Opfer von Hassverbrechen schweigen oft

Opfer von Hassverbrechen trauen sich vielfach nicht zur Polizei. Das hat eine Studie der IG Soziologie Forschung ergeben. Dabei wurden Gewalterfahrungen von Homo- und Bisexuellen, Transgendern und Intersexuellen (LGBTI) untersucht.

Die Studie wurde von den Gay Cops Austria in Auftrag gegeben. Rund fünf Prozent aller LGBTI in Österreich werden laut der Studie pro Jahr Opfer einer Körperverletzung. Im Vergleich zur übrigen Bevölkerung ist das Risiko dieser Personengruppe damit rund zehnmal so hoch, führte Patrick Hart von der IG Soziologie Forschung aus. Im Vergleich zu anderen Studien sei das allerdings als eine Untergrenze zu sehen. „Wir haben härteste Kriterien angelegt“, betonte der Forscher.

Das Problem der Studie begann schon damit, die Zielgruppe zu erreichen. Opfer von Hassverbrechen werden in der Kriminalstatistik - eine Anzeigenstatistik - nicht ausgewiesen. „Wir haben über Multiplikatoren in der Community Onlinefragebögen verschickt“, schilderte Hart. 660 Antworten gab es.

Hohe Dunkelziffer: 80 Prozent machen keine Anzeige

Die wichtigsten Ergebnisse: Österreichs LGBTI-Community macht rund 3,5 Prozent der Gesamtbevölkerung aus. Ihre Mitglieder werden jedes Jahr Opfer von rund 17.000 Körperverletzungen - bei rund 37.000 angezeigten derartigen Straftaten pro Jahr. 80 Prozent der Opfer von Körperverletzungen, die LGBTI sind, zeigen die Taten aber nicht an. Der wichtigste Grund ist laut IG mangelndes Vertrauen in die Polizei, der nicht zugetraut wird, die Fälle der LGBTI adäquat zu behandeln.

Das typische Opfer eines Hassverbrechens ist ein junger Mann zwischen 18 und 35, der in einem urbanen Umfeld lebt. Aber auch unter Frauen gibt es viele Opfer. Laut IG Soziologie Forschung ist es umso wahrscheinlicher, Opfer von Hassverbrechen zu werden, je jünger man ist. Besonders häufig ereignen sich solche Taten zwischen 21.00 und 3.00 Uhr an Wochenenden. Die Täter sind ebenfalls jüngere Männer zwischen 18 und 24 Jahren und treten kaum alleine auf, meistens in Gruppen von drei oder vier Personen. Den Opfern sind sie meist nicht bekannt. Besonders groß ist die Gefahr auf der Straße und in öffentlichen Verkehrsmitteln.

Rund 33 Prozent der LGBTI leiden nach Körperverletzungen unter posttraumatischen Belastungsstörungen, deutlich mehr als die 25 Prozent der Allgemeinbevölkerung. Allerdings wendet sich unter ihnen kaum jemand an Psychotherapeuten.

Gay Cops: Veränderungen bei Polizei notwendig

Dennis van der Veur von der EU-Grundrechtsagentur berichtete über eine ähnliche Untersuchung, welche seine Organisation vor zwei Jahren in den EU-Ländern und Kroatien mit mehr als 93.000 Befragten, davon rund 2.500 in Österreich, durchgeführt hatte. Die Zahlen seien ähnlich wie die der Studie der IG Soziologie Forschung gewesen. Rund 35 Prozent der Täter, die LGBTI als Opfer ausgesucht hatten, waren jugendlich. Van der Veur kündigte an, die Untersuchung zu wiederholen.

Josef Hosp, stellvertretender Vorsitzender der Gay Cops Austria, und Vorstandsmitglied Christina Gabriel betonten die Notwendigkeit für Veränderungen innerhalb der Polizei. Ziel ist unter anderem, spezielle Ansprechpartner für LGBTI bei der Polizei zu implementieren. Vorbild dabei ist unter anderem Berlin, wo es solche Beamte schon seit den 90er Jahren gibt.

Hosp: „Es gibt in der Steiermark ein Pilotprojekt, allerdings mit Anlaufschwierigkeiten.“ Eine Polizistin hat sich bereit erklärt, als Ansprechpartnerin für LGBTI zu fungieren. Allerdings gab es Skepsis: Für Schwule und Transgender sei eine Frau nicht optimal, schilderte Hosp. Auch in der Grund- und Fortbildung von Polizisten soll es nach den Vorstellungen der Gay Cops Maßnahmen für den Umgang mit LGBTI als Verbrechensopfer geben.

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