Nur knappe Mehrheiten für Rot-Grün

Die rot-grüne Stadtregierung ist am Dienstag im Rathaus mit knappen Mehrheiten angelobt worden. Michael Häupl (SPÖ) wurde mit 52 Stimmen zum Bürgermeister gewählt, Rot-Grün hätte jedoch 54. Die Ergebnisse der Stadträte waren ähnlich mager.

52 von 100 Stimmen erhielt Häupl bei der geheimen Bürgermeisterwahl in der konstituierenden Gemeinderatssitzung am Dienstag. Das bedeutet, dass er nicht einmal von allen der 54 roten bzw. grünen Mandatare die Zustimmung erhielt. 2010 konnte er noch 65 Abgeordnete von sich überzeugen - also auch fünf von Nichtregierungsfraktionen.

„Das ist mir ehrlich gesagt völlig egal“, kommentierte Häupl das Ergebnis. Er plane jedenfalls, am heutigen Tag noch zu feiern: „Ich werde mich schon mit den Freunden zusammen setzen und ein bisschen trinken. Aber gemäßigt, denn morgen müssen wieder alle arbeiten.“

Bestes Ergebnis für Michael Ludwig

Bei den SPÖ-Stadträten erzielte Michael Ludwig das beste Ergebnis mit 81 Stimmen. Mit Ausnahme von Andreas Mailath-Pokorny, der 60 Stimmen erhielt, schaffte der Rest jeweils nur knapp die Mehrheit. Ludwig gilt schon länger als einziger Spitzenpolitiker innerhalb der Wiener SPÖ, der auch aus Sicht der Blauen als konsensual gilt.

Maria Vassilakou (Grüne) wurde mit 51 Stimmen (von 99 abgegebenen) zur Vizebürgermeisterin gewählt. Das ist insofern eine deutliche Wahl, da sie nicht die Mehrheit des gesamten Plenums benötigte, sondern nur die der vorschlagsberechtigten Fraktion - in dem Fall die SPÖ mit 44 Mandataren. Die FPÖ wählte Johann Gudenus zum Vizebürgermeister. Er kam auf 40 Unterstützer bei 99 abgegebenen Kuverts.

Ausflug in die Hofburg am Vormittag

Die erste Sitzung nach der Wien-Wahl am 11. Oktober begann am Dienstag um 9.00 Uhr mit einer Schweigeminute: Das neu zusammengesetzte Wiener Stadtparlament gedachte der Terroropfer von Paris. Häupl versicherte dabei, dass man sich durch Anschläge wie jene in Frankreich die Freiheit und die demokratischen Grundrechte nicht nehmen lasse: „Wir fürchten uns nicht.“ Anschließend wurden die 100 Abgeordneten angelobt.

Häupl bei Fischer

APA/Hans Klaus Techt

Zum sechsten Mal wurde Michael Häupl als Landeshauptmann vereidigt

Unterbrochen wurde die Gemeinderatssitzung dann am Vormittag, weil Häupl einen kurzen Ausflug in die Hofburg machte, wo er von Bundespräsident Heinz Fischer als Landeshauptmann angelobt wurde. Mit dabei waren Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und sein Vize Reinhold Mitterlehner (ÖVP).

Floraler Aufputz zum Auftakt

Angelobungen von Abgeordneten kommen hierzulande kaum ohne florale Zierde aus - was sich auch im Wiener Rathaus eindrucksvoll bestätigte. Sämtliche Mandatare erschienen blumengeschmückt: Die SPÖ mit roten Nelken, die Grünen mit Chrysanthemen, die FPÖ mit Kornblumen, die ÖVP mit weißen Rosen und NEOS mit Gerberas.

Neue Aufgaben für Stadträte

Nicht mehr im Regierungsteam ist nur der bisherige SPÖ-Bildungsstadtrat Christian Oxonitsch, da die SPÖ aufgrund des Wahlergebnisses nicht mehr sieben, sondern nur noch sechs Ressortchefs stellen kann. Oxonitsch wurde zurück in den SPÖ-Klub als Vorsitzender berufen.

