feld wie auch als Arena für gestisches Zeichnen auffasste. Sie genoss hohes Ansehen unter den amerikanischen abstrakten Malern der zweiten Nachkriegsgeneration und gilt als Schlüsselfigur im Übergang vom abstrakten Expressionismus zur Farbfeldmalerei.

Die französische Künstlerin Dominique Gonzalez-Foerster und Staatsoperndirektor Dominique Meyer

APA / Helmut Fohringer

Der Vorhang zeigt die Künstlerin Helen Frankenthaler in ihrem Atelier

Feuerschutz und Kunstfläche

Dominique Gonzalez-Foerstner wurde 1956 in Straßburg geboren. Ihr vielseitiges Werk umfasst unter anderem Fotografie, Videokunst, Installation und Land Art. 1996 wurde sie mit dem Mies van der Rohe Award ausgezeichnet, 2002 erhielt sie den Prix Marcel Duchamp. Große Einzelausstellungen widmeten ihr unter anderem das Guggenheim Museum, die Tate Modern oder die Kunsthalle Zürich. Bis zum 1. Februar 2016 zeigt das Pariser Centre Pompidou die Schau „Dominique Gonzalez-Foerstner, 1887-2058“.

Der originale Eiserne Vorhang stammt von Rudolf Eisenmenger (1902-1994), der wegen seiner Leitungstätigkeit im Wiener Künstlerhaus zur Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft umstritten ist. Seit der Saison 1998/99 wird sein Eiserner Vorhang, den er 1955 zum „Orpheus und Eurydike“-Motiv geschaffen hat, in Kooperation mit „museum in progress“ alljährlich mit einem zeitgenössischen Kunstwerk überdeckt, das mittels Magneten auf dem 60 Tonnen schweren Feuerschutz befestigt wird.

Das Spektrum der Bespielung reichte dabei von Kara Walkers Scherenschnittsymbolik „Schattenwelt und Exorzismus“ (1998/1999) über Richard Hamiltons Zuschauerraumdopplung „Verzögerung in Eisen“ (2001/2002), Maria Lassnigs ironischem „Frühstück mit Ohr“ (2005/2006) bis zu David Hockneys iPad-Bild 2012/13, Oswald Oberhubers Ornament mit zahlreichen Komponistennamen 2013/14 und zuletzt Joan Jonas’ labyrinthischer Endlosschleife im Vorjahr.

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