Langes Warten auf Strahlentherapie

Krebspatienten müssen in Wien oft monatelang auf eine Strahlentherapie warten, da es zu wenige Strahlengeräte gibt. Mediziner warnen, dass das die Heilchancen verringern kann. Ein Ausbau ist geplant, wird aber noch Jahre dauern.

In Wiens Spitälern stehen derzeit elf moderne Strahlengeräte. Zu wenig, um alle Krebspatienten im Großraum Wien abzudecken, dafür bräuchte es rund 20 Prozent mehr Geräte, sagt Robert Hawliczek, Bundesobmann für Strahlentherapie in der Ärztekammer, gegenüber Radio Wien.

Die Folge sind je nach Dringlichkeit oft monatelange Wartezeiten. Hawliczek: „Wenn man einen HNO-Tumor behandelt, der nicht operiert wird, sondern in vielen Fällen nur mit einer Kombination aus Strahlen- und Chemotherapie behandelt wird, da sind Wartezeiten sehr problematisch und können auch zu einer starken Benachteiligung des Patienten - was seine Heilungschancen betrifft - führen.“

Wien und Niederösterreich mangelversorgt

Für Hawliczek ist jede Wartezeit bei einer Krebstherapie von Nachteil. „Wenn der Tumor Zeit hat zu wachsen, dann führt das dazu, dass er ein größeres Risiko für den Patienten darstellt. Das ist auch der Grund, warum man die Früherkennung sehr ernst nimmt und versucht, die Tumore so früh wie möglich zu erkennen.“

Renate Brauner und  Tomas-Hendrik Knocke-Abulesz besichtigen den Linearbeschleuniger im Krankenhaus Hietzing

Pressefoto Votava

Linearbeschleuniger im Krankenhaus Hietzing

Ab wann die Wartezeit zu einer Verschlechterung der Heilungs- oder Überlebenschancen führt, kann nur schwer nachgewiesen werden und hängt auch von der Art des Tumors ab. Hawliczek: „Aber grundsätzlich gibt es Daten dazu, wenn auch sehr unscharfe. Wir liegen zum Teil deutlich über diesen Werten, die bekannt sind.“

Laut Hawliczek ist die gesamte Ostregion Österreichs stark mangelversorgt. „Für den Wiener Raum muss man Niederösterreich mitberücksichtigen, da die Grenzen der Stadt hier keine Rolle spielen und wir einen sehr großen Anteil an niederösterreichischen Patienten haben. Und wenn man diesen Gesamtbereich ansieht, dann haben wir eine starke Unterversorgung. Fakt ist, dass wir etwa 20 Prozent zu wenig Strahlengeräte haben.“

Anschaffungskosten in Millionenhöhe

Rund 60 Prozent aller Krebspatienten benötigen eine Strahlentherapie. „Viele Patienten brauchen nicht so wie früher nur eine Strahlenbehandlung. Durch die modernen technischen und medikamentösen Möglichkeiten kommt es dazu, dass Patienten oft in ihrer Behandlungskarriere sehr viele Behandlungen brauchen und der Bedarf damit tatsächlich explodiert“, so Hawliczek.

Veranstaltungshinweis:

Bis Samstag findet die Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Radioonkologie, Radiobiologie und Medizinische Radiophysik (ÖGRO) im Tageszentrum Schönbrunn statt.

Ein modernes Bestrahlungsgerät, ein so genannter Linearbeschleuniger, der ein breites Spektrum an Behandlungsmöglichkeiten bietet, kostet rund zwei Millionen Euro. Hawliczek: „Allerdings muss man dazurechnen, dass bauliche Maßnahmen aus strahlenschutztechnischen Gründen notwendig sind, die noch einmal so viel kosten.“

Hawliczek gibt jedoch zu bedenken, dass mit „so einer Maschine viele tausend Patienten behandelt werden können und sich daher die Kosten dann pro Patient sehr stark reduzieren“. Die Strahlentherapie sei die günstigste Krebsmedizin überhaupt, noch günstiger als die Chirugie. In den vergangenen zehn Jahren gab es außerdem eine starke technische Entwicklung. „Wir können punktuell Tumore ausschalten, ohne dass man wo hineinschneiden muss, ohne dass der Patient etwas spürt - und das mit sehr großer Sicherheit.“

Langsamer Ausbau in Wien

Um die Versorgungslücke zu schließen, wurde eine Bedarfsplanung in Auftrag gegeben. Die Studie wird vermutlich Anfang nächsten Jahres vorliegen. Auch der Rechnungshof der Stadt Wien beschäftigt sich mit den Ausbauplänen. Hawliczek rechnet damit, dass sich die Situation in Wien frühestens in vier Jahren signifikant verbessern könnte - mehr dazu in Strahlentherapie: Handlungsbedarf bestätigt (wien.ORF.at; 25.4.2015).

Doch eine Verbesserung in Wien reicht laut Hawliczek nicht, denn auch Niederösterreich müsste sich „stark bewegen“. Die Versorgung ist Länder- und nicht Bundessache. „Der Bund hat Vorgaben gegeben, wie eine zahlenmäßige korrekte Versorgung aussehen müsste, dass etwa 120.000 Einwohner mit einem Bestrahlungsgerät zu versorgen wären. Diese Vorgaben sind in den regionalen Strukturplänen politisch ignoriert worden.“

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