Wohnraum für Flüchtlinge: Appell an Private

Der Verein „Vielmehr für Alle“ hat eine österreichweite Kampagne zur Privatunterbringung von Flüchtlingen gestartet. Ziel ist es, zumindest 1.000 Menschen in Privathaushalten, WGs oder bei Familien unterzubringen.

„Eigentlich wollte ich nach Deutschland, aber nun gefällt es mir in Wien ziemlich gut“, erzählt Omar, der vor einem halben Monat von Syrien nach Österreich gekommen war. Omar wurde zusammen mit seinem Bruder über das Projekt „1.000 x Willkommen“ in einem privaten Haushalt in Wien untergebracht.

Menschenwürdige Unterkünfte für Flüchtlinge

In Kooperation mit der Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH) und der Crowdfunding-Plattform Respekt.net startet der Verein „Vielmehr für Alle!“ eine gemeinsame Kampagne zur Unterstützung geflüchteter Menschen in Österreich. Das Ziel: bis 2016 mindestens 1.000 Menschen in Privathaushalten, Wohngemeinschaften und bei Familien unterzubringen. Bisher wurden laut Vereinsangaben bereits 81 private Wohnplätze über das Netzwerk vermittelt - und allein im August habe es rund 300 Neuanmeldungen von WGs und Familien gegeben.

„Die Unterkunft stellt bis heute eines der zentralen Probleme in der Asylpolitik dar. Menschen, die nach Österreich flüchten, müssen derzeit in Massenunterkünften, Zelten, unter losen Brettern oder auf dem nackten Boden schlafen. Das ist nicht nur ein menschenunwürdiger Zustand, sondern führt zu Ausgrenzung. Menschen, denen ein Zuhause verwehrt wird, können auch in der Gesellschaft niemals ankommen“, so die Vertreter der Kooperation.

Flüchtlinge am Hauptbahnhof

APA / Hans Punz

Flüchtlinge schlafen auf dem Wiener Hauptbahnhof

Ein offener Brief an alle österreichischen Gemeinden soll über das Thema Asyl informieren und Anregungen schaffen. Über die Struktur der ÖH werden Studierende aller Hochschulen einbezogen, zur freiwilligen Mitarbeit eingeladen sowie dazu aufgerufen, freie WG-Zimmer anzubieten. In jedem Bundesland steht ein Team Freiwilliger zur Verfügung, die Vermittlungen begleiten.

„Schauen, welche Konstellation am besten passt“

Das Projekt funktioniert im Grunde wie jede andere Wohnbörse. Eine WG oder ein Haushalt, der ein Zimmer zur Verfügung hat, kann sich anmelden und dieses anbieten. Geflüchtete Personen können ihre Suche nach einer Wohnmöglichkeit anmelden. „Wir schauen dann, welche Konstellation am besten zusammenpasst“, so ein freiwilliger Helfer von „1.000 x Willkommen“. Das erste Treffen wird dann von der Plattform organisiert und auch begleitet. Sind beide Parteien einverstanden, wird zusammen mit dem Verein die Finanzierung geklärt.

Der Wohnraum kann kostenlos oder gegen Miete zur Verfügung gestellt werden. Azra Bajrica, Obfrau des Vereins „Vielmehr für Alle!“, gibt zu bedenken, dass die Mietdeckelung bei 120 Euro liegt und die Differenz via Crowdfunding finanziert werden kann. Der Verein bleibt auch während des Zusammenwohnens Ansprechpartner, begleitet bei Behördenwegen und übernimmt die Rolle des Mediators, sollten Problemen auftauchen.

Integration durch Wohngemeinschaften

„Dort, wo eine Verbindung entsteht und geholfen wird, haben die Menschen auch keine Furcht mehr vor dem Fremden. Die Flucht bekommt ein Gesicht“, sagt Bajrica und nennt als Beispiel für eine funktionierende Integration den Ort Neudörfl im Burgenland. Asylwerbern und Flüchtlingen zu helfen hat für die nordburgenländische Gemeinde Tradition. Bereits Anfang der 1990er Jahre, als Kriegsflüchtlinge aus Bosnien nach Österreich gekommen waren, bot sie 30 Personen samt Familie im Kinderfreundehaus Unterkunft und integrierte die Menschen in die Gemeinde.

Omar schaffte es in die Türkei zu gelangen und von dort mit seinem Bruder zu Fuß nach Bulgarien zu kommen, von dort ging es weiter nach Serbien, Ungarn und schließlich nach Österreich. Beide sind froh, nun in Wien zu sein. Omar ist bildender Künstler und wohnt jetzt mit seinem Bruder bei einem Wiener Fotografen. Dieses Umfeld ermöglicht ihm, auch wieder als Künstler aktiv zu werden. Obwohl er erst seit zwei Wochen in Wien ist, habe er sich bereits mit Helfern von „1.000 x Willkommen“ angefreundet und sich integriert, wie er selbst sagt - seine Geschichte soll sich jetzt 1.000-mal wiederholen.

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