AMS verteidigt getrennte Kompetenzchecks

Das AMS Wien hält Kompetenzchecks für Araber nach Frauen und Männern getrennt ab. AMS-Chefin Petra Draxl hat am Donnerstag dieses Vorgehen verteidigt. Kritik kommt von Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP).

Nach Geschlechtern getrennte Kurse beim Kompetenzcheck für Flüchtlinge seien im Sinne der Frauen, deren spezifischen Bedürfnissen man so am besten gerecht werden könne, sagte Draxl im Ö1-„Morgenjournal“. Dass die Weigerung von Teilnehmern, in eine gemischte Gruppe zu kommen, der Hintergrund sei, bestritt sie: „Das ist Unsinn.“ Es gebe auch viele funktionierende gemischte Kurse, etwa im Computerbereich. „Wir kennen keine einzige Beschwerde, dass eine Frau, die jetzt aus Syrien kommt, sagt, sie geht in keine gemischte Gruppe.“

Frauen unterrichten Männergruppen

Im Kompetenzcheck aber gehe es vor allem um die vorhandene Qualifikation, und hier hätten Frauen eben andere „berufliche Erfahrungen“: „Sie arbeiten nicht gut in einer Gruppe gemeinsam, wo der Mechaniker und der Elektroniker mit der Lehrerin und der Krankenschwester ist.“ Überdies würden auch Männergruppen von Frauen unterrichtet, betonte die AMS-Chefin - mehr dazu in Sprachkurse: Geschlechtertrennung beim AMS (oe1.ORF.at; 2.12.2015).

Kurz: „Falsch verstandene Toleranz“

VP-Integrationsminister Sebastian Kurz kritisiert das Vorgehen des AMS Wien. Die Achtung der Grundwerte müsse von Anfang an verlangt und der Nichtbesuch von Kursen sanktioniert werden. Prinzipiell seien die Kompetenzchecks „zutiefst sinnvoll und positiv“, schickte Kurz voraus. Aber es sei „wirklich absurd“, wenn die Kurse für Araber nach Geschlechtern getrennt, für Russen und andere aber gemeinsam durchgeführt werden - mehr dazu in Flüchtlinge: Kurz kritisiert getrennte AMS-Kurse (oe1.ORF.at; 3.12.2015).

Da gehe es um die Grundwerte und deren Vermittlung „von Anfang an“. Kurz sieht hier „keinen Platz für falsch verstandene Toleranz“. Wollen Araber gemischte Kurse nicht besuchen, dürfe man die Grundwerte nicht aufgeben, sondern müsse auf deren Einhaltung pochen - indem man die Mindestsicherung kürzt, weil die beim AMS gegebene Mitwirkungspflicht verletzt wurde.

Pilotversuch bis Weihnachten

Konkret geht es um den Kompetenzcheck im Arbeitsmarktservice Wien, der - vorerst bis Weihachten - im Pilotversuch getestet wird. Dabei werden die mitgebrachten Qualifikationen Asylberechtigter erhoben. Die Kurse werden in den Muttersprachen gehalten - jene in Russisch oder Französisch gemeinsam, jene in Arabisch und Farsi (das im Iran und Afghanistan gesprochen wird) aber nach Frauen und Männern getrennt. Das AMS Wien will damit die Schwelle für Schutzberechtigte aus dem arabischen Raum niedriger machen, viele Asylberechtigte von dort würden sonst nicht an den Kursen teilnehmen, berichtete das ORF-„Mittagsjournal“ am Mittwoch - mehr dazu in AMS checkt Flüchtlinge (wien.ORF.at; 8.9.2015).

Entgegenkommen für Sozialminister „zulässig“

Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) hält es zu Beginn der Eingliederungsprozesses für zulässig, den arabischen Flüchtlingen „einen kleinen Schritt entgegen“ zu kommen - wobei aber „umgekehrt vollkommen klar ist, dass vermittelt wird, bei uns ist das Leben anders“. Alle anderen Maßnahmen seien dann ohnehin gemischt-geschlechtlich.

Kurz hält es hingegen für nötig, „vom ersten Tag an“ die Einhaltung der Grundwerte einzufordern - man könne doch nicht sagen, dass diese „erst nach Wochen, Monaten oder nach einem Jahr gelten“ sollten. Das AMS dürfe nicht nur die Ziele Spracherwerb und Einstieg in den Arbeitsmarkt verfolgen, es müssten auch die Grundwerte vorgelebt und vermittelt werden.

Wer nicht von Anfang verlange, dass sie respektiert werden, „tut diesen Menschen nichts Gutes und auch unserer Gesellschaft nicht“. Jedem Menschen, der in Österreich ist und bleiben wolle, müsse klar sein, dass er „unsere Verfassung, unsere Gesetze und unsere Grundwerte einzuhalten hat“. Für die Gleichstellung von Frauen und Männern sei lange gekämpft worden, sie dürfe nicht in Frage gestellt werden - auch nicht zu Beginn der Integrationsmaßnahmen, meint der Integrationsminister.

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