Explosion am Hohen Markt: Weiterer Psychiater

Der Prozess um die Brandstiftung am Hohen Markt, bei der im Vorjahr eine Frau ums Leben gekommen ist, wird nicht - wie ursprünglich geplant - am kommenden Donnerstag zu Ende gehen. Es wurde ein weiterer Psychiater bestellt.

Das Gericht gab einem Antrag der Anklagebehörde auf Beiziehung eines weiteren psychiatrischen Sachverständigen Folge - „zur Aufklärung nicht beseitigbarer Widersprüche in den Ausführungen des bisherigen Sachverständigen“, wie die vorsitzende Richterin Martina Krainz sagte.

Das Gutachten und die Ausführungen von Werner Soukop hatten Staatsanwalt Florian Pöschl veranlasst, zunächst für den Fall einer Verurteilung formal die Unterbringung des Angeklagten im Maßnahmenvollzug zu beantragen. Zugleich forderte der Staatsanwalt aber die Beiziehung eines weiteren Psychiaters, um klären zu können, ob die dafür vorliegenden Voraussetzungen überhaupt vorliegen. Verteidiger Ernst Schillhammer trat diesem Antrag bei. Da der zusätzlich zu bestellende Sachverständige einige Zeit zur Begutachtung des Angeklagten benötigen wird, ist mit einem erstinstanzlichen Abschluss des Verfahrens frühestens im Dezember zu rechnen.

Von Psychiater anfangs nicht so gefährlich eingestuft

Soukop bescheinigte dem Angeklagten zunächst Zurechnungsfähigkeit zum Tatzeitpunkt und damit grundsätzlich Schuldfähigkeit. Er sprach sich allerdings - sollte es zu einem Schuldspruch kommen - dafür aus, den 46-Jährigen im Hinblick auf das von ihm ausgehende Gefährdungspotenzial zusätzlich in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher einzuweisen. Das hätte zur Folge, dass der Mann nach Verbüßung der über ihn verhängten Strafe weiter so lange angehalten werden könnte, bis Experten ihn für nicht mehr gefährlich halten.

In einem ersten, mit Juli 2014 datierten Gutachten hatte der Gerichtspsychiater den Angeklagten allerdings noch nicht als derart gefährlich eingestuft, um einen allfälligen Maßnahmenvollzug im Sinne des §21 Absatz 2 Strafgesetzbuch für erforderlich zu halten. Er müsse diese Einschätzung nun aber „revidieren“, führte Soukop aus.

Psychiater: Neue Unterlagen bekommen

Ausschlaggebend dafür seien Unterlagen und Informationen, die ihm im Vorjahr noch nicht zur Verfügung standen. Der Angeklagte leide an einer schweren kombinierten Persönlichkeitsstörung narzisstischer Natur. In Kombination mit „Risikofaktoren“ sei der Mann als „nicht berechenbar“ anzusehen, sodass davon auszugehen sei, dass von diesem künftig „situationsbezogen Straftaten mit schweren Folgen zu erwarten sind“, sagte der Sachverständige.

Zu dieser Einschätzung gelangte Soukop, indem er unter anderem einen Beschwerdebrief des Angeklagten an die Volksanwaltschaft oder Angaben seiner Ex-Frau heranzog. Das Verhalten des 46-Jährigen nach der Tat, dessen Lebensweise oder Selbsteinschätzung sowie der typische „Charme eines Psychopathen“ und „läppisches Verhalten“, wie sich Soukop ausdrückte, seien weitere „Mosaiksteinchen“, die für eine Gefährlichkeit sprächen.

Frau unter Trümmern eingeklemmt und getötet

Laut Anklage sollte der 45-Jährige aus dem repräsentativen Eckhaus am Hohen Markt delogiert werden, in das er im Oktober eingezogen war. Für die Wohnung in der Marc-Aurel-Straße hatte er angeblich nicht eine einzige Monatsmiete bezahlt. Wenige Stunden vor der Räumung soll er in seiner Bleibe einen 15 Liter fassenden Kanister mit Benzin verschüttet und Feuer gelegt haben.

Die Detonation hatte verheerende Folgen: Das Zinshaus wurde verwüstet, die in der Nachbarwohnung schlafende 23-Jährige wurde von herabfallenden Mauerteilen getroffen und in den Trümmern eingeklemmt und getötet - mehr dazu in Großbrand mit Toter offenbar gelegt .

Mann nun wegen Mordes vor Gericht

Der Angeklagte war bereits im vergangenen Oktober vor Gericht gestanden - damals allerdings lediglich wegen Brandstiftung mit tödlichem Ausgang. Der Schöffensenat kam nach einem umfangreichen Beweisverfahren zum Schluss, dass Indizien dafür vorliegen, dass der 45-Jährige mit zumindest bedingtem Tötungsvorsatz gehandelt haben könnte. Es erging daher ein Unzuständigkeitsurteil - mehr dazu in Bei Brand getötet: Prozess zurück an den Start.

Deshalb musste sich der Mann bereits 4. August wegen Mordes im Straflandesgericht verantworten. Er bekannte sich nicht schuldig - mehr dazu in Mordprozess: Brandstifter bestreitet Absicht. Diese Darstellung hielt er nun weiter aufrecht: „Ich bleibe bei meiner Verantwortung, dass ich mit dem Vergießen des Benzins nichts zu tun hatte.“

Angeklagter: „Im Schock davongelaufen“

Dass seine Nachbarin „zu Tode gekommen ist, ist ein Wahnsinn“, sagte der Angeklagte. Mit dem Verschütten des Brandbeschleunigers habe er aber „überhaupt nichts zu tun“. Der Mann behauptete, er habe - wie jeden Dienstag - die Nacht auf den 16. April bei seiner Mutter verbracht. Mitten in der Nacht sei dann sein Hund unruhig geworden, daher habe er diesen äußerln geführt und dabei beschlossen, gleich in seine Wohnung in der Marc-Aurel-Straße zu gehen, wo er um 7.00 Uhr delogiert werden sollte - mehr dazu in Widersprüche bei Prozess um Brandstiftung .

Während seiner Abwesenheit müsse jemand in die Wohnung eingedrungen sein und dort „zufällig oder gefinkelt, ich weiß es nicht“ Benzin verschüttet haben, so zuletzt die Verantwortung des 45-Jährigen. Er habe sich in seinem Leben „nicht nur Freunde gemacht“. Als er seine Wohnung aufsperren wollte, sei „die Explosion losgegangen“. Er habe einen „Feuerball“ wahrgenommen, sei zurückgeschleudert worden und im Stiegenhaus zu Sturz gekommen. Er sei schließlich „im Schock davongelaufen“. Die Verhandlung wird am kommenden Donnerstag fortgesetzt.