Familie zum IS: Unbedingte Haftstrafen

Drei Mitglieder einer Wiener Familie sind am Donnerstag zu unbedingten Haftstrafen verurteilt worden. Sie sollen versucht haben, sich der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) anzuschließen.

Mit drei erstinstanzlichen Schuldsprüchen ist am Donnerstag im Wiener Straflandesgericht der Prozess gegen einen 20-jährigen Tschetschenen, seine um ein Jahr ältere, ihm nach islamischem Recht angetraute Frau und seine Mutter zu Ende gegangen. Sie wurden - nicht rechtskräftig - wegen Mitgliedschaft am Islamischen Staat (IS) zu unbedingten Freiheitsstrafen verurteilt.

IS-Unterstützung erwiesen

Der 20-Jährige erhielt zwei Jahre, seine Frau 19 Monate, die 39-jährige Mutter 21 Monate. Der Schöffensenat ging davon aus, dass sie im Juli 2014 versucht hatten, mit Hilfe eines Schleppers über Bulgarien und die Türkei nach Syrien zu gelangen, um sich dort der Terrormiliz IS anzuschließen - mehr dazu in Mit Frau und Mutter zum IS: Vertagt.

Ziel sei es jedenfalls gewesen, sich im IS-Gebiet niederzulassen, dort auf Dauer zu leben und die Ziele des IS zumindest psychisch zu unterstützen, meinte der vorsitzende Richter Daniel Rechenmacher in der Urteilsbegründung. Das genüge für einen Schuldspruch im Sinne der Anklage, wenn auch von einer „unterstmöglichen Unterstützung“ auszugehen sei.

Is-Prozess

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Der 20-jährige Angeklagte

Bei einem Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren erschienen dem Senat die verhängten Strafen „spezial- und generalpräventiv ausreichend“. Es müsse „ganz deutlich gezeigt werden, dass das in der westlichen Gesellschaft nicht akzeptiert wird“, sagte Rechenmacher. Die leugnende Verantwortung der Angeklagten sei „vollkommen unglaubwürdig“ und „durch objektive Beweismittel widerlegt“.

Urteil in IS-Prozess

Es war kein einfacher Prozess am Wiener Straflandesgericht. Am Donnerstag endete das Verfahren gegen eine Wiener Familie mit unbedingten Haftstrafen - nicht rechtskräftig.

Schlepper bereits verurteilt

Die Angeklagten - allesamt gebürtige Tschetschenen, die 2004 bzw. 2011 in Österreich um Asyl angesucht hatten - hatten sich in der am vergangenen Donnerstag begonnenen Verhandlung „nicht schuldig“ bekannt und versichert, sie wären nur deshalb in die Türkei gefahren, um in Istanbul die Dienste eines Heilers in Anspruch zu nehmen. Dieser hätte die kranke Mutter bzw. Schwiegermutter behandeln sollen. Die Frau leidet einem gerichtsmedizinischen Gutachten zufolge an Bluthochdruck, Depressionen und hysteroiden Panikattacken.

Der in erster Instanz bereits separat abgeurteilte Schlepper, der wiederholt IS-Sympathisanten über die Türkei nach Syrien geschleust hatte, gab am zweiten Verhandlungstag als Zeuge unter Wahrheitspflicht zu, die Angeklagten teilweise befördert zu haben - mehr dazu in Vier Jahre Haft für IS-Helfer. Deren endgültiges Reiseziel sei Syrien gewesen. Dort hätten sie die Mutter behandeln lassen wollen, die während der Fahrt „zwei oder drei Anfälle“ erlitten habe, behauptete der Zeuge.

Durch ungültige Visa aufgeflogen

Die Angeklagten gerieten in der Türkei aber zufällig in eine Polizeikontrolle. Da die Tschetschenen keine gültigen Visa vorweisen konnten, wurden sie in Schubhaft genommen und über Bulgarien zurück nach Österreich geschickt. Die 21-Jährige war zu diesem Zeitpunkt hochschwanger. Mittlerweile hat sie in der U-Haft einen Sohn zur Welt gebracht, den sie Osama nannte.

Aus religiösen Gründen hatte sie stets vollverschleiert den Gerichtssaal betreten, auf Ersuchen des Vorsitzenden, Zutun ihrer Verteidigerin Alexandra Cervinka und vor allem Kopfnicken ihres Ehemannes hin den Gesichtsschleier während der Verhandlung aber abgenommen.