Dadurch gibt es einige Verschiebungen in den verbleibenden von der SPÖ geführten Geschäftsgruppen. Frauen- und Integrationsstadträtin Sandra Frauenberger übernimmt zusätzlich die Bildung und die Wiener Bäder, Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny bekommt die Sportagenden und zusätzlich den Presse-und Informationsdienst der Stadt (PID), der wegen seines millionenschweren Werbebudgets immer wieder in der Kritik steht und dessen Etat nun angeblich gekürzt werden soll. Außerdem ist ihm ab sofort die Wahlbehörde unterstellt.

Sitzungssaal im Wiener Rathaus

ORF.at/Roland Winkler

Gemeinderatssaal im Rathaus

Umweltstadträtin Ulli Simas Zuständigkeitsbereich wird mit den Wiener Stadtwerken inklusive Wiener Linien aufgefettet. Diese waren bisher bei Finanzstadträtin Renate Brauner angesiedelt, die sich künftig auch um Internationales („Europäische Angelegenheiten“) kümmert. Das Jugendamt wanderte zu Gesundheits- und Sozialstadträtin Sonja Wehsely. Michael Ludwig bleibt Chef der Wohnpolitik und der städtischen Gemeindebauverwaltung Wiener Wohnen.

Häupl setzt auf tolerante Stadt

Vassilakou stellt weiterhin die einzige grüne Ressortchefin. Sie verantwortet erneut die Themenbereiche Verkehr, Klimaschutz, Stadt- und Energieplanung sowie Bürgerbeteiligung. Bestellt wurden am Dienstag zudem die fünf nicht amtsführenden Stadträte: Für die FPÖ üben Vizebürgermeister Johann Gudenus, Landesparteisekretär Anton Mahdalik, David Lasar und Eduard Schock diese Funktion aus, für die ÖVP hat Landesparteichef Gernot Blümel.

Nach sämtlichen Wahlgängen skizzierte Häupl schließlich in seiner Regierungserklärung die Eckpunkte des Regierungsübereinkommens. Dabei nahm er auch Bezug auf die Terroranschläge in Paris: „Wien ist eine offene, tolerante Stadt, in der niemand zurückgelassen wird“, so Häupl. Statt Zäune zu errichten müsse Europa gemeinsam mit anderen Weltmächten die Ursachen für Terror und Flucht bekämpfen. Hier müsse etwa Integrationsarbeit ansetzen - da viele junge Menschen, die einst mit ihren Eltern nach Europa kamen, noch nicht in ihren neuen Heimatländern angekommen seien.

Geschenke und Kritik von Opposition

Auch Vizebürgermeisterin Vassilakou ließ in ihrer Rede zunächst die Ereignisse von Paris bzw. Brüssel Revue passieren. „Die Versuche, unsere Städte zu spalten, uns gegeneinander auszuspielen, das Trennende vor das Gemeinsame zu stellen, werden nicht weniger“, befand sie. Zudem umriss sie auch ihre Pläne im Bereich Verkehr: Bis 2025 sollen 80 Prozent der Wege zu Fuß, mit dem Rad oder mit Öffis zurückgelegt werden.

Erhobene Finger, weiße Elefanten und ein Eiffelturm gab es von den Wiener Oppositionsparteien FPÖ, ÖVP und NEOS. Die kündigten in der konstituierenden Gemeinderatssitzung an, dass sie genau kontrollieren werden und brachten sogar Einstandsgeschenke mit - mehr dazu in Opposition: Geschenke und Kritik zum Einstand.

Budgetdebatte im Dezember

Nach Ende der Gemeinderatssitzung folgt direkt im Anschluss die konstituierende Landtagssitzung. Sie wird allerdings deutlich kürzer dauern. Dort wird etwa Harry Kopietz (SPÖ) erneut zum Landtagspräsidenten gewählt.

Die nächsten Sitzungen finden dann erst im kommenden Monat statt. Die Budgetdebatte bzw. der Beschluss des Voranschlags 2016 sind für den 10. und 11. Dezember anberaumt. Allerdings soll das Zahlenwerk noch in dieser Woche der Öffentlichkeit vorgestellt werden - voraussichtlich am Mittwoch.

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